Veröffentlichung:

Löwen verzweifeln an Omeyer

Kiel. Ein letztes Mal zog Filip Jicha, Rückraumstar des THW Kiel, unwiderstehlich durch die Abwehr und traf zum Endstand, unter dem Jubel der über 10 250 Fans in der Sparkassen-Arena. Mit 30:27 (17:9)-Toren siegte der THW in der Vorrunde der Champions League gegen die Rhein Neckar-Löwen und untermauerte mit nun 9:1-Punkten vor den Löwen (7:3) die Tabellenführung.

Und dennoch: Die Profis des Titelverteidigers nahmen die zwei Punkte eher achselzuckend zur Kenntnis. „Das hat noch gar nichts zu bedeuten“, sagte Trainer Alfred Gislason, „wir haben noch die schweren Auswärtspartien in Mannheim und in Barcelona“. Aber natürlich waren sie, da ihnen die Niederlage in der Bundesliga in den Knochen steckte, auch erleichtert. „Wir haben das schon viel besser gemacht, aber wir haben immer noch viel Luft nach oben“, meinte THW-Kapitän Marcus Ahlm. Das Rückspiel in Mannheim folgt schon am Freitag.

Auf der anderen Seite ärgerten sich die Löwen über die beiden schwedischen Schiedsrichter Canbro/Claesson, die in der Tat eine schwachen Tag erwischt hatten. Löwen-Schlussmann Henning Fritz fühlte sich ungerecht behandelt und beschwerte sich nach Abpfiff lauthals bei den Schweden. Andererseits lobte Gäste-Coach Gudmundur Gudmundsson den Kampfgeist seines Teams in der zweiten Halbzeit. „Das war eine wahre Aufholjagd, da haben wir wirklich Charakter gezeigt.“

Auch ohne den Publikumsliebling Christian Zeitz überrannte der THW die Löwen in der ersten 30 Minuten förmlich: Nach zehn Minuten schloss Filip Jicha mit einem famosen Sprungwurf zum 7:2 einen fast perfekten Auftakt ab. Zeitz, der an einem Bänderriss laboriert, stand zwar auf dem Spielberichtsbogen, saß aber nicht auf der Bank – erneut musste der THW also mit dem großen Handicap klar kommen, sein Aufbauspiel ohne gelernten Halbrechten zu bestreiten.

Dennoch zeigte der THW zunächst Traumhandball. Die 6:0-Abwehr der Kieler, in deren Zentrum Jicha und Daniel Kubes den Löwen-Kreisläufer Bjarte Myrol im Griff hatten, ließen der Gäste-Offensive kaum Luft zum Atmen. Speziell Thierry Omeyer entwickelte sich für sie zum Alptraum: Zunächst stoppte der Torwart gegen Uwe Gensheimer einen Tempogegenstoß (2.), dann parierte er beim Stand von 5:2 (8.) einen Siebenmeter. Als dann auch Olafur Stefansson per Strafwurf an ihm scheiterte, war der Lauf der Dinge vorgezeichnet: Als Christian Sprenger in Überzahl einnetzte, lag der THW beim 13:6 (20.) erstmals mit sieben Toren in Front.

Als Löwen-Coach Gudmundsson dann Torhüter Slawomir Szmal durch Fritz ersetzte, und der Ex-Kieler sofort fünf Bälle entschärfte, verkürzten die Löwen auf 14:9 (26.). Doch die prompte Auszeit Gislasons gab der Partie die entscheidende Wende: Der THW agierte danach mit einem 4:2-System, als zwei Kreisläufern, und so bekamen die Rückraumspieler mehr Raum. Ein Doppelschlag von Jicha und Ahlm, die auf 16:9 erhöhten (28.), demoralisierte den Gegner scheinbar. „Es ist nicht ganz einfach, mit einem solchen Vorsprung in die Pause zu gehen“, sagte Gislason, aber sein Team distanzierte den Gegner zunächst problemlos: Als Jicha zum 20:11 (36.) traf, schien eine Vorentscheidung gefallen. Die Löwen witterten, da die Kieler viele technische Fehler produzierten, weiter ihre Chance. Gensheimer verkürzte auf 28:25 (55.), doch der THW geriet nicht mehr in Gefahr.

THW Kiel: Jicha 9/2, Ahlm 6, Fernandez 5, Ilic 4/1, Sprenger 3, Palmarsson 3.
Rhein-Neckar Löwen: Myrhol 7, Gensheimer 7/3, Groetzki 4, Lund 4, Stefansson 3, Tkaczyk, Bielecki je 1.

Von Erik Eggers

 22.11.2010