Veröffentlichung:

„Nach vorne schauen“

Torwart Goran Stojanovic im Interview

Die Rhein-Neckar Löwen treffen im nächsten Heimspiel auf den Neuling TV Emsdetten. Anwurf ist am Samstag um 19 Uhr in der Mannheimer SAP Arena, die Halle öffnet um 18 Uhr. Es gibt noch Tickets an der Abendkasse. Vor der Partie gegen den Aufsteiger stand Keeper Goran Stojanovic Rede und Antwort.

Goran, genau vor einer Woche mussten die Löwen die erste Saisonniederlage in der Bundesliga hinnehmen. Wie hast du das 22:23 in Nettelstedt-Lübbecke erlebt?

Goran Stojanovic: Ich war wegen meiner Knieverletzung nicht mit dabei und habe das Spiel nur am Live-Ticker verfolgt. Das war ganz schön spannend und leider hatte Nettelstedt das bessere Ende für sich, obwohl wir nur 23 Tore bekommen haben. Aber 22 Treffer im Angriff sind wohl zu wenig, um ein Bundesliga-Spiel zu gewinnen. 

Wie würdest du den bisherigen Saisonverlauf einschätzen?

Stojanovic: Vor allem in der Liga konnten wir bisher sehr zufrieden sein und sind auch durch die vielen schweren Auswärtsspiele in Göppingen, Magdeburg, Hannover und Berlin ohne Niederlagen durchgekommen. Dass es uns jetzt in Nettelstedt erwischt hat, ist schade, aber das müssen wir jetzt abhaken und wieder nach vorne schauen. Wir sind als Dritter immer noch ganz oben dabei.

In Berlin und in Magdeburg standen die Löwen ebenfalls schon knapp vor der ersten Niederlage. War das das Glück des Tüchtigen?

Stojanovic: Das kann man bestimmt so sagen, man muss sich schließlich erst einmal in die Ausgangsposition bringen, um in der letzten Sekunde treffen zu können. Aber letztlich fragt sowieso bald niemand mehr, wie wir diese Punkte geholt haben. Wichtig ist, dass sie bei uns auf dem Konto stehen. Und Kiel hat beispielsweise in Magdeburg verloren, das waren also alles keine Spaziergänge.

Ihr liegt jetzt drei Punkte hinter dem THW Kiel, Anfang November könnte dann das Gipfeltreffen beim THW steigen. Ist das schon ein Thema?

Stojanovic: Vielleicht im Umfeld, bei den Sponsoren oder der Presse, aber in der Mannschaft auf keinen Fall. Wir haben in Nettelstedt gesehen, was zwischendurch alles passieren kann. Deshalb machen wir einen Schritt nach dem anderen und heute geht es gegen den TV Emsdetten.

Sagt dir der nächste Gegner Emsdetten etwas? Der TVE ist ein völliger Neuling in der Bundesliga.

Stojanovic: Wir kennen diese Mannschaft nicht, aber in der Bundesliga musst du immer auch mit den Aufsteigern rechnen. Da reicht schon ein Blick auf den Bergischen HC, der in dieser Saison zu den Überraschungsmannschaften gehört. Deshalb werden wir auch Emsdetten nicht unterschätzen. Und wenn es ihnen in bestimmten Bereichen eventuell an Qualität fehlen sollte, werden sie das auf andere Weise ausgleichen wollen. Das ist die Bundesliga, hier kann jeder jeden schlagen, wir haben in der Vergangenheit schon oft genug erlebt, was passiert, wenn man nicht zu hundert Prozent konzentriert ist.

Stojanovic: Darüber kann man spekulieren, aber bisher haben wir trotz der Reisen und der Doppelbelastung relativ konstant gespielt. Wir haben dabei den Vorteil, dass wir einen großen Kader haben und – wie etwa in der Champions-League-Partie gegen den HC St. Petersburg – die Einsätze gut über die Mannschaft verteilen konnten. Ich selbst fühle mich auch noch ganz frisch, wobei ich in dieser Saison bislang auch weniger Spielanteile habe.Ihr steht inzwischen mitten in der Doppelbelastung von Bundesliga und Champions League. Hat die erste Niederlage in der Liga auch etwas mit dem Kräfteverschleiß zu tun?

Hier scheinen sich die Gewichte etwas verschoben zu haben. In diesem Jahr hat sich eine klare Hierarchie herausgebildet, in der Niklas die Nummer eins zu sein scheint.

Stojanovic: Das stimmt, ich kann mit meinen Spielanteilen natürlich nicht zufrieden sein. Das ist eine neue Situation für mich, an die ich mich erst gewöhnen muss. Aber die Ergebnisse und auch die Leistungen von Niklas sprechen ihre eigene Sprache. Wenn es so läuft wie im Moment, gibt es wenig Argumente, um etwas zu verändern. Das trifft ja nicht nur mich und jeder muss sich in den Dienst der Mannschaft stellen.

Aber du wirst weiter um deine Spielanteile kämpfen?

Stojanovic: Natürlich, jeder Profi will auch auf dem Feld stehen. Sich nur über das Training anzubieten ist allerdings schwer, weil Training eben nicht mit Wettkampf zu vergleichen ist. Deshalb möchte ich aber dennoch jede Chance nutzen und der Mannschaft helfen, wenn ich im Tor stehe. Gegen St. Petersburg hat das zum Beispiel ganz gut geklappt.

Du hast dich inzwischen auch dazu entschieden, dem Handball-Verband von Katar zu helfen, der noch eine schlagkräftige Mannschaft für seine Heim-WM 2015 benötigt und nun mit dir im Tor plant. Wie ist der Kontakt zustande gekommen?

Stojanovic: Die Anfrage lief zuerst über meinen Berater und dann war ich zweimal vor Ort, um direkt zu verhandeln. Ich wollte einfach noch einmal etwas Neues ausprobieren und das Gesamtpaket hat mich überzeugt. Natürlich ist dieses Engagement auch lukrativ und als Profi in meinem Alter muss man an die Zukunft denken. Aber die ganze Sache hat auch seinen ganz bestimmten Reiz – selbst wenn meine Mitspieler jetzt immer flachsen, dass ich in die Wüste gehe.

Wie waren deine ersten Eindrücke, als du in Katar warst?

Stojanovic: Das ist schon etwas Besonderes. Überall ist Luxus pur. Aber das Klima ist bei über 40 Grad schon sehr extrem.

Kann man da überhaupt Handball spielen oder trainieren?

Stojanovic: Bislang mussten wir das nicht. Trainer Valero Rivera ist Spanier und kommt aus Barcelona. Deshalb wurde bislang auch immer in Barcelona trainiert. Das ist einfacher, als wenn der ganze Tross nach Katar fliegt.

Warst du auch schon bei diesen Trainingseinheiten dabei?

Stojanovic: Bis jetzt noch nicht, aber wenn hier in der letzten Oktober-Woche in Deutschland Liga-Pause wegen des Super-Cups ist, ist nochmals ein Trainingslager in Barcelona angesetzt. Das ist zwar nicht verpflichtend für mich, aber ich möchte natürlich meine Mitspieler kennenlernen und ich kann mich schließlich 2015 nicht einfach so ins Tor stellen, ohne die Abläufe zu kennen.

Musst du auch die Staatsbürgerschaft wechseln?

Stojanovic: Nein, nein. Ich behalte ganz normal meinen montenegrinischen Pass. Hier geht es nur um die Spielberechtigung für einen anderen Verband. Das geht, da ich seit Januar 2010 kein Pflichtspiel mehr für mein Land absolviert habe. Der Vertrag in Katar geht dann bis zum Sommer 2015.