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Löwen unterliegen Montpellier mit 27:29

Zu viele technische Fehler in zweiter Halbzeit

Noch ist nicht alles verloren. Aber nach dem 27:29 (12:9) im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Montpellier AHB wird es für die Rhein-Neckar Löwen sehr schwer, das Final Four Ende Mai in Köln zu erreichen. Dazu benötigt das Team von Trainer Guðmundur Guðmundsson am kommenden Samstag in Frankreich einen Sieg mit drei Toren Differenz. „Wir haben 13 technische Fehler verursacht und in der zweiten Halbzeit 20 Gegentore kassiert, nachdem es in der ersten nur neun waren“, haderte Guðmundsson. „Der Unterschied ist viel zu groß.“

Der Isländer gab sich jedoch nach der Partie kämpferisch: „Wir werden sehen, was in Montpellier passiert.“ Als Ursache für den Leistungsabfall im zweiten Durchgang wollte der Trainer das Argument „mangelnde Konzentration“ nicht gelten lassen. „Nein, daran hat es mit Sicherheit nicht gelegen. Wir hatten vielleicht zu viele Anspiele am Kreis, die zu Ballverlusten und Tempogegenstößen führten.“ Die Löwen mussten erneut ohne Keeper Henning Fritz und ihren etatmäßigen Aufbauspieler Børge Lund (beide Rückenprobleme) auskommen, während beim französischen Meister die Kreisläufer Issam Tej und David Juřiček verletzungsbedingt fehlten. Für sie sprang Luka Karabatić in die Bresche. Der kleine Bruder von Weltstar Nikola traf im ersten Durchgang vier Mal und sorgte dafür, dass Montpellier zunächst ständig – wenn auch nur knapp – in Führung lag (6:8, 18.). Bei den Löwen war zu Beginn noch Sand im Getriebe, doch nachdem sich Grzegorz Tkaczyk und Nikola Karabatić gekabbelt hatten, wurden die Badener aggressiver. Bei jedem Ballkontakt wurde die Nummer 22 nun ausgepfiffen, die Stimmung in der SAP ARENA explosiver und die Löwendeckung immer stärker. Nikola Karabatić wollte nicht viel gelingen (0/5 Würfe in der ersten Halbzeit) und Keeper Sławomir Szmal wuchs nun über sich hinaus. Fast elf Minuten blieb die Sieben von Trainer Patrice Canayer ohne eigenen Treffer, Uwe Gensheimer gelang mit einem lässigen Lupfer die erste Führung (9:8, 24.). Die Rhein-Neckar Löwen nutzten die Torflaute Montpelliers zu einem 5:0-Zwischenspurt (11:8, 29.), den Szmal mit Glanzparaden gegen Vid Kavtičnik und Mickaël Guigou maßgeblich mitgestaltete. Der Pole hielt in Durchgang eins zehn Bälle, erst kurz vor der Pause löste William Accambray das Rätsel im Löwen-Gehäuse. Das 12:9 zur Pause fühlte sich gut an.

Auch im zweiten Abschnitt begann die Guðmundsson-Sieben stark, leistete sich dann aber ein paar schlampige Abspiele, die jeweils Kavtičnik bei zwei Gegenstößen in einfache Tore ummünzte (16:15, 38.). Der Ex-Kieler, der im rechten Rückraum und nicht wie zu Bundesliga-Zeiten gewohnt auf Rechtsaußen agierte, traf in dieser Phase vier Mal in Folge. Plötzlich hatte Montpellier wieder Oberwasser, glich aus und ging nach einem weiteren Ballverlust am Mittelkreis durch Guigou in Führung (19:20, 43.). Nach nur neun Toren in der gesamten ersten Hälfte hatten die Franzosen jetzt bereits elf in nur zwölfeinhalb Minuten erzielt – weder Szmal noch der eingewechselte Marcus Rominger bekamen einen Ball zu fassen, allerdings wurde es den Franzosen auch etwas zu einfach gemacht, während die Löwen sich jeden einzelnen Treffer hart erarbeiten mussten. Als Ivan Čupić beim einem Gegenangriff in Unterzahl die Chance zur Führung nicht nutzte, sondern über das Tor warf und Mladen Bojinović postwendend das 22:23 markierte, folgte ein Bruch im Spiel der Hausherren. Kavtičnik erhöhte auf 24:22, Róbert Gunnarsson scheiterte freistehend an Richard Stochl und Nikola Karabatić erzielte sein erstes Tor (22:25, 50.). Es drohte die erste Heimniederlage der laufenden Saison und beim Zwischenstand von 25:29 (57.) sogar schon frühzeitig der Traum vom Final Four zu platzen. Immerhin sorgte Gensheimer mit zwei weiteren Toren dafür, dass sich die Differenz am Ende in Grenzen hielt und die Löwen noch nicht alle Hoffnungen begraben müssen. Karol Bielecki vergab sogar in der Schlusssekunde etwas überhastet das mögliche „Minus eins“.

„Wenn wir in Montpellier unsere Chance wahren wollen, müssen wir eine Schippe drauflegen“, sagte Michael Müller. Der Löwen-Rückraumspieler brachte es auf vier Tore. Auch Uwe Gensheimer, der auf Linksaußen durchspielte, wirft die Flinte noch nicht ins Korn, erkannte aber an, dass „Montpellier die Klasse hat, auch mal gegen einen Dreierblock ein Tor zu werfen. Wir haben leider nicht die Leistung abgerufen, die uns in den jüngsten Partien ausgezeichnet hat, aber in Montpellier sind die Tore genauso groß“, sieht „Gensel“ die Auswärtsfahrt in das Languedoc nicht als Freizeitausflug. Nikola Karabatić erklärte schließlich: „Natürlich hätten wir dieses Endergebnis sofort unterschrieben. Aber wir wissen, dass in der Champions League alles passieren kann. Die Löwen haben in dieser Saison schon in Barcelona und in Zagreb gewonnen und ich kann mich noch gut erinnern, wie wir 2008 mit Kiel einen klaren Hinspielsieg im Finale bei Ciudad Real zu Hause noch aus der Hand gegeben haben. Alles ist möglich.“

Rhein-Neckar Löwen: Szmal (-41., 50.-), Rominger (41.-50.) – Stefánsson, Šešum (2), Tkaczyk (6) – Čupić (4), Gensheimer (7/1) – Gunnarsson (3) – Schmid, Roggisch, Bielecki (1), Müller (4), Myrhol, Sigurðsson (n.e.), Rigterink (n.e.), Groetzki.
Montpellier AHB: Stochl (-30., 40.-), Robin (31.-40.) – Kavtičnik (7), N. Karabatić (2), Accambray (6) – Joli, Guigou (3/1) – L. Karabatić (6) – di Panda (2), Markez (n.e.), Honrubia (n.e.), Desbonnet (n.e.), Grebille, Zens (n.e.), Bojinović (3/1), Hmam.
Strafminuten: Čupić (2), Roggisch (4), Šešum (2), Tkaczyk (2) – N. Karabatić (2), di Panda (2), Hmam (2).
Trainer: Guðmundur Guðmundsson – Patrice Canayer.
Zuschauer: 10.292.
Schiedsrichter: Nikolić (Serbien) / Stojković (Serbien).
Spielfilm: 2:2 (5.), 4:4 (10.), 6:6 (15.), 7:8 (20.), 10:8 (25.), 12:9 (Halbzeit) – 16:12 (35.), 18:17 (40.), 21:20 (45.), 22:25 (50.), 24:27 (55.), 27:29 (Endstand).
Zeitstrafen: 5 / 3.
Siebenmeter: 1/1 – 2/2.
Beste Spieler: Gensheimer, Tkaczyk – Kavtičnik, Accambray.