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Rhein-Neckar Löwen vor der letzten Hürde (RNZ)

Die Löwen können am Sonntag in Lübbecke den deutschen Meistertitel klar machen

„Ach, ich schaue doch gerade die Verlängerung vom Champions League-Finale.“ Nikolaj Jacobsen grinste, als er das sagte. Leicht verärgert war der Däne aber trotzdem, als er auf Zuruf von Löwen-Pressesprecher Christopher Monz am Sonntagabend vor der Kabine aufkreuzte, um den regionalen Medien Rede und Antwort zu stehen. Einer wie er lebt Handball, saugt alles auf, was dieser Sport zu bieten hat. Wahrscheinlich ist es auch genau das, was den Löwen-Trainer so erfolgreich macht.

Kurz zuvor hatte sich seine Sieben den Meister-Matchball besorgt. Durch den 27:23-Heimsieg gegen Hannover fehlt nun nur noch ein Mini-Schritt. Am kommenden Sonntag in Lübbecke reicht eigentlich schon ein Remis, um sich den deutschen Meistertitel zu krallen. Dass der Taktik-Fuchs auf der Löwen-Bank schon seit ein paar Wochen ganz fest ans Happy End glaubt, ist kein Geheimnis.

Und jetzt natürlich sowieso. Denn ganz ehrlich, was soll da bloß noch schief gehen. Wobei Patrick Groetzki den Ball noch flach hält. Der Nationalspieler sagt: „Jedes Spiel muss erst gespielt werden. In der Bundsliga darf man keinen Gegner unterschätzen!“ Recht hat er. Vor allem für Löwen ist nämlich stets Vorsicht geboten. Denn die Gelben hatten die Hand bekanntlich schon mehrfach am Pott, scheiterten nur hauchdünn. 2014 zum Beispiel: Da fehlten nur zwei mickrige Tore, ein Wimpernschlag. So ist er eben, der Sport. Manchmal so schön, manchmal so brutal.

Wie auch immer, bei Jacobsen war die Erleichterung am Sonntag groß. „Die ersten 42. Minuten gegen Hannover waren sehr gut“, resümierte der 44-Jährige und verschränkte die Arme vor der Brust, „danach war es dann mehr Abschied als konzentrierte Leistung.“ Oder anders: Jacobsen wechselte munter durch, brachte die, die gehen. Sigurmannsson, Ristovski und Kneer. Gensheimer, der nach der Schluss-Sirene seinen größten Kampf zu kämpfen hatte, spielte ohnehin.

Und genau seine Entschlossenheit ist auch am Sonntag gefragt. Dieser Mix aus Killerinstinkt und spielerischer Klasse ist es, der den Unterschied macht. Seit vielen Jahren profitieren die Löwen davon. Wie soll das nur werden, wenn der Friedrichsfelder erstmal in Paris ist? „Ich bin mir sicher, dass die Mannschaft das auch ohne mich hinkriegen wird“, zuckt „Gensel“ mit den Schultern: „Viele der Jungs sind ja schon lange zusammen. Man ist eingespielt.“

Egal, weiter mit der Gegenwart – und in der hat Gensheimer noch einiges mit Badenern vor. Der Bundesliga-Titel ist seine letzte Mission. Mit ihm will er sich verabschieden. Als Held gehen – das wär’s.

Der Grundstein dafür wird in dieser Woche gelegt. Wie genau Jacobsen da trainieren lässt, wusste er am Sonntagabend selbst noch nicht so genau. Nur so viel: montags war frei. Laut ihm waren die letzten Wochen ohnehin „etwas komisch“. Der Fast-Meister: „Ohne die Champions League hatten wir plötzlich so viel Zeit, die musst du erstmal richtig nutzen.“ Lacht er.

Doch genau das scheint er getan zu haben. Nun fehlt nur noch eins: der Pott.

Von Daniel Hund