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Prominenter Wasserträger (MM)

Der langzeitverletzte Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer hat seinen Humor nicht verloren / Comeback erst nächste Saison

MANNHEIM. Normalerweise ist Uwe Gensheimer bei den Rhein-Neckar Löwen für die Glanzpunkte auf Linksaußen zuständig, der Kapitän war als Top-Torjäger des Bundesliga-Tabellenführers eigentlich nicht aus der Mannschaft der Badener wegzudenken. Doch seit dem 24. November ist alles anders. Im Hinrundenspiel des EHF-Cups gegen den griechischen Vertreter Diomidis Argous riss sich der 26-Jährige die Achillessehne am linken Fuß und wird diese Saison nicht mehr zum Einsatz kommen. Seinen Humor hat der Publikumsliebling deshalb aber nicht verloren. „Ich muss mich jetzt mit meinen neuen Aufgaben identifizieren“, blickt Gensheimer grinsend auf seinen Einsatz beim jüngsten Heimspiel gegen den TV Neuhausen zurück. Dort betätigte er sich beim 30:25 gegen die Schwaben souverän als Wasserträger und schleppte den Kollegen trotz Gehschiene die Erfrischungen hinterher.

Weiter nah an der Mannschaft

Dass er weiter so nah an der Mannschaft sein kann, ist für „Uns Uwe“ neben den unzähligen Genesungswünschen aus der gesamten Liga und dem Zuspruch der Löwen-Fans derzeit der größte Motivationsfaktor in einer langen Rehabilitationszeit, die sich mindestens bis in den nächsten Frühsommer erstrecken wird. „Da ich fast jeden Tag im Kronauer Trainingszentrum meine Aufbau-Einheiten absolviere, fühle ich mich weiter als Teil der Mannschaft, sehe auch mal etwas und kann vielleicht den ein oder anderen Tipp geben. Aber bei den Spielen hinter der Bank zu sitzen, ist schon hammerhart“, würde der Kapitän sein Team natürlich am liebsten auf dem Feld unterstützen.

Doch gemeinsam mit dem Physio-Trio Sven Raab, Sascha Pander und Markus Müller stehen nun Übungen für den verletzten linken Fuß und den Rest des Profi-Körpers an, der natürlich nicht außer Form geraten soll. Die lange Rekonvaleszenz geht Gensheimer mittlerweile ganz ohne Druck an, nachdem er unmittelbar nach der Verletzung noch mit Comeback-Plänen zum Final-Four-Turnier um den DHB-Pokal in Hamburg aufhorchen ließ.

„Ich habe eben mal sechs Monate hochgerechnet und bin im Mai herausgekommen“, sagt Gensheimer. „Und schließlich gibt es ja noch ein zweites Final-Four“, hatte der Handballer des Jahres 2011 auch das End-Turnier um den EHF-Cup im Sinn. Mittlerweile sind diese Gedankenspiele allerdings passé. „Die gesamte Karriere für zwei Partien aufs Spiel zu setzen, ist es sicher nicht wert. Ich mache mir jetzt keinen Druck, sondern will ganz ausgeheilt zurückkehren. Das ist auch für den Kopf wichtig“, sagt Gensheimer, der sich an seine neue Zuschauerrolle noch gewöhnen muss, aber zugleich Entwarnung gibt: „Ich komme zurecht.“

Mut macht dem Linksaußen, der sich vor der OP von seinem Retro-Bärtchen trennte und nun Vollbart trägt, nicht zuletzt der bisherige Heilungsprozess. Die Fäden der Operationswunde sind inzwischen gezogen, die größte Infektionsgefahr dürfte damit überwunden sein. Auch auf die Künste der Chirurgen in Basel, die den Handball-Profi unters Messer nahmen, kann sich Gensheimer verlassen. „Dort waren schon Markus Baur und Pascal Hens sowie viele Fußballer mit ähnlichen Verletzungen“, fühlte sich Gensheimer in der Schweiz in besten Händen. Die Ärzte des Deutschen Handball-Bundes hatten die Klinik am Oberrhein ebenfalls wärmstens empfohlen.

Nun heißt es für Gensheimer, geduldig zu sein und das tägliche Pensum zu absolvieren. Auch am Wochenende, als die Kollegen zwei Tage frei hatten, ließ der Linksaußen seine Übungen nicht schleifen und stieß auch gestern Nachmittag wieder zum Tabellenführer, als die erste Vorbereitungseinheit für das nächste Auswärtsspiel bei der HBW Balingen-Weilstetten (Mi., 19.30 Uhr) auf dem Programm stand.

„Müssen kühlen Kopf bewahren“

„In Balingen ist es immer sehr unangenehm, zu spielen. Die HBW agiert mit einer aggressiven Deckung und die Stimmung in der Halle ist immer sehr aufgeheizt“, weiß Uwe Gensheimer aus Erfahrung. „Da müssen wir kühlen Kopf bewahren“, spricht aus dem Rechtshänder immer noch der Löwen-Kapitän – selbst wenn der sich derzeit im Wartestand befindet. Aber Uwe Gensheimer ist bei den Löwen eben nicht wegzudenken: egal ob als Torjäger, Kapitän, Identifikationsfigur oder wie zuletzt als prominenter Wasserträger.

Von Thorsten Hof