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Roggisch weiß genau, wie die Löwen ticken (MM)

Ex-Nationalspieler erlebt die Vorbereitung nun jenseits der Spieler-Perspektive

SCHAFFHAUSEN. Oliver Roggisch und filigrane Technik? „Schau mal auf deine Finger, Olli“, feixt Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer und auch der Weltmeister von 2007 weiß, dass diese Kombination auf den ersten Blick nicht so ganz zusammenpasst. „Das Feine war jetzt nicht so meins“, grinst Roggisch mit Blick auf seine Karriere als Abwehrspieler, doch der Blick hinter die Kulissen des Schaffhausener Nobel-Uhren-Herstellers IWC weckte gestern im Trainingslager der Rhein-Neckar Löwen durchaus das Interesse des Ex-Profis: „Nach der WM 2007 wollte ich mir als Belohnung immer eine teure Uhr kaufen. Vielleicht ist ja was dabei.“

Und letztlich liegen die neuen Aufgaben des langjährigen Nationalspielers und das Innere eines Zeitmessers gar nicht so weit auseinander, wie man zunächst vermuten könnte. Als Mannschaftsverantwortlicher und Co-Trainer soll Roggisch schließlich schon im Schweizer Trainingslager mithelfen, dass alle Rädchen ineinandergreifen.

„Das fängt mit dem Essen an, die Zeiten für unsere Aktivitäten müssen weitergegeben werden, da ist einiges zu tun“, blickt der blonde Riese auf die drei Tage in der Schweiz, die den Vizemeister vor allem als Mannschaft weiter zusammenschweißen sollen. Doch auch auf dem Parkett hat Roggisch noch seinen Platz. Bei der Trainingseinheit gestern Vormittag steht der 35-Jährige auf seinem gewohnten Platz im Innenblock der Abwehr, als Trainer Nikolaj Jacobsen nach der Einheit im Kraftraum nochmals 45 Minuten Angriffstaktik üben lässt. Dort hat Roggisch Tipps für seine Nebenleute parat und ist sich auch nicht zu schade, den Wischmob zu schwingen, um Schweißtropfen vom Hallenboden zu wischen.

„Heute habe ich mitgemischt, weil einer gefehlt hat. Aber wenn ich in manchen Einheiten von Außen einen Blick auf das Ganze habe, ist das nun eine ganz neue Perspektive. Da sieht man viele Dinge, die einem im bisherigen Geschehen verborgen geblieben sind“, berichtet er von den bisher fast drei Wochen Vorbereitung „auf der anderen Seite“. Der Spieler Roggisch ist aber natürlich weiter präsent – vor allem im Kopf. „Das kriegst du nicht so schnell raus, dafür ist alles noch viel zu nah. Aber das kann ja auch ein Vorteil sein. Nikolaj ist ebenfalls noch nicht so weit von seiner aktiven Zeit entfernt. Diese Nähe kann sicher hilfreich sein.“

Auch in der Mittagspause im Kantinenbereich der Schaffhausener BBC-Arena tauschen sich Chefcoach Jacobsen und Roggisch intensiv aus, der ehemalige dänische Weltklasse-Linksaußen auf der Kommandobrücke der Löwen ist froh, den erfahrenen Ex-Profi an seiner Seite zu haben. „Olli kennt hier seit Jahren alles in- und auswendig, da ist er natürlich eine große Hilfe für mich“, blickt der Däne auf den Mann, der ihn neben Klaus Gärtner im sportlichen Bereich tatkräftig unterstützen soll. Ob sich Roggischs Aufgabengebiet in Zukunft noch um Organisatorisches erweitern wird, hängt nicht zuletzt davon ab, welche Lösungen mit Blick auf den Abschied von Geschäftsführer Thorsten Storm spätestens Ende Juni 2015 gefunden werden und wann diese greifen. Ein Thema, das Roggisch sichtlich im Magen liegt.

„Das überlagert momentan leider etwas die tolle Entwicklung, die die Mannschaft zuletzt gemacht hat und wird vielem nicht gerecht, was zuletzt geleistet wurde“, sagt der Ex-Profi, der sich einen ruhigeren Einstieg in die Vorbereitung gewünscht hätte. Doch vielleicht hilft auch hier der Faktor Zeit – und wie die unbeeindruckt gleichmäßig Uhren ticken, konnte Oliver Roggisch gestern schließlich aus unmittelbarer Nähe beobachten.

Von Thorsten Hof