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Mini-Kader mit großem Herz (MM)

Löwen beklagen mit Roggisch den nächsten Langzeitverletzten und können deshalb mit dem 20:20 in Magdeburg gut leben

MAGDEBURG. Als letzter Spieler der Rhein-Neckar Löwen kam Patrick Groetzki aus der Kabine. Nach dem 20:20 (11:11) mit den Rhein-Neckar Löwen beim SC Magdeburg machte sich der Rechtsaußen am Sonntagabend gemeinsam mit den Klubkollegen auf den Heimweg, ehe es gestern mit dem Zug zum Treffen der Nationalmannschaft in der Sportschule Kaiserau ging.

Die Busfahrt zurück ins Badische nahm der Linkshänder gerne in Kauf, eine direkte Anreise zur DHB-Auswahl kam für ihn nicht infrage – obwohl das mit weniger Reisestress verbunden gewesen wäre. „So habe ich wenigstens noch eine Nacht Zuhause“, sagte Groetzki, der in den zurückliegenden acht Wochen eine Chipkarte für ein Hotelzimmer fast genauso oft benutzte wie seinen Wohnungsschlüssel. 15 Partien bestritten die Löwen in 55 Tagen, neun Mal mussten die Badener auswärts ran. Keine Frage: Das geht an die Substanz. Physisch. Und psychisch.

„Eine schwierige Zeit“

„Hinter uns liegt eine sehr intensive und schwierige Zeit“, zog Trainer Gudmundur Gudmundsson eine kleine Bilanz. Seit der WM-Pause im Januar ist viel passiert. Die Löwen schieden aus dem Pokal aus, wurden Gruppensieger im EHF-Cup – und sind in der Bundesliga klar auf Kurs Richtung Champions League. Auch dank des Remis in Magdeburg, das unter den personellen Umständen als Erfolg gewertet werden durfte. Denn nach Uwe Gensheimer (Achillessehnenabriss), Kim Ekdahl du Rietz (Muskelbündelriss) und Marius Steinhauser (Kreuzbandriss) fällt nun auch Oliver Roggisch (Innenband-Anriss im linken Knie) aus.

Die Verletzung zog sich der Nationalspieler beim Sieg über Hannover zu, die Fahrt nach Magdeburg trat er trotzdem mit an. „Das war ein gefühlter Sieg“, meinte Roggisch nach dem Spiel. „Wenn man sieht, wer bei uns alles fehlt und welche Wechselmöglichkeiten wir haben, kann man dieses Unentschieden gar nicht hoch genug bewerten. Zumal uns die Konkurrenz ja auch noch in die Karten gespielt hat“, freute sich Groetzki, dass der HSV Hamburg und die Berliner Füchse am Wochenende Niederlagen kassierten und beide Rivalen im Kampf um die Champions-League-Plätze nun schon fünf Minuspunkte mehr auf dem Konto haben als die Löwen.

„Ich werde niemals vergessen, wie meine Mannschaft zuletzt die vielen Rückschläge hingenommen und das Beste aus der Situation gemacht hat. Ich bin stolz auf meine Jungs. Hier in Magdeburg haben wir mehr gekämpft als gespielt, aber wir waren clever und haben immer einen kühlen Kopf bewahrt“, freute sich Trainer Gudmundur Gudmundsson, der fast noch über zwei Punkte hätten jubeln dürfen. Doch der letzte Wurf von Andy Schmid knallte mit dem Schlusspfiff an den Außenpfosten – es war der siebte Aluminiumtreffer der Löwen in einer leidenschaftlichen Begegnung im Hexenkessel von Magdeburg.

Am 21. April treten die Gelbhemden erneut beim ostdeutschen Traditionsverein an, dann geht es im Viertelfinal-Hinspiel des EHF-Cups um den Einzug ins Final Four. „Der SCM spielt eine knallharte Abwehr. Darauf müssen wir uns einstellen. Aber wir wissen auch, dass Magdeburg große Probleme gegen unsere Deckung hat. Heute sind sie meistens über den Gegenstoß zum Erfolg gekommen, das müssen wir verhindern“, sagte Schmid, der mit den Löwen erst wieder am 17. April gegen den abstiegsbedrohten VfL Gummersbach gefordert ist.

„Wir freuen uns, dass wir jetzt ein bisschen Luft haben“, meinte Gudmundsson, der in zwei Wochen wieder mit Ekdahl du Rietz planen kann, aber wohl nicht mit Roggisch. Der Routinier geht von einer vier- bis sechswöchigen Pause aus, in Magdeburg vertrat ihn Gedeón Guardiola glänzend. Gudmundsson attestierte dem Spanier neben Schlussmann Goran Stojanovic eine „Weltklasse-Leistung“, die für Groetzki gar nicht überraschend kam: „Er ist der Abwehrchef der spanischen Weltmeister-Mannschaft. Um unsere Deckung mache ich mir deshalb keine Gedanken.“

Von Marc Stevermüer