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Mit dem Rücken zur Wand (RNZ)

Heidelberg. Sieben Spiele, 9:5 Punkte, macht unter dem Strich Platz sieben: Die Rhein-Neckar Löwen taumeln momentan, sind ins Niemandsland der Handball- Bundesliga abgerutscht. Unbefriedigend, enttäuschend ist das. Und vor allem eines: richtig unnötig! Denn eigentlich passt vieles: Der Ball läuft, die Angriffe rollen, die Abwehr steht. Nur meist leider nicht über die volle Spielzeit. Beispiel Melsungen: Am Samstag waren es 45 Minuten Spitzenklasse und 15 Minuten tristes Mittelmaß, was die Gelben auf die Platte brachten. Zu erklären sind die Einbrüche nur schwer. Was sich im RNZ-Interview mit Löwen-Torhüter Henning Fritz zeigte.

> Henning Fritz, vor der Saison erhofften Sie sich für Ihre Mannschaft vor allem mehr Konstanz. Geklappt hat das bislang nicht. Woran liegt das?
Das ist schwer zu sagen, weil dafür mehrere Gründe verantwortlich sind. Klar ist, dass wir alle sehr enttäuscht sind. Denn drei unserer fünf Verlustpunkte waren unnötig. Gerade gegen Melsungen, gegen das wir zwischenzeitlich schon mit fünf Toren geführt hatten, mussten wir am Ende noch froh sein, überhaupt einen Punkt geholt zu haben. So etwas kann nicht sein. Da fehlt offenbar einfach etwas die Cleverness, um die Führung über die Zeit zu bringen. Andererseits hat Melsungen sich auch geschickt verkauft.

> Lemgo hätte die Löwen kürzlich auch fast noch abgefangen. Fehlt einigen Spielern vielleicht manchmal auch die letzte Konsequenz?
Problematisch ist, dass einige von uns teilweise völlig überhastet abschließen. Sie kommen rein, und wollen sich dann prompt in die Torschützenliste eintragen. Was irgendwo ja auch nachvollziehbar ist: Jeder möchte sich beweisen und entscheidet sich dann schon bei einer halben Chance für den Abschluss, anstatt den Ball nochmals weiterzuspielen.

> Kann der dünne Kader als Entschuldigung für den schlechten Saisonstart herangezogen werden?
Nein. Das wäre zu einfach. Im Rückraum sind wir doch trotzdem auf allen Positionen doppelt besetzt. Nur am Kreis und Rechtsaußen ist dies anders. Der Kader darf kein Argument sein. Die aktuelle Situation ist jedenfalls nicht leicht für uns. Wir müssen nun schauen, wie wir damit umgehen.

> Apropos umgehen – wie ist die Stimmung in der Mannschaft?
Es ist doch klar, dass bei uns im Moment nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Wir machen uns Gedanken über die Situation und sind auch gestern noch nicht wieder zur Tagesordnung übergegangen. Wobei es auch nichts bringt, wenn wir nun nur noch mit hängenden Köpfen herumlaufen. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Stimmung ist schlecht, aber wir schauen trotzdem optimistisch aufs nächste Spiel.

> Demnach blicken Sie auch der kommenden Aufgabe am Freitag in Magdeburg zuversichtlich entgegen….
Ich bin immer optimistisch, aber eben gleichzeitig auch ein Realist: Dort wird es für uns richtig schwer. Jedoch wissen wir, wozu wir in der Lage sein können. Wir müssen einfach von uns überzeugt sein. Nur so können wir unser Potenzial voll ausschöpfen.

> Der Druck ist groß und ein Sieg Pflicht…
Mit unseren Ambitionen haben wir in jedem Spiel Druck. Nun stehen wir aber schon ein wenig mit dem Rücken zur Wand. Wir müssen deshalb als Team noch enger zusammenrücken. Ich weiß, das sind alles die üblichen Durchhalteparolen, aber was bleibt uns anderes übrig? Fakt ist, dass wir in Magdeburg eine Trotzreaktion zeigen möchten. Und die hätte die Mannschaft auch verdient, denn wir trainieren alle sehr gut, bringen uns zurzeit nur leider selbst um den Lohn unserer Arbeit.

Von Daniel Hund