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Löwen zwischen Liga-Frust und EM-Lust

Mannheim. Der Jahreswechsel wurde nicht zur großen Feier. Der Stachel der Enttäuschung saß bei den Rhein-Neckar Löwen nach der peinlichen 26:31-Niederlage bei TuS N-Lübbecke tief. Von Vorfreude auf die Europameisterschaft keine Spur. „Dieses Spiel wird mich noch ein paar Tage beschäftigen. Wir waren brutal schlecht. Jeder muss sich seine Gedanken machen, was falsch gelaufen ist“, sagt Nationalspieler Michael Müller.

Auch bei Gudjon Valur Sigurdsson ist der Fokus noch nicht auf das Turnier in Österreich gerichtet. „Es fällt schwer, den Kopf nach solch einem Spiel freizubekommen“, meint der Linksaußen, für den das Desaster in Ostwestfalen noch immer präsent ist: „Wir haben Lübbecke aufgebaut und es wieder nicht geschafft, den Rhythmus des Gegners zu unterbrechen. Die konnten spielen, wie sie wollten – und wir haben sie nicht daran gehindert. So wird es natürlich schwer. Individuell sind wir viel besser, aber wir müssen eben auch in der Abwehr uns wehren.“ Eine gute Deckung und ein starker Torwart, so Sigurdsson, sei eben immer der Schlüssel zum Erfolg. Dies gelte auch für die isländische Nationalmannschaft, mit der er am 9. und 10. Januar noch zwei Länderspiele gegen die deutsche Auswahl absolviert.

Dann sieht „Goggi“ auch seine Löwen-Kollegen Uwe Gensheimer, Oliver Roggisch und Müller wieder. Die zwei Duelle gegen den Silbermedaillengewinner von den Olympischen Spielen 2008 und die Partie gegen Brasilien am 13. Januar in der Mannheimer SAP Arena sind die letzten Tests für die DHB-Auswahl vor der EM in Österreich. Vorrunden-Gegner der deutschen Auswahl sind Slowenien, Schweden und Polen.

„Wir müssen von Beginn an konzentriert zu Werke gehen. Es gibt keinen einzigen leichten Gegner in dieser Gruppe“, sagt Müller, der sich mit Prognosen über einen möglichen Turnierverlauf nicht beschäftigt. „Es wird schwer genug, überhaupt die Vorrunde zu überstehen. Sollte uns das gelingen, warten gleich die nächsten Hammer-Gegner.“ In der Tat: Schafft die Sieben von Bundestrainer Heiner Brand den Sprung in die nächste Runde, drohen Frankreich und Spanien als Kontrahenten. „Die Franzosen sind der absolute Top-Favorit auf den Titel“, sagt Müller: „Wir sind zwar auf einem guten Weg, aber Frankreich verkörpert das Maß aller Dinge und ist als Mannschaft mindestens einen Schritt weiter als wir.“

Die Vorrunde in Innsbruck wird zum großen Treffen des Löwen-Rudels. Im Aufgebot der Polen stehen Rückraum-Ballermann Karol Bielecki und Torwart Slawomir Szmal. „Alle vier Mannschaften bewegen sich ungefähr auf einem Niveau. Jedes Spiel wird eine ganz enge Kiste. Wer wie wir in Lübbecke spielt und nicht kämpft, wird schnell wieder nach Hause fahren“, hat auch Szmal den Auftritt der Badener in Ostwestfalen noch nicht vergessen.

Bereits gestern ist die schwedische Auswahl in die EM-Vorbereitung eingestiegen. Trainiert werden die Skandinavier von Löwen-Coach Ola Lindgren, der seine Gedanken nun erst einmal voll und ganz dem Nationalteam und nicht seinem Klub widmen muss. „Deutschland, Slowenien, Polen und wir – das ist mit Abstand die schwerste Gruppe“, stimmt auch Lindgren seinen Löwen-Spielern Müller und Szmal zu. „Es kann sein, dass wir in der Vorrunde ausscheiden“, gibt sich der Trainer bescheiden. Doch er schaut auch ein wenig voraus: „Wenn wir ganz weit kommen und eine Chance aufs Halbfinale haben wollen, müssen wir Gruppensieger werden und vier Punkte in die nächste Runde mitnehmen. Denn Frankreich werden wir in der Hauptrunde nicht schlagen.“

Doch auch im Handball besiegen immer mal wieder Außenseiter den großen Favoriten, wie Sigurdsson betont. „Wir haben mit den Löwen doch selbst erlebt, was alles passieren kann. Wir haben in Berlin und Lübbecke verloren, obwohl wir eine bessere Mannschaft haben“, sagt der Isländer, der mit seinem Team auf Serbien, Dänemark und Österreich trifft. Selbst die Gastgeber sieht Sigurdsson nicht als chancenlosen Außenseiter: „Die haben die Halle im Rücken und werden in jedem Spiel ganz bestimmt richtig brennen.“

Von Marc Stevermüer

 03.01.2010