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Nun ist Zagreb dran
Mannheim. Nach und nach kamen sie in die Katakomben, waren auf dem direkten Weg in Richtung Kabine. Glücklich sahen sie aus, die Rhein-Neckar Löwen. Die Mundwinkel zeigten nach oben, die Zähne blitzten, funkelten um die Wette. Die Löwen-Welt war in Ordnung am Dienstagabend, dem Abend, an dem man die Berliner Füchse mit einer 32:33-Pleite im Gepäck zurück in den Fuchsbau schickte. Der Letzte, der die Umkleide ansteuerte, war Uwe Gensheimer, der Publikumsliebling. Und nachdem der Friedrichsfelder die Tür geöffnet hatte, übernahm er sofort das Kommando: „So sieht’s aus, Männer!“, brüllte der Ober-Löwe in die Kabine. Die Antwort kam prompt, war aber undefinierbar, fiel mehrstimmig aus: Gelächter und wildes Gegröle schallten ihm entgegen.
Dann war sie wieder zu, die Tür. Minutenlang. Drinnen genoss man den Moment des Augenblicks. Für sich, alle zusammen. Klar, letztlich war es eigentlich nur ein Sieg. Und Sieg ist Sieg, egal gegen wen. Der Lohn ist immer gleich: Zwei Punkte, nicht mehr und nicht weniger. Doch manche schmecken süßer, machen nicht einfach nur satt. Eben so wie der Sieg gegen Berlin, gegen einen direkten Konkurrenten um den heiß begehrten dritten Platz, den Champions-League-Platz. Den haben die Gelbhemden nun erobert und wollen ihn möglichst nicht mehr hergeben. „Aber die Saison ist noch lang“, schmunzelt Gudmundur Gudmundsson, der Trainer. Er hält den Ball flach. Ganz bewusst. Das macht er immer. Der Isländer bleibt cool, einem Vulkan gleicht er nur am Spielfeldrand.
Unmittelbar nach dem Big Point saß er oben im Businessbereich. Alleine an einem Tisch für zwei. Vor ihm stand ein großer weißer Teller. Es gab Fisch und Lamm. „Gudmi“ aß langsam, genüsslich. Oder war er einfach nur abwesend? Gut möglich. Denn wer ihn besser kennt, der weiß: Gerade bei ihm ist nach dem Spiel immer vor dem Spiel. Ein Masterplan jagt den nächsten. Zagreb, momentan ist da nur Zagreb. Schon am Sonntag um 18 Uhr steigt dort das Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League. Gudmundsson sagt: „Da wartet ein ganz dicker Brocken auf uns.“
Thorsten Storm, der Chef hinter Bande, blickt auch voraus. Er freut sich auf den kroatischen Vorzeigeklub, warnt aber auch: „Gegen Berlin hatten wir unsere tollen Fans im Rücken. In Zagreb wird die Halle nun gegen uns sein – und das bei einem sehr gefährlichen Gegner.“ Schwingt da etwa Angst mit? Das täuscht. Respekt ja, aber Angst nein. Storm vertraut auf sein Personal. Der Auftritt gegen Berlin hat ihm imponiert: „Alle haben gekämpft bis zum Schluss. Trotz der vielen Gerüchte und der unnötigen Unruhe im Umfeld.“
Und was, wenn das Rudel in Zagreb wieder einen dieser gebrauchten Tage erwischt, den es häufiger mal erwischt? Gudmundsson schließt das aus: „Dafür, dass es zuletzt beispielweise gegen Rheinland nicht ganz so rund lief, gibt es Gründe. Zum Beispiel den, dass wir zu diesem Zeitpunkt sehr harte Trainingseinheiten absolviert hatten.“
Schuld war also die Müdigkeit, die Erschöpfung. In Zagreb wird das wohl nicht passieren. Man hat vorgesorgt: Gestern war trainingsfrei. Morgens und abends. Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Schließlich haben es die nächsten Wochen in sich. Gudmundsson stöhnt: „Zwei Mal Zagreb, Melsungen, Kiel, Flensburg. Wenn das kein Hammerprogramm ist!“
Von Daniel Hund
24.03.2011