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Schlaflos im hohen Norden

Heidelberg. Die Stimmung war gedrückt, richtig schlecht. Die Löwen hatten einen Kater. Gestern, bei der Rückreise, beim Heimflug in Richtung Süden. Als vermeintliche Helden waren die Rhein-Neckar Löwen am Samstag in den hohen Norden angereist, als abgestürzte Gipfelstürmer kehrten sie zurück.Manager Thorsten Storm merkte man die Enttäuschung an.

Zerknirscht war er, müde ohne Ende: „Geschlafen? Ich habe nicht viel schlafen können“, gestand er. Doch Storm kann damit umgehen. Er kennt sich aus mit schlaflosen Nächten, sagt: „Nach Niederlagen ist das bei mir immer so – und das sollte bei uns allen so gehen.“ Aber auch: „Trotzdem war es gestern mal wieder ein lange erlebtes Gefühl für mich.“ Stimmt: Es war die erste Pleite seit Wochen, seit Gudmundur Gudmundsson das badische Handball-Flaggschiff trainiert.

Gestoppt wurde man von einem Team, das mit dem Rücken zur Wand stand, von einem angezählten Boxer. Und der schlug eiskalt zu. Nun schlüpfen die Löwen in diese Rolle, sind in der Pflicht. Gleichzeitig aber auch Außenseiter in den Bundesliga-Duellen am nächsten Mittwoch beim HSV Hamburg und beim Heim-Kracher gegen den THW Kiel (1. Dezember). Und das macht die Sache doppelt schwer. Denn zwei weitere Pleiten wären fatal. Sie wissen das, die Gelbhemden. Storm sowieso: „Die Spiele, die jetzt kommen, werden sicher nicht leichter. Wir müssen uns steigern, wenn wir bestehen wollen.“

Aber die Sorgenfalten sind tief, betreffen vor allem die rechte Seite. Hier hat man nämlich ein gravierendes Problem. Aktuell stehen nur noch zwei Linkshänder zur Verfügung: Patrick Groetzki und Olafur Stefansson. Zur Erklärung: Michael Müller fällt wegen eines Kreuzbandriss noch lange aus. Aber was ist mit Ivan Cupic, dem kroatischen Wirbelwind auf Rechtsaußen? Der Kleinste ist momentan das größte Sorgenkind. Seine Knieverletzung ist schlimmer als zunächst befürchtet. „Ivans Situation ist kritisch“, berichtet Storm und seufzt: „Möglicherweise muss er sogar am Außenminiskus operiert werden.“

Kommt er tatsächlich unters Messer, wäre eine rund sechswöchige Pause wohl unvermeidbar. Das wäre bitter, gerade zurzeit, gerade in den Wochen der Wahrheit, die am Sonntag an der Förde so schlecht begonnen haben. Noch ist jedoch nicht aller Tage Abend, es gibt Hoffnung, keine Frage. Momentan wird überlegt, ihn fit zu spritzen. Am Mittwoch soll Cupic im Training den Ernstfall proben. „Wir brauchen Ivan als dritten Linkshänder ganz dringend“, betont Storm, „deshalb müssen wir alles Machbare in Erwägung ziehen.“ Bei Henning Fritz sieht es besser aus. Der ehemalige Welt-Handballer wird wohl schon am Sonntag beim Champions-League-Kracher gegen den THW Kiel, seinem Ex-Klub, wieder zwischen die Pfosten rücken.

Gebrauchen können sie ihn. „In Kiel wartet eine ganz schwere Aufgabe auf uns. Deshalb wäre Hennings Einsatz sehr wichtig“, blickt Gudmundsson voraus. Was ihm schwer fällt. Die Niederlage in Flensburg ist noch allgegenwärtig. Sie wurmt ihn gewaltig: „Wir kämpfen uns auf 31:31 heran und werden dann verpfiffen, bestraft durch Entscheidungen, die in der Halle keiner nachvollziehen konnte.“ Wie auch immer, die Chance sich zu rehabilitieren, haben die Gelbhemden am Sonntag beim Knaller im hohen Norden.

Mit einem Sieg wäre die neuerliche Flensburg-Pleite schnell vergessen – und der ist laut Gudmundsson nicht auszuschließen: „Jeder ist schlagbar.“ Na dann…

Von Daniel Hund

 16.11.2010