Veröffentlichung:

Löwen grüßen von ganz oben

Celje/Heidelberg. Die Vorrundengruppe A der EHF Champions League hat es in sich. Nicht nur Experten bezeichnen sie als Todesgruppe, als gigantische Stolperfalle. Und das kommt nicht von ungefähr. Klangvolle Namen tummeln sich dort. Namen, die für die hohe Handball-Kunst stehen: der FC Barcelona, der THW Kiel, RK Celje, Chambery Savoie und Vive Kielce flößen Respekt ein, verbreiten Angst und Schrecken. Abgerundet wird die Hammergruppe durch die Rhein-Neckar Löwen, die Nachzügler, die sich erst über den Umweg eines Qualifikationsturniers ihr Ticket für das Stelldichein der Besten gesichert haben. Am Samstag haben die Badener nun einmal mehr bewiesen, dass sie zurecht dabei sind.

Der Auswärtsgala in Barcelona ließen sie nämlich einen weiteren königlichen Auftritt folgen: Celje, der slowenische Champions-League-Sieger von 2004, wurde mit 32:28 (14:12) erlegt, phasenweise regelrecht vorgeführt. „Ein ganz dickes Ding“, jubelte Löwen-Manager Thorsten Storm, „hier zu gewinnen, bedeutet sehr viel für unser ganzes Team.“

Ein Spaziergang war’s definitiv nicht: Die Zlatorog-Halle in Celje entpuppte sich einmal mehr zum gefürchteten Hexenkessel. 5.200 Zuschauer entfachten einen Höllenlärm, schrien, sangen, klatschten sich die Finger wund. Mitunter fühlte man sich unweigerlich an so manchen südländischen Fußball-Tempel erinnert. Storm bringt es auf den Punkt, pustet ganz tief durch: „Hier wirst du schon beim Einlaufen gnadenlos ausgepfiffen. Und gerade, wenn es eng wird, verstehst du dein eigenes Wort nicht mehr.“

Das Ziel hinter dem Geräuschpegel ist klar: Die Gegner sollen eingeschüchtert werden, mit schlotternden Knien und allem, was dazugehört. Das klappt. Oft sogar. Aber eben nicht am Samstag, nicht mit den Löwen. Die befanden sich im Tunnel, auf der Überholspur. Vor allem einem schien die hitzige Atmosphäre Flügel zu verleihen: Uwe Gensheimer. Cool war er, der Friedrichsfelder, richtig kaltschnäuzig. Mit zwölf Treffern führte er seine ganz persönlichen „Gensel-Festspiele“ auf. Sehr zur Freude des Löwen-Fanclubs, der laut Storm einen richtig guten Job gemacht hat.

Genau wie Kasa Szmal, das Geburtstagskind: Der polnische „Hexer“ wurde in Celje 32 Jahre alt. Zu bezwingen war derWelthandballer von 2009 an seinem Wiegenfest nur ganz schwer. Szmal entschärfte 39 Prozent der Bälle, die aufs Tor kamen.

Was bleibt, ist die Frage, worauf der derzeitige Höhenflug der Löwen zurückzuführen ist? Liegt’s an Gudmundur Gudmundsson, dem neuen Trainer? Eine schwierige Frage. Storm beantwortet sie dennoch. Er kennt beide, weiß um ihre Vorzüge, hat ihnen schon häufig über die Schulter geschaut. Sein Fazit: „Ola und Gudmundur unterscheiden sich grundsätzlich. Gudmundur unterhält sich viel mit den Jungs, er ist sehr kommunikativ.“ Und sein Personal scheint ihn zu verstehen. Storm nickt: „Anscheinend spricht er die richtige Sprache. Denn die Ergebnisse sind beeindruckend.“

Und spiegeln sich in der Tabelle wieder. Die Löwen sind nach zwei Spieltagen Gruppenerster, grüßen von ganz oben. Klar, dass da die Brust breit ist. Übermütig wird aber keiner. Man hält den Ball bewusst flach: „In der Champions League kommen noch genügend schwere Aufgaben auf uns zu“, tritt Storm auf die Euphoriebremse. Stolz ist der Manager trotzdem. Er grinst: „Besser kann man in diese Hammergruppe doch nicht starten. Wir halten nun alle Trümpfe in den Händen.“

Am Sonntag um 18.45 Uhr soll der königliche Höhenflug fortgesetzt werden: Dann kreuzt Chambery in der Eppelheimer Rhein-Neckar-Halle auf. Ein weiterer Triumph soll es werden. Denn an der Spitze fühlen sie sich pudelwohl, die Löwen.

Von Daniel Hund

 04.10.2010