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Löwen beißen, reißen aber nichts (RNZ)
Champions League: 29:30-Niederlage in Veszprem – Zieht es Gensheimer zum THW Kiel?
Veszprem. Eine Reise ins Ungewisse war’s nicht. Denn die Bundesliga-Handballer der Rhein-Neckar Löwen wussten genau, was auf sie zu kam. Schwerstarbeit, 60 Handball-Minuten auf höchstem Topniveau. Nur so kann man in Veszprem bestehen. Die Ungarn können es nämlich auch, zählen in der Champions League zum elitären Kreis der Mannschaften, denen man den ganz großen Wurf, den Titel, zutraut.
Gestern untermauerten sie das. Mit einem 30:29 (17:14)-Heimsieg, mit großem Können und noch mehr Leidenschaft. Und die Löwen? Die waren natürlich enttäuscht, haderten aber nicht. „Es war ein Riesenfight von unseren Jungs gegen eine Mannschaft, die zu den großen Favoriten zählt“, bilanzierte Löwen- Manager Thorsten Storm, „mit solch einer Leistung verliert man nicht gegen viele Gegner auf der Welt und ein Punkt wäre verdient gewesen.“
Los ging es wie erwartet: Radau auf den Rängen, Nervenkitzel auf der Platte. Und die Hausherren legten vor, auf 4:0 (5.). Ein Katastrophen-Start der Gelben, den sie sich allerdings selbst eingebrockt hatten. Das Bällchen lief einfach nicht, landete immer wieder beim Gegner oder wurde von Mirko Alilovic, dem Hexer im ungarischen Kasten, entschärft. Zum Haareraufen war’s.
Nach neun Minuten, beim Stand von 2:7, hatte Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson dann erstmal genug gesehen. Der Isländer bat zur Auszeit. Mit hochrotem Kopf tat er das. Schimpfte wie ein Rohrspatz, schrie seinen Frust heraus. Emotionen, die Wirkung zeigten. Gedeon Guardiola und Co. kämpften sich heran, waren beim 6:7 wieder auf Augenhöhe.
Wenig später ging es aber wieder in die andere Richtung. Auch wegen Momir Ilic. Der Ex-Kieler, der vor ein paar Monaten noch mit einem Wechsel ins Löwengehege geliebäugelt hatte, traf wie er wollte. Knallhart und präzise aus dem Rückraum. Von ganz weit oben. Neun Mal insgesamt und sechs Mal bis zur Pause. In die gingen die Badener mit einem 14:17- Rückstand. Drei Tore, die man aufholen kann. Aber nicht so, nicht mit einer ähnlichen Vorstellung wie vor der Pause. Es galt die eigene Fehlerquote zu senken. Und das gelang. War vor dem Wechsel noch Veszprem am Drücker, zündete nun die Gudmi-Sieben den Turbo. Blitzschnell schwärmten sie aus. Vor allem die Außen stachen. Stefan Sigurmannsson, der Uwe Gensheimer auf der linken Flanke ablöste, und Patrick Groetzki, der trickreiche Dauerläufer auf dem rechten Flügel, brannten ein Feuerwerk ab. Groetzki besorgte den viel umjubelten 21:21-Ausgleich.
Doch irgendwie war es gestern nicht der Tag der Löwen. Kaum ausgeglichen, lagen sie auch schon wieder hinten. Storm tat dann auch das einzig Richtige. Er strich das Positive heraus: „Diese Niederlage ist kein Beinbruch und zeigt uns, dass wir mit diesen Teams mithalten können.“
Bei einer weiteren Meldung, die am Wochenende durch den Blätterwald rauschte, war es hingegen schwer einen positiven Ansatz zu finden: Der THW Kiel ist hinter Uwe Gensheimer, dem Gesicht der Löwen, her. Storm, der Nachdenkliche: „Uwe gehört einfach hierher. Er ist kein Zebra, er ist ein Löwe. Aber er überlegt, ob er noch einmal etwas anderes macht in seiner Karriere.“ Und weiter: „Uwe spielt uns gegenüber mit offenen Karten und sein Vertrag läuft nun mal aus. Ausnahmespieler sind umworben, das wird bei Niklas Landin in einem Jahr nicht anders sein.“
Dass der Ostsee-Riese Interesse an Gensheimer hat, versteht Storm hingegen nicht: „Mit Sigurdsson haben sie bereits einen Weltklassemann auf dieser Position. Ich denke, es geht eher darum, Vereine, die sich gut entwickelt haben, zu schwächen.“
Und wie geht es im Fall von Gensheimer nun weiter? „Uwe hat unser gutes Angebot vorliegen und wir können jetzt nur seine Entscheidung abwarten.“ Sagt Storm. Glücklich hört er sich dabei nicht an.
Veszprem: Ilic 9, Nagy 4, Vaquero Rodriguez 4, Pasarin Ru- esga 3, Sulic 3, Jamali 2, T. Ivancsik 2, Gulyas 1, G. Ivanc- sik 1, Garcia Ugalde 1
Rhein-Neckar Löwen: Gensheimer 6, Myrhol 5, Groetzki 4, Ekdahl du Rietz 4, Sigurmannsson 3, I. Guardiola 2, G. Guardiola 2, Schmid 2, Manojlovic 1
Zuschauer: 5000
von Daniel Hund