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Partnerschaft auf wackligen Beinen

Heidelberg. Der Begriff Derby wird im Sport gerne herausgekramt. Er steigert die Brisanz, erhöht die Aufmerksamkeit. Aber ist die Bezeichnung Derby auch immer angebracht? Das liegt meist im Auge des Betrachters, erfordert manchmal auch ein gewisses Maß an Phantasie. Morgen ab 19 Uhr ist das anders: Wenn die Handballer der TSG Friesenheim die Rhein-Neckar Löwen in der Eberthalle empfangen, wenn die Eulen den Angriff des Bundesliga-Schwergewichts abwehren wollen, ist der Derbycharakter nicht wegzudiskutieren. Beide Vereine sind Nachbarn, leben Seite an Seite. Der eine links, der andere rechts vom Rhein.

Und letztlich kann es eigentlich nur einen geben. Einen, der gewinnt, der gewinnen muss: die Löwen. Sie sind besser besetzt, auf jeder Position – und das doppelt. Tiefstapeln wäre deshalb nicht angebracht, aber das versuchen die Gelbhemden auch erst gar nicht .Manager Thorsten Storm: „Wir sind der Favorit und wollen das auch zeigen und das Spiel gewinnen.“

Er wirkt energisch, als er das sagt. Selbstbewusst. Ein Spaziergang ist aber nicht zu erwarten. Denn wie heißt es doch so schön: Derbys haben ihre eigenen Gesetze. Das liegt auch an den Fans. Es wird hitziger zugehen als sonst, leidenschaftlicher. Das freundschaftliche Verhältnis zwischen Badenern und Pfälzern, zwischen den Zuschauern der beiden Partnervereine, ruht. Für 60 Minuten.

Stichwort Partnerschaft. Die läuft aktuell offenbar nicht ganz reibungslos. Vor allem mit dem Austragungsort des morgigen Nachbarschafts-Duells können sich gerade die Löwen nur schwer anfreunden. Der eigentliche Plan sah nämlich offenbar anders aus. Nach RNZ-Informationen war es zwischenzeitlich angedacht, dass sowohl das Hin- als auch das Rückspiel in der SAP Arena ausgetragen wird, um so mehr Handball Sympathisanten anlocken zu können. „Schade, das wäre eine richtig tolle Werbung für beide Klubs und den Handball in der gesamten Region gewesen. Dazu ist es aber leider nicht gekommen“, bedauert Storm.

Wobei die Partnerschaft schon seit dem Sommer auf wackligen Beinen steht. Seit die TSG im Oberhaus spielt, leidet sie an unüberwindbaren Hindernissen. Storm erklärt: „Unsere Nachwuchsspieler, die in Friesenheim reifen sollen, konnten wir so natürlich mit keinem Doppelspielrecht mehr ausstatten. Folglich ist es derzeit eine einseitige Partnerschaft. Aber das wussten wir vorher.“ Betroffen davon sind: Niklas Ruß, Maximilian Bender, Alexander Becker und Gabor Ancsin. Und warum wurde die Partnerschaft dann nicht vor der Saison beendet? „Weil wir Friesenheim nach dem Aufstieg nicht im Regen stehen lassen wollten“, verrät Storm, „aber falls sich die TSG in der ersten Liga hält, was ich vermute, werden wir wohl leider neu planen müssen.“

Ancsin, der wurfgewaltige Halbrechte, den viele als „kleinen Karol Bielecki“ bezeichnen, nimmt in diesem Zusammenhang übrigens eine Sonderrolle ein. Der Linkshänder ist der Einzige des Quartetts, der bei den Löwen einen langfristigen Vertrag besitzt. Storm: „Um ihm zu ausreichend Spielpraxis in der ersten Liga zu verhelfen, zahlen wir weiterhin 50 Prozent seines Gehaltes, was Friesenheim zugute kommt. Aber auch ihm, weil er mit Thomas König einen sehr guten Trainer hat.“ Die Entwicklung des Rückraum-Juwels verfolgt der Manager interessiert. Und was er sieht, gefällt ihm. Er sagt: „Falls sich Gabor weiter so entwickelt, wird er auch bald bei uns spielen, aber morgen spielt er erst einmal gegen uns.“ Bislang traf der 20-Jährige 41 Mal in 15 Bundesliga-Partien für Friesenheim. Gegen seinen eigentlichen Arbeitgeber könnten morgen noch ein paar Treffer hinzukommen…

Von Daniel Hund

 17.12.2010