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Ohne Biss und „auf dem Zahnfleisch“ (BNN)

Müde Löwen gegen Hamburger chancenlos

Mannheim. Wie von einem Fluch befreit, blickte Zarko Sesum zur Decke der mit 13 200 Zuschauern voll besetzten Mannheimer SAP-Arena und ballte gleich beide Fäuste: Endlich getroffen, endlich den Bann gebrochen. Es lief freilich bereits die 37. Spielminute und das erste und letzte Tor des serbischen Rückraumspielers zum 15:22 gehörte bereits zur Kategorie Ergebniskosmetik. Oder wie Rechtsaußen Patrick Groetzki nach der deutlichen 28:34 (13:17)-Niederlage der Rhein-Neckar Löwen im Topspiel der Handball-Bundesliga gegen den HSV Hamburg formulierte: „Am Ende ging es nur noch um Schadensbegrenzung.“

Das Gesicht zu wahren, ist dem abgelösten Tabellenführer gelungen, der einen zwischenzeitlichen Neun-Tore-Rückstand in der Schlussphase noch auf ein erträglicheres Maß reduzierte – mehr aber auch nicht an diesem von Löwen-Manager Thorsten Storm so bezeichneten „gebrauchten Tag“. Dass es gegen den Meister von 2011 nicht zum erhofften Punktgewinn reichte, lag diesmal weniger an der limitierten Durchschlagskraft der Offensive. Vielmehr erwies sich die Löwen-Hintermannschaft, die HSV-Trainer Martin Schwalb als „beste Defensive der Liga“ lobte, als Schwachpunkt. „Wir waren chancenlos, weil wir das Torhüterspiel verloren und in der Abwehr die Zweikämpfe nicht gewonnen haben“, analysierte Storm. Kapitän Bjarte Myrhol gab zu: „Wir haben die Aggressivität vermissen lassen.“

Dabei hatten die Nordbadener 19 Minuten lang gut mitgehalten. Beim Stand von 9:9 und HSV-Unterzahl nahm Schwalb dann eine Auszeit. Die Ansprache an seine Spieler muss eine Ruckrede gewesen sein, denn binnen fünf Minuten zogen sie auf 14:9 davon. „Die ersten 20 Minuten waren okay, dann war das Spiel gelaufen. Hamburg war danach klar besser und hat so gespielt wie in der Meistersaison. Wir haben derzeit einfach nicht die Kräfte, dass wir gegen eine so klasse Mannschaft sechs, sieben Tore Rückstand noch aufholen können“, sagte Mittelmann Andy Schmid, mit sechs Treffern neben dem siebenfachen Torschützen Stefan Sigurmansson erfolgreichster Werfer der Gastgeber. Für die Hamburger, die sich erfolgreich revanchierten für die 23:30-Niederlage im Hinspiel und den Rückstand auf die Löwen auf sieben Punkte verkürzten, traf Lindberg (8/3) am besten.

Die Strapazen der vergangenen drei Wochen zeigten Wirkung bei den verletzungsgeschwächten Löwen. „Hamburg hat es geschafft, unsere Abwehr auseinanderzuziehen. Einige Spieler waren müde“, erkannte Trainer Gudmundur Gudmundsson. Die einwöchige Pause bis zum Spiel um den Gruppensieg im EHF-Pokal am kommenden Sonntag (17 Uhr) zu Hause gegen Kolding kommt sehr gelegen. „Die Spieler brauchen Luft und müssen mal abschalten vom Handball“, sagte Gudmundsson.

Rechtsaußen Patrick Groetzki befand: „Einige unserer Spieler laufen auf dem Zahnfleisch. Aber der Blick auf die Tabelle tut uns immer noch gut.“ Auf die positive Wirkung der Statistik setzte auch Thorsten Storm: „Die Jungs haben bislang eine tolle Leistung gezeigt. Diese Niederlage wirft uns nicht um.“

Rhein-Neckar Löwen: Sigurmannsson (7), Schmid (6/3), Myrhol (5), Groetzki (4), Petersson (3), Guardiola, Villaplana (2), Sesum (1).

HSV Hamburg: Lindberg (8/3), Duvnjak (7), Vori (5), Kraus (4), Lijewski (4), Petersen (4), Lackovic (2).

Von Reinhard Sogl