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„Mit so einem Lauf geht dann vieles einfacher“

Patrick Groetzki und die Rhein-Neckar Löwen – das passt. Der 23-jährige Rechtsaußen wurde schnell zum Publikumsliebling und bringt die SAP Arena regelmäßig zum Beben. Im Interview spricht er über die Saison, seine Mitspieler und den nächsten Gegner Magdeburg. Am Sonntag kreuzt der SCM in der Mannheimer SAP Arena auf. Spielbeginn ist um 15 Uhr, die Halle öffnet um 13.30 Uhr. Es sind noch Tickets an der Tageskasse erhältlich.

Patrick, wie oft musst Du Dich kneifen, um nicht aus einem schönen Traum zu erwachen, wenn Du auf die aktuelle Tabelle schaust?

PATRICK GROETZKI: Eigentlich gar nicht so oft, weil ich relativ selten hinschaue. Natürlich macht das Spaß, uns da oben zu sehen, und das hebt die Stimmung. Aber man muss das auch relativieren. Bis auf Flensburg hatten wir jetzt noch keine Gegner, die einen Anspruch auf die Spitzenplätze formuliert haben. Deshalb sollten wir uns nicht über die Maßen damit beschäftigen.

Sind die Löwen dort oben aber nicht vielleicht doch mehr als nur eine Momentaufnahme? Schließlich ist fast schon ein Viertel der Saison gespielt?

GROETZKI: Ich würde das nicht an der Tabelle festmachen. Aber die Art und Weise, wie wir auftreten, ist sicher der Anfang einer Entwicklung. Selbst wenn wir in manchen Spielen nicht geglänzt haben – Kampf und Leidenschaft waren stets da und dann hat immer jemand noch etwas Besonderes gemacht.

Mit Blick auf den Spielplan standen aber auch schon ein paar Stolperfallen im Weg, angesichts derer die Fans im Vorjahr nasse Handflächen bekommen hätten. Woher kommt die neue Beständigkeit?

GROETZKI: Ganz entscheidend war unser Start in die neue Saison. In Göppingen und Melsungen gewinnt keine Mannschaft im Vorbeigehen. Das hat uns viel Selbstvertrauen gegeben und im Handball ist dieses Selbstvertrauen eines jeden Einzelnen vielleicht noch wichtiger als zum Beispiel im Fußball. Und mit so einem Lauf geht dann vieles einfacher.

Auch die Spielfreude ist ein neues Merkmal der Löwen – oder täuscht dieser Eindruck?

GROETZKI: Nein, der täuscht keinesfalls. Wir haben auch im Training viel Freude an der Gemeinsamkeit. Und wenn uns das die Zuschauer dann auch im Spiel anmerken – umso besser.

Du hast mit Alexander Petersson und Isaias Guardiola im rechten Rückraum zwei ganz neue Nebenleute bekommen. Habt ihr euch schon aneinander gewöhnt oder dauert dieser Prozess noch an?

GROETZKI: Der kann nach acht Spielen und meiner Verletzungszeit natürlich noch nicht abgeschlossen sein. Aber mit Alex, der bisher die größeren Spielanteile im Rückraum hatte, war das beispielsweise von Beginn an ganz leicht. Ich weiß, dass ich meine Bälle bekomme und in der Abwehr ist er der beste Nebenmann, den man sich vorstellen kann, weil er kaum eine Eins-gegen-Eins-Situation verliert. Wenn man deshalb nicht ständig einrücken muss, hat man es als Außenspieler ebenfalls einfacher.

Überhaupt scheint die Abwehr das große Plus in diesem Jahr zu sein . . .

GROETZKI: Hier haben wir auf jeden Fall einen großen Schritt gemacht. Vor allem unsere ersten Halbzeiten sind sehr stark. Zuletzt haben wir in den ersten 30 Minuten immer nur um die zehn Gegentore bekommen. Darauf können wir aufbauen.

Liegt das nur an der individuellen Klasse, die eingekauft wurde?

GROETZKI: Wenn man auf Torwart Niklas Landin, Alexander Petersson und die Guardiola-Zwillinge schaut, könnte man das meinen. Aber wir haben auch ein klares System, das zu 100 Prozent erfüllt wird und bei dem jeder seine Aufgaben beherzigt. Das ist momentan der Schlüssel.

Du hast nicht nur neue Nebenleute im Rückraum, sondern auch auf Deiner Position mit Marius Steinhauser einen neuen Kollegen. Hast Du ihm zugetraut, dass er zu Beginn der Saison, als Du verletzungsbedingt noch zuschauen musstest, so souverän mit der Verantwortung zurechtkommt?

GROETZKI: Um ehrlich zu sein: Ja. Er hatte schon im Probetraining einen guten Eindruck gemacht und eine klasse Vorbereitung absolviert. Diesen Schritt aus der vierten Liga in die Bundesliga zu machen, nötigt jede Menge Respekt ab. Ich kann das ganz gut nachvollziehen, ich war sogar noch ein Jahr jünger, als ich vor fünf Jahren zu den Löwen kam. Das ist schließlich eine ganz andere Welt.

Wo sitzt Dir Marius eigentlich mehr im Nacken. Beim täglichen Training oder beim Fußball auf der Playstation sowie zuletzt auf der Busfahrt nach Hannover.

GROETZKI (lacht): Auf der Playstation hat er mich schon einmal geschlagen. Ich glaube, da muss ich echt aufpassen.

Du hast die beiden Länderspiele in der EM-Qualifikation gegen Montenegro und in Israel abgesagt und auf den Zustand Deines operierten Knies verwiesen. Müssen sich die Fans Sorgen machen?

GROETZKI: Nein, das ist eher eine Vorsichtsmaßnahme. Ich bin eben noch nicht bei 100 Prozent und das Knie reagiert noch immer auf zunehmende Belastungen. Dazu wäre die Reisebelastung gekommen und im Wettkampf mit der Nationalmannschaft kann man sich schließlich nicht zurücknehmen, bevor dann gleich wieder die Liga-Spiele anstehen.

Aber insgesamt geht es vorwärts?

GROETZKI: Auf jeden Fall. In Hannover habe ich zuletzt schon zweimal 20 Minuten gespielt und das Knie hat das alles gut mitgemacht. Ich bin auf dem richtigen Weg.

Das Länderspiel am 1. November in Mannheim absagen zu müssen, hat aber sicherlich besonders geschmerzt, oder?

GROETZKI: Natürlich. Für Deutschland zu spielen, ist immer ein besonderes Erlebnis und dann auch noch in der SAP Arena passen zu müssen, ist bitter.

 Der Bundestrainer rechnet aber weiter mit Dir, wie er immer wieder betont.

GROETZKI: Das ist ein sehr gutes Gefühl. Er war direkt nach meiner Operation und auch die Zeit danach immer in Kontakt mit mir. Das hat mir sehr geholfen und ich hoffe, bald wieder voll einsatzbereit zu sein.

Vor dem Länderspiel steht allerdings noch die Aufgabe der Löwen gegen den SC Magdeburg an. Wie schätzt Du den SCM dieses Jahr ein?

GROETZKI: Noch besser als im Vorjahr. Mit Stefan Kneer sind sie im Rückraum variabler geworden und haben mit Moritz Schäpsmeier eine gute Alternative für Jure Natek gefunden. Und die Magdeburger Abwehr ist immer unangenehm.

Magdeburg peilt Platz fünf an und ist damit ein direkter Konkurrent um die vorderen Ränge. Die Zielsetzung dürfte daher klar sein, oder?

GROETZKI: Vor allem zu Hause möchten wir natürlich am liebsten gar kein Spiel verlieren. Darauf muss sich auch Magdeburg einstellen.

Und am Montag müsst ihr euch mit dem Blick auf die Tabelle dann wieder kneifen?

GROETZKI: Nochmal und auf die Gefahr hin, dass es langweilig klingt: Die Saison ist einfach noch zu jung, um sich damit zu befassen – auch wenn wir nach der vergangenen Saison die Freude im Umfeld und bei den Fans natürlich nachvollziehen können.