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Rhein-Neckar Löwen bestehen ersten Härtetest (BB)

Mehr als 6 300 Zuschauer spendeten minutenlang den Spielern im gelben Löwendress in der SAP-Arena Mannheim den wohlverdienten Beifall. Mit einer bravourösen kämpferischen und phasenweise auch spielerischen Leistung hatte das Löwenrudel seinen Härtetest gegen den Vizemeister der vergangenen Runde, die SG Flensburg/Handewitt, mit 30:27 für sich entschieden. Nachdem die Badener schon in sechs Spielen zuvor die Fachwelt überraschten und immer noch mit null Minuspunkten in der Tabelle geführt wurden, war mit den Nordlichtern der erste große Brocken auf dem Plan erschienen. Trainer Gudmundur Gudmundsson hatte seine Truppe hervorragend auf diese Auseinandersetzung eingestellt und konnte nach dem Schlusspfiff zufrieden die vielen Glückwünsche entgegen nehmen.

In der Anfangsphase bekamen die Nordlichter den neuen Löwengeist hautnah zu spüren. Mit ihrer aggressiven Abwehrarbeit und einem überragenden Niklas Landin-Jacobsen dahinter schalteten die Löwen den wurfgewaltigen Rückraum der Gäste zuerst einmal vollkommen aus. Aus dieser kompakten Defensive trugen die Gelbhemden dann ihre schnellen Angriffe vor und lagen nach fünf Minuten schon 3:0 in Front. Als Kreisläufer Jacob Heinl mit einer Einzelaktion der erste Treffer für sein Team gelang, meldeten sich die SG-Fans zum ersten Mal mit vorsichtigen Anfeuerungen. Alexander Petersson ließ sie mit seinem Treffer zum 4:1 sofort wieder verstummen. Die Spielweise der Hausherren wirkte zu diesem Zeitpunkt derart dominant, dass man sich kaum vorstellen konnte, dass die Löwen diese Begegnung noch her schenken könnten. Viel Jubel herrschte in der Arena als Patrick Groetzki zum 6:2 einnetzte, denn man wertete die Art wie er den Treffer erzielte als klares Zeichen, dass Groetzki wieder zu alter Stärke zurück kommen wird. Der zweite Rückraumstratege der Badener, Kim Ekdahl du Rietz schloss herrliche Angriffe seiner Mannschaft mit zwei wuchtigen Torerfolgen ab und wahrte damit den Vorsprung von fünf Treffern. Ab der zwanzigsten Minute kam etwas Sand in das Getriebe der Gastgeber. Zweimal in Folge führten individuelle Fehler zu vermeidbaren Gegentoren, so dass die Nordlichter Hoffnung bekamen, das Spiel doch noch drehen zu können. Diese Hoffnung bekam noch mehr Nahrung als der eingewechselte Sören Rasmussen einen Siebenmeter von Kapitän Uwe Gensheimer abwehren konnte und Gästetrainer Ljubomir Vranjes den dänischen Nationaltorhüter auf dem Feld ließ. Als Thomas Mogensen für seine Farben den Anschluss zum 10:8 markierte, nahm Trainer Gudmundsson seine Auszeit. Aber so schnell fanden die Löwen den verlorenen Faden nicht wieder, sondern kassierten wieder durch Mogensen sogar noch das 10:9. Die Gelbhemden zeigten dann ihre kämpferischen Qualitäten und hielten vor allem in Person ihres wurfgewaltigen Alexander Petersson dagegen und gingen bis zum 12:10 jeweils wieder mit zwei Toren in Front. Der Vizemeister war aber in Fahrt gekommen und ließ sich nur noch schwer bremsen. Mogensen und der spät eingewechselte Holger Glandorf schafften noch vor der Pause den Ausgleich. Der in glänzender Spiellaune aufgelaufene Ekdahl du Rietz wollte das so nicht hinnehmen und hämmerte vierzig Sekunden vor dem Abpfiff die Harzkugel zur erneuten Führung in die Maschen. Aufgrund der gezeigten Leistungen war diese knappe 13:12 Pausenführung für die Gastgeber völlig verdient.

Nach dem Wechsel war es der schwedische Silbermedaillengewinner, der mit seinem sechsten Treffer die Torejagd eröffnete. Im Gegensatz zum Spielbeginn hielten die Nordlichter nun aber sofort dagegen und gestalten zunächst die Partie ausgeglichen. Die Gudmundsson Schützlinge legte jeweils vor, kassierten aber sofort wieder den Anschlusstreffer. Ab dem 16:14 durch Glandorf folgte eine zerfahrene Phase, denn auf beiden Seiten produzierten die Akteure Fehlwürfe oder technische Fehler. Die Hausherren scheiterten zusätzlich mit ihren Wurfversuchen an Rasmussen oder dem Aluminium, konnten sich aber auch auf Landin-Jacobsen verlassen, der seinerseits Tore des Gegners verhinderte. Vier Minuten dauerte diese Phase bis Spielmacher  Andy Schmid dem Treiben ein Ende bereite und mit seinem Treffer zur ersten drei Tore Führung einnetzte. Petersson setzte noch einen drauf und damit waren die Löwen wieder vier vorne. Anders als zu Beginn der Begegnung attackierten die Jungs von Trainer Vranjes sofort und verkürzten durch zwei Tore von Glandorf auf 18:16. Leider verletzte sich der Löwen-Keeper beim Abwehrversuch an der Schulter und musste seinem Kollegen Goran Stojanovic Platz machen. Der Montenegriner war 42 Minuten auf der Bank gesessen und kam nun kalt zwischen die Pfosten. Es war nicht verwunderlich, dass seine ersten Aktionen deshalb nicht sehr gekonnt aussahen und Flensburg/Handewitt plötzlich wieder in Schlagdistanz war. Aber dann zeigte sich das neue Gesicht der Löwen. „Man hat dann gesehen, dass jeder im Team bereit ist Verantwortung zu übernehmen,“ bilanzierte Trainer Gudmundsson nach der Partie. Die Abwehr um Organisator Oliver Roggisch stemmte sich mit viel Engagement den gegnerischen Angriffen entgegen und bremste den Schwung der Nordlichter. Über den Kampf kamen die Löwen auch wieder zu sehr guten Wurfmöglichkeiten, die konsequent genutzt wurden. Als Groetzki nach herrlichem Anspiel von Petersson das 22:19 gelang, waren auch die letzten Löwenfans voll bei der Sache. Das Löwenrudel auf den Rängen feuerte das Team noch einmal richtig an, so dass die letzten zehn Minuten Handball pur boten. Die Blauhemden ließen sich nicht anmerken, dass sie ein schweres Spiel in der Champions League und eine lange Reise in den Knochen hatten, sondern hielten auch in der Schlussphase ordentlich dagegen. Bestimmt wurde diese Phase aber dann von einem Mann, dem Löwenkeeper Stojanovic. Er war inzwischen warm geworden und trieb mit seinen Reaktionen die gegnerischen Angreifer fast zur Verzweiflung. Motiviert durch die Paraden ihres Kollegen boten die Löwen noch einmal alles auf, was sie im Augenblick so stark macht. Mit Leidenschaft und Herz eroberten sie sich in der Defensive die Bälle und versenkten sie dann im Gehäuse der Nordlichter. Mit einem Doppelschlag von Zarko Sesum und Groetzki bauten die Badener sieben Minuten vor dem Ende den Vorsprung wieder auf drei Tore aus und bogen damit endgültig auf die Siegerstraße ein. Gensheimer, zweimal Schmid und zum Schluss noch einmal Groetzki ermöglichten letztendlich den siebten Streich der Rhein-Neckar-Löwen.

„Was war das für ein Kampf von beiden Teams im zweiten Abschnitt“, erklärte Gudmundsson nach dem Schlusspfiff. Im anschließenden Pressegespräch ergänzte Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson: „Das war heute ein  echter Prüfstein, bei dem wir teilweise sehr gut gespielt haben. Aber es gab auch einige Momente, in denen wir künftig cleverer und besser spielen müssen. Das heißt, wir haben noch jede Menge Arbeit vor uns.“ Ein gut gelaunter Manager Torsten Storm fand aber auch mahnende Worte: „Trotz dieses Erfolges gilt es die Kirche im Dorf zu lassen. Die Partie hätte auch anders herum ausgehen können. Aber wir hatten heute das nötige Quäntchen Glück.“

Seit langer Zeit war es wieder das erste Mal, dass die Arena ihr Team in den letzten Minuten mit stehenden Ovationen begleitete. Es bleibt zu hoffen, dass es sich in der Region weiter herumspricht, dass in der Arena wieder sehr guter Handball geboten wird, der wirklich jeden begeistern kann. Die Mannschaft hat eine größere Kulisse verdient.