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„Sie sollen sich schlecht fühlen“ (RNZ)

Heidelberg. Es war einer dieser Abende, an denen alles etwas länger dauert. Ein Abend, an dem sich jeder aus dem Umfeld der Rhein-Neckar Löwen am liebsten eine Decke über den Kopf gezogen hätte und unerkannt aus der SAP Arena geflüchtet wäre. Der Frust bei den Gelben war riesig, kaum in Worte zu fassen. Schuld war das 32:33-Desaster gegen Gummersbach, die Last-Second-Pleite gegen den Bundesliga-Dino. Danach war jeder mit sich selbst beschäftigt. Spieler, Trainer, Verantwortliche. Alle.

Dementsprechend lange dauerte es dann auch bis zum Beginn der abschließenden Pressekonferenz. Die beiden Oberlöwen fehlten. Gudmundur Gudmundsson, der Trainer, und Thorsten Storm, der Manager. Irgendwann ging sie dann doch noch auf, die Tür zum Pressezentrum. Storm kam zuerst. Kreidebleich, mit verschränkten Armen. Der Nordmann war bitter enttäuscht. Von einer Mannschaft, die so viel kann, aber hin und wieder eben erschreckend wenig zeigt. Während Storm murmelnd das Podium betrat, ging die Tür ein zweites Mal auf: Gudmi schlich herein. Der Blick leer, die Schultern hängend, in den Händen ein weißes Stück Papier – die Statistik des Grauens.

Kurz darauf saßen sie dann oben. Nebeneinander, Schulter an Schulter, vereint im Frust, sollten sie über etwas sprechen, über das sie gar nicht sprechen wollten. Gesagt haben beide dann Dinge wie: „Es tut uns leid für unsere Fans.“ Oder: „Eigentlich darf so etwas nicht passieren.“ Das Übliche eben. Kaum runter vom Podium, sprich just in dem Moment, als die Arena-Mikrofone abgeschaltet waren, wurde es konkreter. Gudmundsson nahm sich Zeit. Viel Zeit. Und schnell war klar, dass es in der Kabine unmittelbar nach Spielschluss ungemütlich gewesen sein musste. Die Analyse wurde zur Standpauke, zum verbalen Rundumschlag. Gudmundsson auf RNZ-Nachfrage: „Ja, ich habe geschrien, ich habe sogar sehr laut geschrien. Das hing mit meiner Enttäuschung zusammen.“

Der Isländer als Vulkan – das kommt selten vor. Aber wenn nicht am Freitag, wann dann. Es war ein Mix aus Pleiten, Pech und Pannen, den die Löwen gegen den VfL präsentierten. Vom Katastrophen-Start (1:8) bis hin zum K.o. in der letzten Sekunde, der so unnötig wie ein Kropf war, ließen die Löwen kaum ein Fettnäpfchen aus. Gudmundsson, der Frustrierte: „Ein Punkt wäre bitter gewesen, aber gar keiner?! Diese Niederlage war absolut vermeidbar.“ Stimmt: Anstatt Barna Putics in den letzten Sekunden durch ein Foul zu stoppen, ließ man den Rückraum-Mann hochsteigen, ausholen, werfen und treffen. Unfassbar. Wie auch immer, die Quittung für die Pleite kassierten Oliver Roggisch und Co. noch am Freitagabend.

„Eigentlich“, verrät Gudmundsson, „eigentlich wollte ich ihnen ja bis Montag frei geben. Aber das ist gestrichen.“ Es wird trainiert, mehrmals pro Tag. Bundesliga- Pause hin oder her. „Sie sollen das spüren und sich schlecht fühlen.“ Derart deutliche Worte findet Gudmundsson ansonsten nicht. Und wenn er schon mal dabei war: „Was Karol Bielecki derzeit spielt, enttäuscht mich sehr. Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich dazu sagen soll.“ Vielleicht, dass der Pole mittlerweile völlig neben sich steht. Er bemüht sich, trifft aber das Tor nicht mehr. Egal, wie aussichtsreich er auch in Position läuft.

Doch alles an Bielecki, dem Mann auf der Königsposition, festzumachen, wäre zu einfach. Gudmundsson nickt: „Gegen Gummersbach haben einige von uns einen rabenschwarzen Tag erwischt.“

Widerspruch zwecklos. Leider.

Von Daniel Hund

 07.05.2012