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Nach hohem Tempo Gas rausgenommen (BNN)

Rhein-Neckar Löwen gewinnen locker gegen Flensburg, verpassen aber möglichen Kantersieg

Mannheim. Die Hosen wollte er sich doch nicht ausziehen lassen, das übernahm Ljubomir Vranjes dann lieber selbst. Sechs Minuten waren gespielt in der zweiten Halbzeit des Verfolgerduells in der Handball-Bundesliga, die Rhein-Neckar Löwen führten mit 17:9 gegen die SG Flensburg-Handewitt, als sich der auf dem Spielberichtsbogen mit der Rückennummer 40 notierte Trainer des bisherigen Tabellendritten seiner langen Hose entledigte. „Ich wollte die Spieler wachrütteln und ein bisschen Bewegung ins Angriffsspiel bringen“, begründete Vranjes sein Beinahe-Comeback. Der 41-Jährige sah dann doch von einer Rückkehr ab, weil seiner Mannschaft auch ohne ihn noch einige Tore gelangen. Am Ende gewannen die Löwen vor 12 142 Zuschauern in der Mannheimer SAP-Arena nur mit 23:20 (14:8).
Mit dem Resultat konnten beide Mannschaften gut leben. Vranjes war stolz darauf, dass seine Spieler bis zum Schluss um ein erträglicheres Ergebnis kämpften. Sein Kollege Nikolaj Jacobsen war zufrieden, dass die Löwen den Vorsprung auf Flensburg auf sechs Zähler vergrößerten. Spitzenreiter THW Kiel gewann am Sonntag bei der TSG Friesenheim mit 33:20 (13:11) und hat nun 44:6 Punkte. Die Löwen, die ein Spiel weniger machten, liegen zwei Zähler dahinter (42:6). Durch den 34:28 (12:13)-Sieg gegen Hannover zog Magdeburg an Flensburg vorbei und ist nun Dritter.
„Ich muss meiner Mannschaft ein riesen Lob aussprechen. Sie hat 45 Minuten lang überragend gespielt in der Abwehr. Mit den letzten 15 Minuten bin ich nicht zufrieden, da waren wir dann ein bisschen müde“, sagte Jacobsen. 19:12 lagen die Löwen eine Viertelstunde vor Schluss noch vorn, ehe sie nicht mehr konsequent genug verteidigten und mit vielen Fehlern den Gästen Ballbesitz und Tore ermöglichten. „Wir haben unbewusst das Gas rausgenommen“, sagte Stefan Kneer, der für den verletzten Abwehrchef Gedeon Guardiola im Zentrum der 5:1- beziehungsweise 3:2:1-Abwehr verteidigte.
Ausgerechnet die personell geschwächte Hintermannschaft der Löwen erwies sich als Prunkstück gegen den Champions-League-Sieger, der gar auf fünf Stammkräfte verzichten musste. Mit der offensiven Deckung kamen die Gäste, bei denen erneut Ko-Trainer Maik Machulla für Tomas Mogensen Regie führte, lange nicht zurecht und die Löwen dadurch immer wieder zu Gegenstößen und einfachen Toren.
Bis zum 2:2 in der achten Minute hielten die Norddeutschen mit, dann brachte ein 5:0-Lauf binnen fünf Minuten die Badener vorentscheidend in Front. „Wir haben in der ersten Halbzeit mit sehr viel Tempo nach vorne gespielt“, sagte Uwe Gensheimer. Der Kapitän war mit sechs Toren erfolgreichster Schütze der Löwen, scheiterte aber mit einigen freien Würfen und einem Siebenmeter ebenso wie Andy Schmid am überragenden Flensburger Torhüter Mattias Andersson.
Dagegen wies Edelreservist Harald Reinkind, der bis zur Einwechslung des wiedergenesenen Alexander Petersson (Foto: GES) nach 25 Minuten die Hälfte der Löwen-Tore zum 8:3-Zwischenstand (16.) markierte, eine optimale Ausbeute auf. „Harald kommt immer besser ins Spiel, ich bin mit ihm sehr zufrieden“, lobte Jacobsen den Scharfschützen. Andy Schmid sagte: „Er hat einen begnadeten Wurf und durch die viele Spielzeit jetzt noch mehr Selbstvertrauen. Das hilft uns gegen Kiel.“ Am Mittwoch (19 Uhr) empfangen die Löwen im Viertelfinale des DHB-Pokals den deutschen Meister. „Das ist ein anderes Kaliber als Flensburg“, meinte Jacobsen.
RN Löwen: Gensheimer 6/2, Ekdahl du Rietz 4, Reinkind 4, Groetzki 3, Petersson 2, Schmid 2, Larsen 1, Myrhol 1.

Flensburg-Handewitt: Radivojevic 7, Elahmar 3, Machulla 3, Eggert 2/2, Nenadic 2, Macke 1, Wanne 1, Zachariassen 1.

Von Reinhard Sogl