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Löwen-Blamage in Berlin (RNZ)

Berlin. Die Max-Schmeling-Halle ist kein Ort, an dem man als Handball-Mannschaft einfach mal so aufkreuzt, ein bisschen rennt, ein bisschen wirft und dann mit zwei Punkten die Heimreise antritt. Wer bei den Berliner Füchsen bestehen will, muss Handball arbeiten. 60 Minuten lang. In der Abwehr, im Angriff, überall. Die Rhein-Neckar Löwen wussten das, konnten ihr Wissen gestern Abend aber wieder mal nicht erfolgreich einbringen. 35:28 (17:12) für Berlin stand’s am Ende des tierischen Duells. Oder anders ausgedrückt: Das Rudel hat nun vier Zähler Rückstand auf die Füchse, hechelt seinem direkten Konkurrenten um den dritten Platz deutlich hinterher. Gut, ein Fernglas ist noch nicht nötig, eine kleine Vorentscheidung im Kampf um die Champions-League-Teilnahme könnte aber möglicherweise schon gefallen sein.

Thorsten Storm dachte noch nicht so weit voraus. Er hing gestern im Hier und Jetzt fest. Und das war schmerzhaft. Der Löwen-Manager: Ich bin total enttäuscht und ernüchtert. Wir haben nicht gezeigt, dass es in diesem Spiel um sehr viel geht.“ Und weiter: „Der Sieg geht für Berlin absolut in Ordnung. Denn sie waren uns auf jeder Position überlegen.“

Es war sofort eng im Fuchsbau. Nur selten fanden die Badener Lücken in der Berliner Abwehr-Mauer. Und wenn doch, dann war meist ein gewisser Silvio Heinevetter der Herr am Tatort. Deutschlands Nationaltorhüter beherrschte seinen Halbkreis, glänzte immer wieder mit atemberaubenden Reflexen. Im Ergebnis spiegelte sich das schnell wider: Nach sechs Minuten führten die Berliner bereits mit 5:1.

Ein Drama deutete sich an. Allerdings nur kurz. Andy Schmid und Krzysztof Lijewski sei Dank. Die beiden Rückraum-Riesen drehten aus der zweiten Reihe mächtig auf. Trafen und trafen. Beim 9:8 (18.) waren die Löwen dann wieder dran. Mehr noch: In Überzahl steuerte man dem Ausgleich entgegen. Doch es kam anders, ganz anders: Die Füchse machten aus ihrem Nachteil einen Vorteil, enteilten listig auf 12:8. Unglaublich, aber wahr.

Ein schwerer Schlag, von dem sich die Löwen jedoch nochmals erholten. Uwe Gensheimer und Co. kamen wieder ran, um dann erneut nachzulassen: Die Heim-Sieben ging mit einem komfortablen 17:12-Vorsprung in die Pause.

Eine Art Vorentscheidung – dachten viele. Und die irrten sich nicht. Der Hauptstadt-Klub zog die Zügel an, lag nach 39 Minuten erstmals mit sieben Toren in Front (22:15). Nun griff Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson zu seinem letzten Joker: Der Isländer brachte Tomas Svensson, seinen Co-Trainer, der gestern überraschend für Torhüter Henning Fritz auf dem Spielberichtsbogen aufgetaucht war. Genützt hat es nichts. Das badische Handball-Flaggschiff ging in der zweiten Halbzeit unter.

Klar ist: Nach dieser Leistung herrscht akuter Redebedarf. Vor allem die letzten zehn Minuten, in denen sich einige Löwen-Spieler mut- und lustlos ihrem Schicksal ergaben, geben zu denken.

Von Daniel Hund