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Spiel des Jahres – Löwen bitten zum Titeltanz (MM)

Badener erwarten am Mittwoch in der ausverkauften SAP Arena den THW Kiel zum Bundesliga-Gipfel

MANNHEIM. Der Tabellenführer trifft auf den Titelverteidiger, die Rhein-Neckar Löwen (26:0 Punkte) fordern den THW Kiel (25:1) heraus. Und ganz Handball-Deutschland fragt sich: Kann das Überraschungsteam aus dem Südwesten dem Favoriten aus dem Norden auch im direkten Duell Paroli bieten? Die Antwort gibt es morgen (20.15 Uhr/live bei Sport1) in der ausverkauften Mannheimer SAP Arena. Wir haben beide Teams miteinander verglichen.

Torwart

Thierry Omeyer gilt als bester Torwart der Welt. Das hat der 36-jährige Kieler oft genug bewiesen, doch in dieser Saison fehlt die Konstanz. Sein Vertreter Andreas Palicka ist die klare Nummer zwei und konnte bislang nur selten zeigen, dass er Omeyer würdig vertreten kann. Bei den Löwen bilden Niklas Landin und Goran Stojanovic das beste Torhüter-Gespann der Liga. Einer der beiden erwischte in dieser Saison immer einen Sahnetag.

Fazit: Vorteil Löwen

Abwehr

Die Defensive mit der 6:0-Variante ist das Prunkstück der Löwen. Keine Mannschaft kassiert so wenig Gegentore (durchschnittlich 24 pro Partie). Im Mittelblock sind Bjarte Myrhol und Oliver Roggisch feste Größen, gerade auf den Halbpositionen haben sich die Badener durch die Neuzugänge Alexander Petersson und Kim Ekdahl du Rietz extrem verbessert. Mit den spanischen Zwillingsbrüdern Gedeón und Isaías Guardiola sitzen zudem zwei starke Abwehrleute auf der Bank. Das badische Bollwerk ist sehr beweglich und aggressiv am Mann, das Rückzugsverhalten erstklassig. Auch der THW verfügt über eine gute Defensivabteilung. An den Kraftpaketen Daniel Narcisse, Filip Jicha und Marcus Ahlm kommt kaum jemand vorbei, zudem sind die Norddeutschen seit Jahren eingespielt. Eine knifflige Aufgabe wartet auf die Löwen, wenn Kiel seine 3-2-1-Variante auf die Platte bringt. „Das spielt keiner so gut wie wir“, sagt THW-Ass Jicha.

Fazit: unentschieden

Kreis

Die Löwen setzen auf Myrhol, der THW vertraut Marcus Ahlm. Die zwei Weltklassespieler tragen die Hauptlast auf ihrer Position. Die Kieler haben in Rene Toft Hansen eigentlich eine starke Alternative, doch der Däne ist verletzt. Patrick Wiencek fehlt noch die Erfahrung, um in der absoluten Spitze mitzuhalten, weshalb manchmal Jicha am Kreis aushilft. Bei den Löwen ist Gedeón Guardiola eine solide Alternative, gerade in der Abwehr. Letztendlich wird es aber auf Myrhol und Ahlm ankommen.

Fazit: unentschieden

Rückraum

Die Löwen setzen weniger auf Einzelaktionen, sondern vermehrt auf das Kollektiv. Sie spielen Handball. Alexander Petersson ist die Schlüsselfigur, doch auch Andy Schmid zeigte schon, dass er in kritischen Phasen dem Spiel seinen Stempel aufdrücken kann. Bei Ekdahl du Rietz zeigte die Formkurve zuletzt etwas nach unten. Das Problem: Eins zu eins können die Löwen ihre Rückraumreihe nicht ersetzen. In den vergangenen Partien ging ein wenig der Schwung verloren, wenn Zarko Sesum und Isaías Guardiola auf die Platte kamen. Der THW verfügt über herausragende individuelle Klasse. Die Topstars Narcisse und Jicha sind nie ganz auszuschalten, Marko Vujin, Momir Ilic und Christian Zeitz verfügen über eine extreme Wurfkraft, Aron Pálmarsson sorgt für Überraschungsmomente. Jeder dieser sechs Akteure kann ein Spiel allein entscheiden. Das Problem: Der THW verzettelte sich zuletzt häufig in Einzelaktionen. Gegen eine starke Abwehr könnte das schief gehen.

Fazit: Vorteil Kiel

Außenpositionen

Löwe Uwe Gensheimer ist der Linksaußen mit dem weltbesten Wurfrepertoire, doch er fehlt verletzt. „Ihn können wir nicht ersetzen“, sagt Manager Thorsten Storm. Kevin Bitz, der eher als Rückraumspieler gilt, muss einspringen. Der THW bietet in Ex-Löwe Gudjon Valur Sigurdsson und Dominik Klein zwei Topleute für den linken Flügel auf. Das gilt auch für die Rechtsaußenposition, wo Christian Sprenger und Niklas Ekberg für Wirbel sorgen. Nummer eins der Gelbhemden ist hier Patrick Groetzki. Er ist nach seiner Verletzung auf dem Weg zu alter Form. Sein Ersatz ist Talent Marius Steinhauser, der seine Sache bislang ordentlich macht.

Fazit: Vorteil Kiel

Prognose

Wie so oft wird die Torwartleistung eine entscheidende Rolle spielen. Findet Omeyer nicht in die Partie, haben die Löwen eine Chance, wenn sie auch geeignete Mittel gegen die 3-2-1-Deckung der Kieler finden. Allerdings wiegt Gensheimers Ausfall schwer. Zudem ist eine Energieleistung nötig, denn viele Verschnaufpausen wird Trainer Gudmundur Gudmundsson seinen Stammkräften Myrhol und Petersson nicht gönnen. Sie sind kaum zu ersetzen. Der THW hat bedingt durch die Champions League schon deutlich mehr Spiele in den Knochen, kann aber dafür ohne Qualitätsverlust durchwechseln. Und die Norddeutschen sind es gewohnt, in solchen Topspielen einen kühlen Kopf zu bewahren. Allerdings hat der Triple-Gewinner durch seine zwei Niederlagen in der Champions League seinen Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren – und im Gegensatz zu den Löwen steht er unter Druck. Für Kiel zählt wieder nur der Titel. Bei einer Niederlage hätte der THW bereits drei Zähler Rückstand auf die Badener.

Von Marc Stevermüer