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Rückkehr der Zauberhand (MM)

Mannheim. Sein Platz war noch nicht einmal auf der Bank. Ivan Cupic saß auf einem Stuhl hinter den Ersatzspielern der Rhein-Neckar Löwen. Ein Trikot trug der Rechtsaußen des Handball-Bundesligisten nicht – und auch auf dem Spielberichtsbogen suchte man den Namen des Kroaten in dieser Saison bislang vergeblich. Der Linkshänder war verletzt, zum Zuschauen verdammt. „Ganz allein sein Reha-Training zu absolvieren, ist schon hart. Aber den Jungs beim Spielen zuzuschauen, tut noch viel mehr weh“, sagt der 25-Jährige, der sich im Juli die Schulter ausgekugelt hatte.

Keine Zeit zur Eingewöhnung

Doch nun ist seine Leidenszeit vorbei, Cupic kehrt zurück – und das ist auch bitter nötig. Denn nach der schweren Meniskusverletzung von Patrick Groetzki ist der Vize-Weltmeister von 2009 der einzig verbliebene Rechtsaußen im Kader der Löwen. Zeit zur Eingewöhnung bekommt er keine, der Kroate wird gleich voll gefordert: Am Samstag (20.15 Uhr) wird es auch auf seine Tricks und Tore ankommen, wenn die Badener das knifflige Auswärtsspiel bei der TuS N-Lübbecke gewinnen wollen. Cupic sprüht vor Tatendrang, er kann seine Saisonpremiere kaum erwarten. „Ich bin fit, schließlich konnte ich mich mehr als drei Monate auf dieses Spiel vorbereiten“, sagt der Linkshänder mit einem schelmischen Grinsen.

Gudmundur Gudmundsson attestiert seinem Schützling einen guten konditionellen Zustand. „In einer so guten Form wie jetzt war er noch nie. Ivan musste viel laufen“, sagt der Trainer und lacht, während Manager Thorsten Storm vor zu großen Erwartungen warnt: „Seine Rückkehr ist nach Groetzkis Verletzung sehr wichtig. Aber Ivan hat noch kein Pflichtspiel bestritten. Wir dürfen keine Wunderdinge erwarten. Er wird ein wenig Zeit brauchen nach dieser Verletzung.“

Cupic räumt ein, dass es schwer sei, an die überragenden Leistungen seines Partners auf der Rechtsaußenposition nahtlos anzuknüpfen. „Im Training läuft alles gut. Aber ein Spiel ist immer etwas anderes. Jetzt bin ich alleine gefordert. Das bedeutet viel Stress und wenig Erholung“, meint der Kroate, hinter dem schwierige Monate liegen. Der Mannschaftssportler musste sich als Einzelkämpfer durchbeißen, sich in Geduld üben und durfte nichts überstürzen. „Zwischendurch war es ganz schön langweilig“, gesteht der 25-Jährige, dass er den gewohnten Rhythmus aus Training, Spiel und Reisen vermisste: „Ich habe viel unternommen, aber eigentlich nichts Interessantes gemacht.“

Immerhin wusste Cupic, was auf ihn zukommt. Der Mann mit der linken Zauberhand, in der er so unglaublich viel Gefühl hat, scheint ein echter Pechvogel zu sein. Denn der Rechtsaußen hat schon einige bittere Rückschläge in seiner Karriere hinnehmen müssen. „Ich muss mal mit der Berufsgenossenschaft reden“, flachst das 75-Kilo-Leichtgewicht: „Für mich ist es immer schwierig, wenn ich mich gegen die zwei Meter großen und 120 Kilo schweren Abwehrspieler durchsetzen soll. Da geht eben häufiger mal etwas kaputt. Aber jetzt hoffe ich, dass ich zehn Jahre Ruhe habe.“

Keine Frage: Die Krankenakte des Flügelflitzers ist lang. Einen Kreuzbandriss erlitt er 2009, bei einem Unfall im Jahr 2008 wurden ihm zwei Glieder vom Ringfinger der Wurfhand abgerissen. Damals stand seine Karriere vor dem Ende, bevor sie überhaupt so richtig angefangen hatte. „Das waren die härtesten Wochen in meinem Leben“, erinnert sich Cupic an Momente zwischen Hoffen, Bangen und Zukunftsängsten. Erst nach quälenden zwei Monaten spürte er, dass ihn die Verletzung nicht behindert und er seine unverwechselbaren Trickwürfe noch beherrscht. Morgen darf er diese wieder zeigen. Sein Platz ist auf der Platte – und nicht auf einem Stuhl hinter der Bank.

Von Marc Stevermüer