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Landin will noch als Rhein-Neckar Löwe die Meisterschaft holen (RNZ)

Der Däne zählt zu den besten Torhütern der Welt, und doch wirkt er außerhalb des Handballfeldes nicht so wie auf dem Parkett.

Kronau. Samstagnachmittag (16.15 Uhr) steht das Gipfeltreffen in der Handball-Bundesliga auf dem Programm. In der ausverkauften SAP Arena in Mannheim treffen die Rhein-Neckar Löwen auf den THW Kiel. Der Tabellenführer gegen den Zweiten, der Vizemeister gegen den Titelträger. Wer gewinnt, entscheidet vermutlich die Leistung von Niklas Landin, Torhüter der Löwen. Der Däne wechselt kommenden Sommer nach Kiel und will vorher mit den Badenern deutscher Meister werden.

Landin ist zwei Meter groß, hat breite Schultern und wache Augen. Der Däne zählt zu den besten Torhütern der Welt, und doch wirkt er außerhalb des Handballfeldes nicht so wie auf dem Parkett. Als der 25-Jährige in einem Café in Kronau unweit der Trainingshalle der Rhein-Neckar Löwen sitzt, könnte da auch ein Student der Volkswirtschaftslehre sitzen. Die Dominanz und die gezeigte Stärke, die Landin auf dem Feld ausstrahlt, gehen ihm im Privatleben ab. Trotz imposanter Statur ist er ein ruhiger, fast schon schüchterner Zeitgenosse. Das ist angenehm und man bekommt schnell das Gefühl, dass Landin einer wäre, mit dem man eine dreiwöchige Rucksack-Tour durch die Rocky Mountains machen könnte, ohne in Streit oder Zwietracht zu enden.

Eines ist allerdings auffällig, wenn man genau auf Landin achtet, denn er wendet seinem Gesprächspartner immer die rechte Gesichtshälfte zu, wenn er eine Unterhaltung führt. Das liegt aber nicht daran, dass er einen Makel in der linken Hälfte des Gesichts verspürt, die er verdecken möchte, sondern hat seinen Ursprung in der jüngsten Kindheit.

Im Alter von neun Monaten erkrankte Landin an Meningitis, der tückischen Hirnhautentzündung. Die ist, gerade bei Kleinkindern, lebensbedrohlich und führte auch bei Landins Eltern zu großen Sorgen. Das Leben geriet allerdings nicht in Gefahr, dafür zeigte sich wenig später aber eine nicht ungewöhnliche Nebenwirkung der Krankheit, denn das linke Ohr von Landin blieb fortan taub. „Ich habe mich dadurch nie ernsthaft beeinträchtigt gefühlt“, sagt er heute. Es ist dennoch eine interessante Randnotiz, dass der Mann, der ein Weltstar eines professionellen Sports ist, körperlich beeinträchtigt ist.

Die besten Keeper werden in großen Begegnungen gemacht, wenn sie mit ihrem Spiel eine Partie in eine andere Richtung lenken können. Samstag ist so eine Begegnung, denn mit einem Sieg könnten die Löwen dem THW auf vier Punkte enteilen, bei einer Niederlage wären die Klubs gleichauf. „Wir wollen den Sieg gegen Kiel“, sagt der Däne. Er weiß, dass die Augen während der 60 Minuten besonders auf ihn gerichtet sein werden.

Doch damit beschäftigt er sich nicht. Heute (19.30 Uhr) steht erst mal das Pokalspiel bei der TSB Heilbronn-Horkheim auf dem Programm. Landin hat in den zurückliegenden Monaten einen Entwicklungsschritt gemacht, weg vom Ausnahmekönner, hin zum Faktor. Er ist in den entscheidenden Phasen eines Spiels besonders stark und deshalb wächst die Angst der gegnerischen Angreifer. Und davon profitiert Landin wie andere Torhüter seiner Kategorie.

„Man muss nicht die meisten Bälle halten, sondern die wichtigen“, hat Thierry Omeyer einmal gesagt, als er der Torhüter war, vor dem jeder Handballer der Welt einen Heidenrespekt hatte. Mit den Kielern gewann der Franzose drei Mal die Champions League und Deutsche Meisterschaften in Serie. Doch Omeyer verließ den THW vor anderthalb Jahren, seither fehlt den Kielern der Ausnahmekönner zwischen den Pfosten. Die Löwen haben Landin.

Und der hat ein großes Ziel vor Augen, denn er will mit dem Meistertitel nach Kiel weiterziehen. Und er will am Samstag gegen die Erinnerungen an den 24. Mai ankämpfen, als er mit den Löwen im Fernduell um den Titel Kiel um mickrige zwei Tore unterlag. „Ich denke nicht ständig daran, aber wenn das Thema angesprochen wird, sind die Emotionen sofort wieder da“, blickt der Torwart zurück. Nie zuvor habe er sich so leer gefühlt, berichtet Landin und der beste Weg, mit diesem Gefühl leben zu können, ist, in dieser Saison das Versäumte nachzuholen. Ein Sieg gegen den THW Kiel am Samstag wäre ein erster und wichtiger Schritt dahin.

Von Michael Wilkening