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Mit Anlauf in den großen Hammer gelaufen (MM)

Rhein-Neckar Löwen sind beim 25:38 in Hamburg chancenlos und suchen nach Erklärungen für das Debakel

HAMBURG. Nikola Manojlovic versteckt sich unter einem Handtuch, Alexander Petersson vergräbt sein Gesicht in den Händen. Noch ist eine Viertelstunde zu spielen im Handball-Bundesliga-Gipfeltreffen zwischen dem HSV Hamburg und den Rhein-Neckar Löwen, doch schon zu diesem Zeitpunkt steht der Sieger fest. Es geht nur noch um die Höhe der Niederlage des badischen EHF-Pokalsiegers.

Das 25:38 (13:19)-Debakel spiegelt das Geschehen letztendlich angemessen wider, was Löwen-Regisseur Andy Schmid ärgert. „In zwei Monaten interessiert es wahrscheinlich keinen mehr, ob wir hier mit einem Treffer oder mit 13 Toren verlieren. Und klar ist auch: Hier gewinnen nicht viele Mannschaften. Aber es ist zumindest unser Anspruch, das Spiel offen zu gestalten“, sagt der Schweizer, dem auf die Schnelle keine Erklärung für den eklatanten Leistungsabfall nach dem Pokal-Coup wenige Tage zuvor in Kiel einfällt: „So schön das am Mittwoch war, so mies war es diesmal. Vor wenigen Tagen wurden wir auf Schultern getragen, jetzt haben wir wie Schulbuben gespielt. Wir sind in einen großen Hammer reingelaufen.“

„Kein gutes Gefühl“

Waren sich die Löwen zu sicher? Schmid wiegelt ab: „Nein, uns ist der Sieg in Kiel nicht zu Kopf gestiegen. Das ist eine elendige Diskussion. Wir wussten, dass wir den HSV nicht einfach so weghauen. Es soll keine billige Entschuldigung sein, aber wir müssen so einen schlechten Tag jetzt mal hinnehmen. Alle können sich sicher sein: Samstag, 15 Uhr, ganz Handball-Deutschland schaut zu – und wir werden aus der Halle gefegt. Das ist kein gutes Gefühl.“

Der Schweizer – so kennt man ihn, so schätzt man ihn – geht vor allem mit sich selbst hart ins Gericht: „Ich habe zu wenige Tore gemacht.“ Ein Treffer bei sieben Versuchen – dem ist nichts hinzuzufügen. Ohnehin verrät die Statistik viel über die Chancenlosigkeit der Löwen: Während HSV-Keeper Johannes Bitter 39 Prozent aller Würfe entschärft, kommt Löwen-Torwart Niklas Landin auf gerade einmal 25 Prozent. Sein Vertreter Goran Stojanovic wehrt sogar gar keinen Ball ab und kassiert während seines 13-Minuten-Einsatzes elf Treffer.

Keine Frage: So kann man beim Champions-League-Sieger nicht gewinnen – und deshalb herrscht unmittelbar nach dem Schlusspfiff in der Löwen-Kabine „Stille“, wie Kim Ekdahl du Rietz berichtet. Es ist nicht die Niederlage an sich, die ihn nervt, sondern das Ergebnis. „Ich hätte lieber in den letzten drei Minuten ein enges Spiel verloren als solch ein Debakel hinnehmen zu müssen“, sagt der sichtbar enttäuschte Schwede: „Jetzt dürfen wir uns nicht mehr viel erlauben. Andererseits macht keine Spitzenmannschaft einen richtig stabilen Eindruck.“

Trainer Gudmundur Gudmundsson spricht zwar weiterhin von einer Top-Fünf-Platzierung als Saisonziel, insgeheim dürften sich die Badener aber mehr ausrechnen. Die erneute Qualifikation für die Champions League sollte es schon sein – auch wenn das keiner offiziell sagen will. „Jetzt liegen wir erst einmal ein bisschen weiter zurück“, hat Manager Thorsten Storm kurz nach dem Schlusspfiff die Tabelle im Blick.

Schmerzlicher Ausrutscher

Was ist möglich in dieser Saison? Und was nicht? Der Geschäftsführer hält sich bedeckt: „Wenn man richtig weit vorne landen will und richtig gut ist, dann gewinnt man auch mal zwei wichtige Spiele hintereinander. Das sehe nicht nur ich so, sondern auch die Mannschaft.“ Nun steht am Ende des Nord-Trips ein Sieg in der Bilanz, was Schmid „vorher unterschrieben hätte“. Doch wer das erste Gipfeltreffen gewinnt, hätte wenige Tage später gerne nachgelegt. „Das war ein Schlüsselspiel“, sagt Storm und räumt ein, dass ihn diese deutliche Niederlage genauso nerve wie der Ausrutscher in Lübbecke vor einigen Wochen: „Das tut weh, weil wir es deutlich besser können.“

In der Tat machen die Löwen gegen den HSV 60 Minuten lang fast nichts richtig. Selbst kleine Möglichkeiten, das Spiel zu kippen, werden ausgelassen. So kassiert Hamburgs Abwehrchef Davor Dominikovic bereits in der ersten Halbzeit zwei Zeitstrafen.

„Dass der beim Schlusspfiff immer noch auf dem Feld steht, zeigt, dass wir überhaupt nicht da waren“, vermisst Storm in der Analyse die Cleverness seiner Jungs: „Niklas Landin hat in der Anfangsphase nichts gehalten, wir haben in Überzahl falsche Entscheidungen getroffen und dazu drei Siebenmeter verworfen. Uns ist also praktisch nichts gelungen.“

Von Marc Stevermüer