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Löwen backen bald kleinere Brötchen (MM)

Kronau. Meistens hat Thorsten Storm bei den Routine-Pressekonferenzen vor den Spielen der Rhein-Neckar Löwen nur kleines Gerät wie sein Smartphone oder ein Notizbuch dabei. Doch gestern wölbte sich die Mappe des Managers sichtlich – vor dem Bundesliga-Neustart der Löwen bei der HBW Balingen-Weilstetten (heute, 20.15 Uhr) gab es schließlich nicht weniger als den erwarteten Kurswechsel des Bundesligisten zur nächsten Saison zu verkünden. Und der wird deutliche Spuren hinterlassen.

„Wir werden uns ein Stück weit neu ausrichten. Weniger ist mehr“, versuchte Storm das neue Konzept griffig auf den Punkt zu bringen, das vor allem dem Rückzug des dänischen Aufsichtsratschefs und Hauptgeldgebers Jesper Nielsen geschuldet ist. Der ist inzwischen auch offiziell als Vorsitzender des Aufsichtsrats und Mitglied dieses Gremiums ausgeschieden, ob er seine langfristigen Verträge bis 2015 erfüllen will oder kann, ließ Storm offen. Doch um auch bei einer vollständigen Trennung von Nielsen weiter handlungsfähig zu bleiben, verordneten sich die Löwen-Gesellschafter ein straffes Sparprogramm in Millionenhöhe, das sich bereits in der nächsten Saison drastisch auf den Spielerkader auswirken wird.

Bielecki und Lijewski nach Kielce

So werden etwa Karol Bielecki (Vertrag bis 2015) und Krzysztof Lijewski (2014) die Löwen im Sommer verlassen und damit die Gehaltsliste entlasten. Das polnische Rückraum-Duo wechselt zum Champions-League-Teilnehmer KS Vive Kielce. Nach Henning Fritz, Michael Müller und Róbert Gunnarsson sind das schon die Abgänge vier und fünf – weitere Spieler dürften folgen.

So konnte Storm etwa mit Oliver Roggisch noch immer keine Einigung erzielen. Und dass die Badener mit Børge Lund, der mit Melsungen in Verbindung gebracht wird, nicht mehr zufrieden sind, ist ein offenes Geheimnis. „Wir werden mit weiteren Spielern sprechen“, deutete der Manager an, dass weitere hoch dotierte Kontrakte zur Disposition stehen. Luxus-Lösungen wie zwei Top-Leute auf einer Position soll es demnach nicht mehr geben. Insofern steht wohl auch Rechtsaußen Ivan Cupic zur Debatte.

Doch die Löwen wollen sich keinesfalls kaputtsparen, wie die jüngste Verpflichtung zeigt. Mit dem schwedischen Rechtshänder Kim Ekdahl Du Rietz (Nantes) holen die Badener im Sommer zunächst für ein Jahr einen der auffälligsten EM-Akteure nach Mannheim, der mit seinen 22 Jahren noch lange nicht am Ende der Entwicklung ist. Mit dem ebenfalls ins Badische wechselnden Torwart Niklas Landin (23) bildet der Schwede dann ein Duo, auf das sich auch Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer freut. „Das sind ohne Frage zwei junge Top-Spieler, die bereits international für Furore gesorgt haben“, konnte sich Gensheimer jüngst bei der EM von den Qualitäten der beiden überzeugen. „Wir müssen dann dafür sorgen, dass sie sich schnell bei uns zurechtfinden“, sieht der Linksaußen das übrige Löwen-Rudel in der Pflicht, das noch mindestens mit einem Linkshänder und einem Kreisläufer ergänzt werden muss. Für die Gunnarsson-Nachfolge ist sicher der Ex-Löwe und aktuelle Friesenheimer Alexander Becker ein Kandidat, dessen Vertrag bei den Eulen ausläuft.

Bei so viel Zukunftsmusik geriet die aktuelle Aufgabe heute Abend in Balingen fast schon etwas in den Hintergrund – und das, obwohl sich diese aufgrund der langen Verletztenliste sicher nicht einfacher gestaltet, als der künftige Umbruch.

„Dieses Spiel wäre so schon schwer genug gewesen“, hat Trainer Gudmundur Gudmundsson viel Respekt vor der HBW. Aufgrund der Personalnot wurde zuletzt sogar mit Gensheimer als Alternative auf der Spielmacher-Position geübt. „Wenn wir in Sachen Kampf und Einstellung auf Augenhöhe sind, müsste sich aber unsere spielerische Klasse durchsetzen“, setzt der „Handballer des Jahres“ auf einen Sieg nach der EM-Pause, die aufgrund der Belastung in Serbien aber alles andere als erholsam war. „Das ist nicht mehr akzeptabel“, sieht Gensheimer hier Handlungsbedarf.

Von Thorsten Hof

 08.02.2012