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Löwen gegen Löwen

Spitzenreiter trifft auf den Bergischen HC

Dieses Gefühl kannten sie beim Bergischen HC schon gar nicht mehr. Länger als ein Jahr jubelte der BHC in der Handball-Bundesliga nicht mehr in fremder Halle, ehe am 6. März die eigentlich unglaubliche Negativserie riss. Im richtungsweisenden Auswärtsspiel beim TBV Lemgo feierte der Klub, der aus einer Fusion der SG Solingen und des LTV Wuppertal entstand, einen 28:26-Erfolg. Es war der erste Auswärtssieg seit dem 21. Februar 2015, damals jubelte der BHC in Minden.

„Wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht und uns für die sehr harte Arbeit der vergangenen Wochen belohnt“, zeigte sich Trainer Sebastian Hinze sicht- und spürbar erleichtert. Der im Abstiegskampf enorm unter Druck stehende Bergische HC setzte endlich das erhoffte Zeichen, nachdem die Mannschaft mit drei Niederlagen in das Jahr 2016 gestartet war. Kreisläufer Moritz Preuss meinte: „Ich bin froh, dass wir über 60 Minuten das gezeigt haben, was wir können. Dieser Sieg war in unserer Situation so unglaublich wichtig. Jetzt müssen wir diesen Schwung mitnehmen.“

In der Lipperlandhalle überraschte Hinze den TBV mit ständig wechselnden Abwehrsystemen, an der Defensive bissen sich auch schon die Rhein-Neckar Löwen im Hinspiel die Zähne aus. Beim 24:21-Erfolg in der Wuppertaler Uni-Halle taten sich die Badener einmal mehr sehr schwer mit einem leidenschaftlich kämpfenden und diszipliniert agierenden BHC. „Diese Mannschaft liegt uns einfach nicht“, sagt Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen und hat dabei ganz gewiss auch die Vergangenheit im Hinterkopf.

Der Auswärtssieg in Lemgo, er hat dem kommenden Löwen-Gegner einen Schub verliehen. Während die Badener am vergangenen Wochenende in der VELUX EHF Champions League in Zagreb gefordert waren, besiegte der BHC zu Hause die TSV Hannover-Burgdorf, und kommt nun mit 4:0 Punkten aus den letzten zwei Spielen am morgigen Mittwoch in die SAP Arena.

Die Statistik spricht klar für die Gastgeber, obwohl, in der Saison 2014/2015 verloren die Löwen sensationell mit 23:24 beim Abstiegskandidaten – es war aber nicht nur wegen des überraschenden Ausgangs eine denkwürdige Begegnung, sondern auch aufgrund des großen Durcheinanders an der Anzeigetafel. Mal stimmte das Ergebnis nicht, mal die Spielzeit. Zeitstrafen wurden entweder falsch oder gar nicht angezeigt. Allein deswegen verloren die Löwen aber natürlich nicht. Der BHC ist schlichtweg ein unangenehmer Gegner, der nach dem Wiederaufstieg 2013 zwei Mal souverän die Klasse hielt. 22 und 28 Punkte sammelte der Klub in den vergangenen beiden Spielzeiten, mit jeweils drei Zählern Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz sicherte sich der Klub den Ligaverbleib, der auch in dieser Runde angepeilt wird. „An den Zielen hat sich im Endeffekt nichts geändert, wir haben uns vielleicht die Ausgangssituation ein bisschen erschwert“, sagte Spielmacher Viktor Szilagyi nach einer schwierigen Hinrunde: „Wir haben zu viele Punkte liegenlassen.“ Schmerzhaft waren vor allem die Patzer gegen die direkten Konkurrenten: Gegen HBW Balingen-Weilstetten verlor der BHC sein Heimspiel, gegen Aufsteiger TVB Stuttgart sprang nur ein Zähler in zwei Begegnungen heraus.

Deutlich besser als in der Liga lief es für den Bergischen HC im DHB-Pokal. Der Klub qualifizierte sich zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte für das Final Four in Hamburg, der Weg in die Hansestadt war für die Mannschaft von Trainer Hinze allerdings auch nicht sonderlich schwer. Der TV Neuhausen, der TV Hüttenberg, die HSG Nordhorn-Lingen und GWD Minden wurden aus dem Weg geräumt – allesamt Dritt- und Zweitligisten. Im Halbfinale bekommt es der BHC nun mit dem SC Magdeburg zu tun. „Wir hatten kein Wunschlos, wir waren das Wunschlos“, scherzte BHC-Beirat Jörg Föste nach der Auslosung und lachte herzhaft: „Da brauchen wir uns überhaupt keinen Illusionen hingeben, wir sind der Außenseiter im Feld. Diese Rolle ist aber gar nicht so unangenehm für uns. Wir kommen nach Hamburg, um unseren besten Handball zu zeigen. Wir freuen uns auf das Spiel gegen Magdeburg und hoffen, den Zuschauern ein Spektakel liefern zu können.“

Im zweiten Halbfinale von Hamburg stehen sich wieder einmal die SG Flensburg-Handewitt und die Rhein-Neckar Löwen gegenüber. Sollten sich beide Vereine erwartungsgemäß für die Champions League qualifizieren und der BHC ins Pokal-Finale einziehen, wäre der Verein aus Wuppertal und Solingen sogar für den EHF-Pokal qualifiziert. „Das ist eine absolute Randnotiz für uns. Diese Konstellation ist jetzt so, wie sie ist. Aber es war nie unser erklärtes Saisonziel, in einen europäischen Wettbewerb einzuziehen. Insofern werden wir uns erst damit beschäftigen, wenn es wirklich soweit sein sollte – aber bestimmt noch nicht jetzt“, sagte Föste, der seit 2006 beim BHC die Strippen zieht. Der Unternehmer war Gründungsmitglied und Gesellschafter des Bergischen HC. 2010 wurde er Beiratsmitglied und im Januar 2013 Geschäftsführer, nun agiert er wieder als Beirat – doch sein Wort hat als Kaufmännischer Leiter nach wie vor Gewicht, zumal Föste große Visionen mit seinem Verein verfolgt.

Der Klub soll sich nicht nur sportlich in der Bundesliga etablieren, sondern auch das Umfeld soll wachsen. Sein Traum: eine neue Arena. Zurzeit spielt der BHC abwechselnd in der Wuppertaler Uni-Halle und der Solinger Klingenhalle. „Zu einer festen Größe werden wir nur mit einer entsprechenden Spielstätte“, ist sich Föste sicher, der mit dem BHC am 27. Dezember gegen den THW Kiel in die Kölner Lanxess-Arena umgezogen war. 13300 Zuschauer kamen gegen die Norddeutschen, der BHC unterlag 28:31. Ein achtbares Ergebnis, das wieder einmal unterstrich: Diese Mannschaft ist ein unangenehmer Gegner, gegen die auch die Löwen am morgigen Mittwoch erst einmal gewinnen müssen. Anwurf in der SAP Arena ist um 20:30 Uhr, Eintrittskarten gibt es noch an der Abendkasse sowie online im Ticketshop der SAP Arena