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Rückkehr der Leichtigkeit (MM)

Beim wichtigen Sieg der Rhein-Neckar Löwen in Wetzlar meldet sich Kim Ekdahl du Rietz eindrucksvoll zurück

WETZLAR. Und plötzlich war er ein Star. Als Kim Ekdahl du Rietz im Sommer die Bundesliga-Bühne betrat, stand der Rechtshänder schnell im Rampenlicht. Der Neuzugang der Rhein-Neckar Löwen wurde sofort zu einer Symbolfigur des Höhenflugs des Handball-Bundesligisten. Wenige Tage nach dem verlorenen Olympia-Finale mit Schweden gegen Frankreich trainierte er erstmals mit den neuen Kollegen – und sofort passte es.

Anhaltende Knieprobleme

Ekdahl du Rietz hatte seine Wohnung in Heidelberg noch nicht einmal eingerichtet, da wurde er beim Turnier in Ilsenburg zum besten Spieler gewählt. Eine Woche später steuerte der Modellathlet fünf Treffer zum Derbyerfolg in Göppingen bei. Und so ging es immer weiter. Die Löwen siegten, Ekdahl du Rietz traf. Es schien so, als spiele der Schwede seit Jahren bei den Gelbhemden, als gäbe es bei ihm keine Schwäche. Dann kam der November. Die Löwen siegten weiter, doch Ekdahl du Rietz traf seltener, wirkte gehemmt. Die Durststrecke dauerte bis vorgestern an, dann gelang ihm beim 29:23-Sieg in Wetzlar der große Befreiungsschlag mit acht Toren.

„Meine Knieprobleme haben mir gegen Jahresende ganz schön zu schaffen gemacht“, erklärt der 23-Jährige, warum es bei ihm nicht mehr reibungslos lief. Trotzdem pausierte das Kraftpaket nie, es stellte sich in den Dienst der Mannschaft. „Kim hat sich fit spritzen lassen, um dem Team helfen zu können“, berichtet Thorsten Storm. Der Löwen-Manager schätzt die Qualitäten des Schweden: „Er hat einen tollen Wurf, verfügt über ein großes Spielverständnis. Es macht Spaß, ihm zuzusehen.“ Und ganz nebenbei ist Ekdahl du Rietz ein starker Abwehrmann. Ab und zu fehlten zuletzt zwar seine Tore, dafür verlieh er aber der Defensive Stabilität. Und so langsam drückt er auch wieder der Offensive seinen Stempel auf.

„Gegen Tatran Presov spielte Kim eine gute zweite Halbzeit, beim Heimsieg über Zaporozhye machte er den nächsten Schritt. Und jetzt hat er in Wetzlar so gespielt, wie wir ihn in der Hinrunde gesehen haben. Kim hat seinen Aufwärtstrend bestätigt“, freut sich Trainer Gudmundur Gudmundsson.

Ekdahl du Rietz war nach dem Erfolg in Mittelhessen die Erleichterung anzusehen. Er feierte jeden Treffer, genoss jeden Einschlag des Balles im Netz, ballte die Faust. Und nach dem Schlusspfiff strahlte der Mann mit der Löwenmähne über das ganze Gesicht. Zwar leidet die Patellasehne noch immer an einer Überbelastung, doch die Beschwerden seien mittlerweile akzeptabel. „Die Pause im Januar hat mir ganz gut getan“, räumt der 1,94-Meter-Mann ein, dass die Zuschauerrolle der Schweden bei der WM auch etwas Positives gehabt habe. „Hinter mir liegt ein langer und anstrengender Handball-Sommer. Erst die Olympischen Spiele, dann sofort der Bundesligastart. Ich habe einfach Zeit gebraucht, um mal zu regenerieren und den Kopf frei zu bekommen“, sagt Ekdahl du Rietz, der seine Gala-Vorstellung in Wetzlar aber nicht überbewerten will: „Wir haben als Mannschaft gut im Angriff gespielt. Da fällt es auch mir leichter.“

„Es ist schwer, ihn zu stoppen“

Diese Bescheidenheit ehrt ihn, aber fraglos war er der entscheidende Mann. Seine Leichtigkeit ist zurück. Als nach der Halbzeit die Partie zu kippen drohte, hämmerte der Rechtshänder unter Bedrängnis den Ball zum 15:15 in den Winkel. Und als Wetzlar beim 21:24 noch einmal Hoffnung schöpfte, schenkte der Halblinke der HSG zwei weitere Treffer ein. „Wir brauchen Kim in dieser Verfassung. Er war in der Hinrunde eine unserer Stützen“, sagt Regisseur Andy Schmid. HSG-Trainer Kai Wandschneider verzweifelte an der Show der Rückraum-Rakete: „Ekdahl du Rietz bringt eine enorme Antrittsgeschwindigkeit mit. Es ist schwer, ihn zu stoppen.“

Kein Wunder, dass die Löwen glücklich über ihre Neuerwerbung sind. „Kim spielt seine erste Saison in der Bundesliga und deshalb ist es doch klar, dass er nicht gleich ein Filip Jicha sein kann. Einige haben ihn nach seiner Schwächephase schon abgeschrieben. Aber wir wissen, wie wichtig er für uns ist“, sagt Storm, der allen Befürchtungen, der Schwede könnte im Sommer den Klub verlassen, erneut widerspricht: „Niemand muss sich Sorgen machen.“ Nach Informationen dieser Zeitung haben sich beide Parteien längst auf eine Vertragsverlängerung geeinigt.

Von Marc Stevermüer