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Löwen nur noch Nielsens Nummer zwei?

Mannheim. Sie diskutierten. Schmiedeten Pläne. Formulierten Ziele. Auf Mallorca drehte sich alles um die Zukunft des Handball-Imperiums von Jesper Nielsen, dem Geldgeber des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen und des dänischen Spitzenvereins AG Kopenhagen. An der Elefantenrunde nahmen Löwen-Manager Thorsten Storm und sein Kopenhagener Kollege Søren Colding teil. Es ging darum, eine Strategie zu entwickeln, die Kooperation zwischen beiden Vereinen abzustimmen. Was wird aus dem badischen Bundesligisten? Was wird aus Kopenhagen? Und über allem stand irgendwie auch die Frage: Was will eigentlich Jesper Nielsen?

„Die Löwen sollen der weltbeste Klub und Kopenhagen das Aushängeschild des skandinavischen Handballs werden“, sagte der mächtige Mäzen 2008. Damals war er gerade bei den Badenern eingestiegen und unterstützte zudem seinen Heimatverein, der danach von der dritten in die erste Liga marschierte. Der ursprüngliche Plan sah vor, dass junge Spieler in Dänemark fit für die Gelbhemden gemacht werden sollten.

Mittlerweile ist Kopenhagen auf dem besten Weg, Meister zu werden. Und plötzlich werden neue Ziele für den Klub formuliert. Nielsen träumt von einem Champions-League-Finale zwischen seinen Vereinen. Jetzt soll also auch der dänische Klub zu einer großen Hausnummer werden und es ist keine Rede mehr von einem Ausbildungsverein für die Löwen.

So sagte Nielsen noch vor zwölf Monaten, dass Weltklassemann Mikkel Hansen für ein Jahr in Kopenhagen geparkt und in der Saison 2011/2012 bei den Gelbhemden spielen werde. Die Badener könnten den WM-Torschützenkönig gut gebrauchen, wenn das vorgegebene Ziel, der beste Klub der Welt zu werden, erreicht werden soll. Doch beim Geldgeber hat sich ein Sinneswandel vollzogen: „Mikkel Hansen werden wir in den nächsten Jahren nicht bei den Löwen sehen. Er ist auf dem besten Weg zu einer Sport-Ikone in Dänemark. Kommerziell bedeutet er sehr viel für AGK.“

Es drängt sich der Eindruck auf, dass Nielsen mit dem Herzen mehr an seinem Heimatklub als an den Löwen hängt. Haben sich seine Pläne und Prioritäten etwa geändert? „Ja“, gibt der 41-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung ehrlich zu. Auch Kopenhagen solle nun zu einem Topverein in Europa werden. „Die Einnahmen bei AGK sind so groß, dass wir dort einen sehr hohen Etat haben können. Es ist deshalb realistisch, dass sich Kopenhagen in der internationalen Spitze einmischt. In Dänemark gibt es sehr viele Talente. Das macht alles einfacher.“

Doch das sagt sich so leicht. Die Kooperation beider Klubs entwickelt sich in eine Richtung, die einmal anders angedacht war – und den Löwen nicht gefallen kann. Während Manager Storm das Thema nicht kommentieren will, schaut Nielsen gelassen in die Zukunft. Er findet es nicht unrealistisch, mit zwei Klubs um nationale und internationale Titel zu spielen. „Wir geben Vollgas“, meint der stets optimistische Däne, „die Kooperation soll sich entwickeln.“ Er nennt die Talentförderung, aber auch den Austausch von Spielern. Mit Blick auf die Personalie Hansen sorgt das aber für Verwirrung. Denn während AGK wohl auch locker ohne den WM-Star Meister werden würde, könnte er die Löwen extrem verstärken. „Die Bundesliga ist die beste Liga der Welt. Erfolge in Dänemark werden einem zwar auch nicht geschenkt, aber das Niveau ist nicht vergleichbar“, sagt Nielsen selbst.

Er ist der Hauptgesellschafter der Löwen, trägt die finanzielle Verantwortung und gleicht den Fehlbetrag in der jährlichen Bilanz aus. Kurzum: Der Däne gibt die Richtung vor, verpflichtete für die Badener mehr oder weniger im Alleingang Kreisläufer Róbert Gunnarsson und Mittelmann Andy Schmid. Zwei Profis mit Qualitäten in der Offensive, die aber in der Deckung ihre Schwächen haben. Über beide Transfers gab es deshalb intern kontroverse Diskussionen. Das letzte Wort hatte jedoch Nielsen, der Wert darauf legt, dass er zu 100 Prozent hinter den Gelbhemden steht.

Mehr Zeit dürfte der 41-Jährige in Zukunft auf jeden Fall für den Bundesligisten haben. „Ich höre als Geschäftsführer bei Pandora auf und werde Vorstandsvorsitzender. Dieser Wechsel ermöglicht es mir, mich intensiver um die Löwen zu kümmern“, meint der Däne: „Ich überlege, für längere Zeit nach Mannheim umzuziehen, damit ich dem Verein helfen kann.“ Geld genug für neue Transfers scheint zumindest vorhanden zu sein: Der Börsengang der Schmuckmarke „Pandora“ soll mehrere Millionen Euro in Nielsens Kasse gespült haben.

Von Marc Stevermüer

 14.02.2011