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Müde Löwen in Kiel ohne Chance

Badener unterliegen beim THW mit 25:33

Die Rhein-Neckar Löwen haben am Mittwochabend mit 25:33 (9:17) beim THW Kiel den Kürzeren gezogen und weisen nun 13 Minuspunkte auf dem Konto aus. Die „Zebras“ dagegen wahren auch nach 21 Spieltagen ihre weiße Weste: 42:0-Zähler in der Toyota Handball-Bundesliga sprechen eine deutliche, eine souveräne Sprache.

Dabei ließen sich die Badener vor 10.250 Zuschauern in der ausverkauften Sparkassen-Arena früh den Schneid abkaufen, nach zehn torlosen Minuten im ersten Durchgang fraßen sich die „Zebras“ früh ein dickes Polster an – einen Vorsprung, den der THW in der Folge routiniert verwaltete. Gegen die sehr konzentrierten Kieler, die an der Ligaspitze einsam ihre Kreise ziehen, war an diesem Tag kein Kraut gewachsen.

„Um hier eine Chance zu haben, muss jeder Spieler eine herausragende Leistung zeigen, das war heute bei uns nicht der Fall“, konstatierte Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer, der sich nicht nur wegen seiner acht Treffer erneut die Bestnote bei den Badenern verdiente. Der Linksaußen erinnerte sich an Spiele in Kiel, da waren die Löwen im zweiten Abschnitt in der Lage, sechs bis sieben Tore aufzuholen. „Das haben wir heute nicht geschafft. Vielleicht war der Substanzverlust zu groß und der THW zu stark und zu souverän. Sie konnten schön durchwechseln und jeder Akteur, der von der Bank kam, hat nahtlos an die Leistung angeknüpft.“

Die letzte Heim-Niederlage der Zebras in der höchsten deutschen Spielklasse datiert vom 6. April 2011. Damals hatten die Löwen mit 33:31 die Nase vorn. Bei diesem Coup konnten die Badener allerdings personell aus dem Vollen schöpfen. Das war zuletzt nicht so. Seit Wochen hangelte sich verletzungsbedingt ein Rumpfkader von Spieltag zu Spieltag. Am Samstag kehrte dann Rechtsaußen Patrick Groetzki von der Lazarettliste zurück aufs Parkett. Nun tauchte auch Børge Lund (Leistenprobleme) wieder auf dem Spielberichtsbogen auf und wurde zur Alternative im Mittelblock. Während im Rückraum immer noch Žarko Šešum (Augenverletzung) schmerzlich vermisst wird und Krzysztof Lijewski (Knieprobleme) auf die Zähne beißt.

Bei der Reiseplanung mussten die Löwen Flexibilität beweisen: Wegen des Streiks am Frankfurter Flughafen steuerten die Badener bereits einen Tag früher die Ostsee an. Nach dem Training ging’s am Nachmittag los, gegen Mitternacht war das Ziel dann erreicht und der Bus spuckte ziemlich müde Löwen aus. Am nächsten Morgen war dann Stromausfall im Hotel, also gab’s Romantik pur beim Frühstück mit Kerzenlicht.

Am Abend war es dann alles andere als romantisch für die Löwen. Auf der Platte der Kieler Sparkassen-Arena wurde jeder Fehler eiskalt bestraft. Und die Badener machten schlichtweg viel zu viele. Allein im ersten Abschnitt fanden 14 Würfe nicht den Weg ins gegnerische Tor, driftete auch die Zahl der technischen Fehler in den roten Bereich. Aber der Reihe nach: Die Partie begann mit einem Viererpack von Filip Jícha, bis zum 4:2 (6.) tauchte nur der Tscheche in der Torschützenliste des THW auf, gegen ihn fand die Löwen-Defensive überhaupt keine Mittel. Überhaupt dauerte es zwölf Minuten, ehe Keeper Goran Stojanović die erste Hand an den Ball bekam. Allerdings waren die Badener zu diesem Zeitpunkt trotz einiger Aussetzer noch im Spiel, ihnen gelang beim 7:6 (13.) der Anschlusstreffer.

Danach aber spielte Kiel seine ganze Stärke und Souveränität aus, traf sieben Mal in Folge und stand auch in der Abwehr vor einem gut disponierten Torwart Thierry Omeyer, der klar das Torwartspiel gewann, sehr kompakt. Dagegen wirkten die Löwen müde und nicht frisch genug. „Wir hatten in der ersten Halbzeit eine unglaublich hohe Fehlerquote. Wir hatten zwar gute Chancen, aber zu viel verworfen“, bilanzierte Löwentrainer Guðmundur Guðmundsson zum 17:9 nach 30 Minuten. Nach dem Wechsel waren die Löwen besser, „aber Kiel hat eben die ganze Zeit Gas gegeben“. Der Isländer erklärte weiter: „Wir haben eine schwierige Phase hinter uns mit verletzten Spielern und englischen Wochen. So hatten wir wenig Alternativen und die Spieler waren sehr müde.“ THW-Coach Alfreð Gíslason zeigte sich sehr zufrieden mit dem Auftritt seines Teams: „Besonders in der ersten Halbzeit war das eine sehr gute Leistung, da haben wir wirklich klasse in der Deckung gestanden.“

Löwen-Manager Thorsten Storm meinte: „Ich hatte schon vor dem Duell betont, dass wir heute eine überragende Vorstellung fast ohne Fehler brauchen, um hier überhaupt eine Chance zu haben. Das haben wir nicht geschafft. Ich hätte mir bei unseren Spielern nach unseren zurückliegenden viel versprechenden Auftritten etwas mehr Selbstvertrauen gewünscht. Wir haben erst mitgespielt, als die Partie entschieden war.“

Direkt nach der Partie bestiegen die Badener wieder ihren Bus und traten die lange Heimreise an – es gab viel Zeit zum Nachdenken. „Aber keine Frage. Dieses Spiel muss schnellstens aus den Köpfen. Natürlich brauchen wir jeden Punkt, aber die müssen wir nun gegen andere Gegner holen“, formulierte Gensheimer.

THW Kiel: Omeyer, Palicka (ab 52.) – Andersson (1), Narcisse (2), Jícha (10) – Sprenger (2), Klein (3) – Ahlm (3) – Kubeš, Ilić (6/3), Zeitz (2), Pálmarsson (1), Lundström (1), Reichmann (2).
Rhein-Neckar Löwen: Stojanović, Fritz (ab 16. bis 42.) – Müller (3), Schmid (3), Bielecki (3) – Čupić, Gensheimer (8/2) – Myrhol (1) – Roggisch, Lijewski (2), Groetzki (5), Ruß, Gunnarsson, Lund.
Strafminuten: Ahlm (2), Narcisse (2) – Roggisch (4), Lund (2), Müller (2), Gensheimer (2).
Trainer: Alfreð Gíslason – Guðmundur Guðmundsson.
Zuschauer: 10.250.
Zeitstrafen: 2 – 5.
Spielfilm: 4:2 (6.), 7:6 (13.), 14:6 (22.), 16:8 (27.), 17:9 (Hz.), 20:10 (35.), 23:15 (41.), 28:17 (47.), 31:21 (55.), 33:25 (Endstand).
Siebenmeter: 4/3 – 2/2.
THW Kiel: Ilić scheitert an der Latte.
Schiedsrichter: Lars Geipel/ Marcus Helbig (Steuden/Landsberg).
Beste Spieler: Jícha, Omeyer – Gensheimer.