Löwen auf dem Prüfstand

Trainingsauftakt mit Leistungsdiagnostik bei 1899 Hoffenheim und erster gemeinsamer Einheit in Kronau

„Wie schnell war denn der Langsamste?“ Löwen-Routinier Mait Patrail bindet sich seine Laufschuhe, rückt die Lasche zurecht und blickt fragend zur Betreuerin an der Station „Laufband“. Im Reha-Zentrum von Fußball-Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim absolvieren die Spieler der Rhein-Neckar Löwen die sogenannte Leistungsdiagnostik. Sprich: Die Jungs um Mait Patrail werden einmal komplett durchgecheckt, vermessen, eingeordnet. Der Lauf-Test, das kann man vorwegnehmen, ist so ziemlich die am wenigsten beliebte Disziplin dabei – siehe (Under-)Statement Mait Patrail. Es gilt das Motto: Löwen auf dem Prüfstand.

Es dauert nicht lange, da läuft bei Herrn Patrail der Schweiß in Strömen. Blicke für den großen TV-Bildschirm, über den Live-Bilder von den Olympischen Spielen flimmern, hat der estnische Abwehr-Hüne kaum. Nebenan hat Löwen-Kollege Mikael Appelgren auf dem kleinen Smartphone-Bildschirm den Livestream vom olympischen Handball-Turnier eingeschaltet und schaut seinen Landsleuten dabei zu, wie sie sich am Ende recht knapp zum zweiten Turniersieg über Gastgeber Japan mühen. Nach seiner fast einjährigen Verletzungspause kam Olympia definitiv zu früh für Apfel. Hier bei der TSG 1899 wird man sehen, wie weit er ist auf seinem Weg zurück zur vollen Leistungsfähigkeit.

Im Vorgespräch werden die Jungs nach eventuellen Einschränkungen gefragt. Dann geht es direkt zur Sache. Den Leistungsdiagnostikern der TSG 1899 entgeht nichts von Relevanz für das Leistungsvermögen eines Profisportlers. „Zum Trainingsauftakt versuchen wir ein möglichst breites Bild zu den einzelnen Spielern zu bekommen. Dazu führen wir u.a. funktionelle Testungen (Kraft, Beweglichkeit), psychologisch-kognitive Analysen, Sprungkrafttests sowie einen Ausdauertest durch. Anhand der Ergebnisse wird ein Stärken-Schwächen-Profil ermittelt, was wiederum die Ableitung individueller Trainingsempfehlungen ermöglicht. Das Ziel ist es, die Spieler individuell auf ein hohes (adäquates) sportartspezifisches Leistungsniveau zum Saisonauftakt zu bringen“, sagt Dr. Sascha Härtel, Leiter Leistungsdiagnostik der TSG Akademie.

Löwen auf dem Prüfstand: „Haben in vielen Bereichen etwas angeschoben“

Für Florian Schulz, Athletiktrainer der Löwen, ist die Kooperation mit der benachbarten TSG so etwas wie ein Quantensprung: „Besser kann man sich das nicht wünschen, zumal wir in diesem Bereich bisher nicht annähernd so aufgestellt waren.“ Cheftrainer Klaus Gärtner sieht das genauso. Unter anderem sei der Schritt zur TSG auch eine Reaktion auf die vielen Verletzungen der Vorsaison. „Wir haben in vielen Bereichen etwas angeschoben, das uns dabei helfen soll, wieder erfolgreicher Handball zu spielen.“ Und Co-Trainer Sascha Zollinger ergänzt: „Man kann durch eine gute Diagnostik sicherlich einiges bewirken und das Verletzungsrisiko zumindest minimieren.“

Nach dem Montag im Zuzenhausener TSG-Zentrum steht das neue Trainergespann samt Mannschaft am Dienstag in Kronau in der Halle. Trainingsauftakt im kleinen Kreis. Eine Handvoll Journalisten sind gekommen, um neben dem neuen Co-Trainer Neuzugang Benjamin Helander kennenzulernen. Der junge Finne liefert bei den Pressevertretern genauso verlässlich ab wie beim Leistungstest tags zuvor, macht bei seinem Löwen-Einstand in jeder Hinsicht eine gute Figur. Außerdem am Mikrofon: Mikael Appelgren, der nach einer kompletten Saison „außer Dienst“ intensiv an seinem Comeback arbeitet. Die Frage nach der sportlichen Zielsetzung ist Chefsache. „Wir wollen primär auf uns schauen und uns darum kümmern, unser Grundniveau zu erhöhen. Wenn wir das schaffen, können wir uns mit den anderen Teams beschäftigen“, sagt Klaus Gärtner den Medienvertretern in der weitläufigen Trainingshalle.

Mitmischen im Kampf um Platz drei, dies sei mit Blick auf die Tabelle der Bundesliga das Ziel. Das alleine werde schon schwer genug. „Magdeburg und Melsungen haben noch einmal nachgerüstet, dazu kommen Berlin und Göppingen“, sagt Gärtner zur Konkurrenz-Situation und erinnert daran, dass man sich bei den Löwen immer noch mitten in einer Umbruchphase befände. Nicht zuletzt deshalb ist von den ersten beiden Plätzen keine Rede, wenn es um die Zielsetzung für die Saison 2021/22 geht. „Man darf nicht vergessen: Unsere zweite Reihe ist zwar sehr talentiert, aber auch extrem jung.“

Löwen auf dem Prüfstand: Vorbereitungs-Highlight Silvretta

Zum Abschluss gibt es noch einen Ausblick auf den Terminplan der kommenden Wochen. Neben den täglichen Trainingseinheiten wird es Testspiele am 6. August in Bietigheim, am 19. August in Hard sowie am 26. August in Göppingen geben – und einmal mehr das äußerst beliebte Trainingslager in Ischgl. Dies, da sind sich alle einige, wird das Highlight der Vorbereitung: drei Nächte im Sport- und Genusshotel Silvretta, samt ausgiebigem Trainings- und Teambuilding-Programm.

Das Silvretta hat dieses Jahr bis 17. Oktober geöffnet und macht es seinen Besuchern dadurch möglich, die bunten Herbstfarben, die entspannende Ruhe und eine Auszeit vom Alltag im Paznauntal zu erleben. Auf geführten Wander- oder Biketouren frische Bergluft atmen, mit Blick auf die umliegende Bergwelt: eine einmalige Gelegenheit, denn sonst schließt das Hotel bereits Mitte September. Die entsprechenden Pauschalen mit den Themen Genuss, Aktiv und Wellness finden Interessenten hier.