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Lernwochen an der Atlantikküste

Mar del Plata/Argentinien. (dpa) Lernen, lernen, nochmals lernen: Christian Schwarzers (Foto: Imago) Handballer sollen bei der U19-WM nicht nur gewinnen, sondern Erfahrungen sammeln. Der Jugendkoordinator, einst auch für die Rhein-Neckar Löwen am Ball, macht sich Gedanken über den Nachwuchs – und büffelt dabei selbst für den A-Schein als Trainer.

Entspannt sitzt Christian Schwarzer im Café des Mannschaftshotels. Das Lokal trägt zwar den deutschen Namen „Marienplatz“, aber natürlich wird spanisch gesprochen. Kein Problem für den ehemaligen Kreisläufer, schließlich spielte Schwarzer zwischen 1999 und 2001 beim FC Barcelona – und so ist der Trip mit den U19-Handballern zur WM nach Argentinien auch eine Sprachreise. „Schöner Nebeneffekt“, sagt der Weltmeister von 2007, „man kann die Sprache wieder auffrischen.“

Allerdings ist „Blacky“ Schwarzer nicht an die argentinische Atlantikküste gereist, um seine Spanischkenntnisse aufzupolieren. Vielmehr geht es dem 41-Jährigen um Erfolge für sein Team. „Erfolg definiere ich aber nicht in erster Linie über Titel und Medaillen. Schließlich sind wir im Nachwuchsbereich. Da sollte das Sammeln von Erfahrungen an erster Stelle stehen. Mein Hauptziel ist es, die Jugendlichen weiter zu entwickeln, damit sie sich später im Männerbereich behaupten können“, sagt der Jugend-Koordinator des Deutschen Handballbundes (DHB), der nach wie vor auch als Co-Trainer des neuen Männer-Bundestrainers Martin Heuberger gehandelt wird.

Gut zwei Wochen nach dem WM-Titel für Heubergers Junioren geht es für das noch ungeschlagene Schwarzer-Team mit dem Viertelfinale am heutigen Mittwoch gegen Spanien zwar auch um Gold, Silber oder Bronze. Wichtiger aber sind dem früheren Nationalspieler andere Aspekte im Turnier. „Da lernt man,mit Stress umzugehen, sich richtig zu ernähren, zu regenerieren, genügend zu schlafen, um Tag für Tag gute Leistungen abliefern zu können. Und auf dem Platz lernt man neue Spielweisen kennen, die der Koreaner oder der Tunesier beispielsweise.“

Schwarzers Gedanken gehen aber über das Tagesgeschäft hinaus. Er denkt über neue Wege nach, um dem deutschen Nachwuchs auch in der Bundesliga größere Chancen zu geben. „Es wird viel über die Nicht-Durchsetzbarkeit einer Ausländerbeschränkung in der Bundesliga geredet. Aber warum sollte die Liga so eine Regel nicht wenigstens mal testen. Zwei U23-Spieler pro Team im Kader zu haben, wäre eine weitere Variante, die ausprobiert werden könnte“, meint der Trainer. Allerdings geht es neben hehren Zielen auch um einen Podestplatz bei der Jugend-WM. „Das Ziel haben sich die Jungs selbst gesteckt, ich habe das nur zur Kenntnis genommen“, so Schwarzer.

Unabhängig vom Ausgang der WM wartet auf den Trainer eine neue Bewährungsprobe. Denn seine Lizenz als A-Trainer konnte „Blacky“ noch nicht ablegen. Ihm fehlen wegen der Vorbereitung auf die WM und anderer beruflicher „Baustellen“ ein paar Ausbildungs-Pflichtstunden. „Kein Problem, das ist alles abgesprochen und wird im November im Rahmen der Bundestrainerfortbildung nachgeholt“, sagt Schwarzer. Und so könnte am Ende des Jahres in seiner Vita stehen: A-Jugend-Weltmeister mit A-Schein.