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Löwen am Limit – aber keine Pause in Sicht
Lübbecke. Gudmundur Gudmundsson bat freundlich um das Mikrofon. Der Trainer des Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen wollte noch etwas sagen, obwohl er seine Meinung zum Spiel schon längst kundgetan hatte. Doch als er die Verbal-Attacke seines Kollegen Patrik Liljestrand hörte, traute der Isländer seinen Ohren nicht. Oliver Roggisch wurde vom Trainer des TuS N-Lübbecke an den Pranger gestellt. „Das war Absicht“, schimpfte Liljestrand mit Blick auf eine Szene in der ersten Halbzeit, als Roggisch den Lübbecker Henrik Hansen hart attackiert hatte und eine Zwei-Minuten-Strafe kassierte.
Hansen verletzte sich in dieser Szene so schwer, dass er nicht mehr weiterspielen konnte. „Es war ein Zusammenprall. Hansen ist volle Pulle auf die Abwehr zugestürmt – und dann hat es gekracht. Man kann Roggisch aber keine Absicht unterstellen“, meinte Gudmundsson, während die Lübbecker im Ausscheiden ihres Spielmachers einen Grund für die 30:34-Niederlage sahen. Liljestrand ärgerte sich fürchterlich und legte noch einmal nach: „Ich habe schon im Vorfeld der Partie auf drei, vier Videoaufzeichnungen gesehen, dass Roggisch bewusst so in den Mann reingeht.“
Gudmundsson störten die Attacken des Kollegen, er ersparte sich aber weitere Ausführungen auf dem Podium und sprach erst später im kleinen Kreis von „fehlender Fairness“. Der Löwen-Trainer wollte sich nicht weiter aufreiben, sondern sich lieber über die zwei Punkte freuen. „Ich bin sehr zufrieden, weil wir ein sehr schweres Spiel gewonnen haben“, sagte der Isländer – ohne dabei jedoch den Auftritt vor dem Seitenwechsel zu vergessen: „Mit dieser Leistung bin ich nicht einverstanden. Meine Mannschaft war zu langsam im Angriff und in der Abwehr zu anfällig. Darüber musste ich mit meinen Spielern in der Pause ernsthaft reden.“
Reaktion in zweiter Halbzeit
Die Worte des Trainers zeigten Wirkung, mit 18:12 entscheiden die Löwen die zweiten 30 Minuten eindeutig für sich. „Da stand ein anderes Team auf dem Feld und ich spürte, dass wir dieses Spiel gewinnen werden“, sagte Gudmundsson, der mit einigen kleineren Personalproblemen zu kämpfen hatte. Ólafur Stefánsson (Pferdekuss) ist immer noch nicht hundertprozentig fit, Bjarte Myrhol plagen seit Tagen Schmerzen im Finger – er sollte in Lübbecke eigentlich nicht spielen. In der Schlussphase stand er aber dann doch auf der Platte. „Wir brauchten ihn“, meinte der Löwen-Trainer, der am Sonntag (18.45 Uhr/Rhein-Neckar-Halle Eppelheim) in der Champions League mit seiner Mannschaft auf Chambéry Savoie trifft. Schon zwei Tage später (20.15 Uhr) steht am Dienstag das Heimspiel in der Bundesliga gegen den DHC Rheinland an. „Jetzt spüren wir die Doppelbelastung: Es gibt keine einfachen Spiele mehr, weil wir uns jetzt auch mit dem Thema Müdigkeit und Verletzungen beschäftigen müssen“, sagte Gudmundsson.
Der Coach nimmt die Blessuren seiner Jungs allerdings gelassen hin und versucht, aus der Situation das Beste zu machen. Er bastelt eifrig an Alternativlösungen, klagende Worte sind dem Isländer absolut fremd – im Gegensatz zu seinem Kollegen Liljestrand.
Von Marc Stevermüer
08.10.2010