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Petersson – der Alleskönner (MM)
Der Löwen-Star ist torgefährlich, abwehrstark – und er war schon „Sexiest man of Iceland“ / Samstag gegen Berlin
MANNHEIM. Schon die Statistik sagt viel über den Modellathleten Alexander Petersson aus. 55 Feldtore in elf Begegnungen, fünf Treffer im Schnitt. Eine starke Quote. Und doch drücken die Zahlen allein längst nicht seinen Wert für den Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen aus. Beim Auswärtssieg in Gummersbach sprintete er beispielsweise nach einem Ballverlust der Badener im Höchsttempo dem eigentlich enteilten Goran Sprem hinterher, holte den Kroaten ein und stoppte ihn. Der Halbrechte verhinderte mit diesem beherzten Einsatz ein Gegenstoßtor, verursachte nur einen Freiwurf für den VfL und gab seiner Mannschaft so die Gelegenheit zur Balleroberung. Szenen wie diese sind keine Seltenheit in dieser Saison. Kurzum: Der Isländer spielt zwar konstant stark im Angriff, bewahrt in kritischen Phasen einen kühlen Kopf, ergreift in Spitzenbegegnungen die Initiative – aber er ist auch ein unglaublich guter Abwehrspieler, der keinen Ball verloren gibt. Und gerade das macht ihn so wichtig für die Löwen.
Längst halten viele den Linkshänder für den neuen Boss im badischen Ensemble, Petersson selbst sieht das anders. „Ich bin nicht der Chef dieser Mannschaft, das würde ich niemals behaupten. Wir gewinnen als Team, ein Einzelner kann nichts ausrichten. Mein Anteil am Erfolg ist nicht größer als der von meinen Kollegen.“ Der 32-Jährige sagt das nicht nur so, er meint es auch so.
Seit wenigen Monaten trägt der Rückraumspieler das Trikot des EHF-Cup-Starters, vor der Saison war er vom morgigen Gegner Füchse Berlin (20.15 Uhr/SAP Arena) zu den Gelbhemden gekommen. Mit seiner Frau Eivor und den zwei Kindern hat der 1,84-Meter-Mann ein neues Zuhause in Rauenberg gefunden. Nach den Stationen Düsseldorf, Großwallstadt, Flensburg und Berlin stand im Sommer der nächste Ortswechsel an. „Ich dachte zunächst, dieser Umzug würde meiner Familie am schwersten fallen. Mein ältester Sohn musste seine Freunde, mit denen er zusammen zur Schule ging, Fußball und Handball spielte, in Berlin zurücklassen. Das war ein schwieriger Schritt für ihn, aber er hat das gut gemeistert und hier schnell neue Freunde gefunden. Das hätte ich nicht erwartet“, sagt der gebürtige Lette: „Mir ist es wichtig, dass es meiner Familie gutgeht, weil mir das ein besseres Gefühl gibt. Da kann ich mich ganz auf Handball konzentrieren.“
Das dynamische isländische „Power-Paket“ mit dem großen Kämpferherz räumt ein, dass ihm der Super-Saisonstart mit den Löwen die Eingewöhnung natürlich erleichtert habe. „Das hilft auf jeden Fall. Wenn ich nach Hause komme, habe ich immer gute Laune. Das freut die ganze Familie“, sagt Petersson und lacht. In den eigenen vier Wänden wird nach den Begegnungen viel über Handball gesprochen, seine Frau Eivor spielte selbst einmal höherklassig: „Dieser Sport ist unser Leben. Und darüber zu sprechen macht auf jeden Fall mehr Spaß, wenn wir gewonnen haben.“
Peterssons Gattin ist übrigens gut mit dem Berliner Trainer Dagur Sigurdsson befreundet und sie hatte auch ihre Finger im Spiel, als ihr Mann 2010 von Flensburg in die Hauptstadt wechselte. „Dagur hat sich mehrmals bei ihr gemeldet und wollte von ihr wissen, ob ich nach Berlin komme. Er hat sogar häufiger mit ihr als mit mir gesprochen und ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum das so war. Denn die Entscheidung lag bei mir – und ich habe sie selbst getroffen“, stellt der Vollblut-Handballer klar.
Wiedersehen mit Ex-Kollegen
Auf das Wiedersehen mit seinen ehemaligen Berliner Kollegen freut sich Petersson. Er erinnert sich genau, wie es war, als er sich damals für den Hauptstadt-Klub entschied und wusste, dass er dort in Silvio Heinevetter einen unglaublich extrovertierten Torhüter antreffen wird. „Ich dachte zunächst, dass es schwer sein muss, solch einen Typen in die Mannschaft zu integrieren. Aber ich kannte ihn ja gar nicht und musste meine Meinung schnell ändern. Der Silvio Heinevetter auf dem Handball-Feld ist nicht der Silvio Heinevetter, den ich privat kennengelernt habe“, sagt Petersson, der in seiner Heimat 2007 zum „Sexiest man of Iceland“ gewählt wurde. Der Linkshänder schmunzelt, als er darauf angesprochen wird. „Handball ist bei uns populär, ich spielte eine gute WM – und schon hatte ich die Wahl gewonnen“, berichtet der 32-Jährige und fügt schnell hinzu, dass seine Frau ihn nach der Wahl nicht zurück auf den Boden holen musste.
Seinen Höhenflug mit den Löwen will er hingegen morgen gegen die Füchse fortsetzen. Petersson verrät das badische Erfolgsrezept der vergangenen Wochen: „Wir schauen nicht auf den Spielplan und sagen uns: In Minden gewinnen wir, gegen Kiel können wir verlieren. Es existieren keine Rechenspiele.“ Und auch die Statistik interessiert ihn nicht.
Von Marc Stevermüer