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Statt Gold wieder mal nur Blech (MM)
Hannover/Kronau. Es gibt lange Busfahrten, die sind an sich schon ein Geduldsspiel. Gesellt sich dann aber auch noch der Frust als Begleiter dazu, kann es ganz besonders unangenehm werden. So eine Reise hatten einmal mehr die Rhein-Neckar hinter sich zu bringen. Nach dem 32:33 (14:19) bei der TSV Hannover-Burgdorf war mal wieder Katerstimmung angesagt.
Dabei war der Plan ein ganz anderer: Die Punkte aus dem Coup gegen Meister Hamburg sollten vergoldet werden, um gestärkt in das Pokalspiel am Dienstag in Großwallstadt und den Bundesliga-Kracher gegen Kiel am Samstag zu gehen. Doch die Fakten sahen anders aus, es blieb nur Blech: Die Abwehr agierte nicht wie zuletzt mit dem notwendigen Elan, die Löwen produzierten zwölf technische Fehler, die umgehend mit zehn Tempogegenstößen der Hannoveraner bestraft wurden, maximal jeder zweite Wurf fand den Weg ins Tor und TSV-Keeper Nenad Puljezevic hatte nicht weniger als 25 Paraden in der Statistik.
Letzten Schritt nicht gemacht
„19 Gegentore in einer Halbzeit, das sagt doch schon alles“, musste auch Rechtsaußen Patrick Groetzki gar nicht tiefer in die Analyse einsteigen. Auch die paradox anmutende Tatsache, dass selbst bei den besten Löwen-Werfern Uwe Gensheimer (12) und Andy Schmid (7) in puncto Chancenverwertung noch Luft deutlich nach oben war, machte deutlich, wie unnötig diese Niederlage war.
Die Frage nach dem „Wie“ war also schnell geklärt, das „Warum“ dagegen nur ansatzweise. „Die Belastung zuletzt war enorm“, machte Trainer Gudmundur Gudmundsson eine gewisse Müdigkeit bei seinen Spielern aus. „Wir haben zum Beispiel in der Abwehr den letzten Schritt nicht gemacht“, räumte Kapitän Gensheimer ein. Den Substanzverlust allein wollte aber kein Spieler als Ausrede gelten lassen. „Auch mit etwas Müdigkeit sollten wir besseren Handball als Hannover spielen können“, meinte Groetzki. „Aber so haben wir alles weggeworfen, was wir uns gegen Hamburg erarbeitet haben.“
Torwart Henning Fritz stellte klar: „Natürlich waren das harte Tage, aber wir haben andere Ansprüche.“ Der Routinier gehörte mit seinem Torwart-Kollegen Goran Stojanovic (insgesamt 21 Paraden) übrigens zu den wenigen, die Normalform erreichten. Unterdessen musste sich Coach Gudmundsson mit Fragen auseinandersetzen, warum er beispielsweise so lange an der 5+1-Abwehr festgehalten hatte, die an diesem Tag definitiv nicht zum Gegner passte. „Wir wollten weiter Ballgewinne forcieren“, begründete der 50-Jährige die Maßnahme, die durch die fehlerhaften Abschlüsse im Angriff ziemlich ins Leere lief.
Auch die Zuschauerposition von Karol Bielecki, der gegen Hamburg noch begann, nun aber 60 Minuten auf der Bank saß, warf Fragen auf. „Karol war angeschlagen und sollte geschont werden“, erklärte Gudmundsson, der in den letzten 20 Minuten der Partie auch auf Rückraumwerfer Krzysztof Lijewski verzichten musste. Beim Linkshänder wurde gestern ein Muskelfaserriss im Oberschenkel diagnostiziert, was bis zu drei Wochen Pause bedeuten könnte. Für das Pokalspiel fällt der 28-Jährige damit definitiv aus, was die Sache nicht einfacher macht.
„Schon das Liga-Spiel gegen Großwallstadt war unheimlich eng. Jetzt wird es noch schwerer“, ist sich etwa Patrick Groetzki der hohen Hürde in der engen Sporthalle in Elsenfeld bewusst, die immerhin ein Gutes haben dürfte. Mit diesem „Alles-oder-nichts-Spiel“ vor der Brust und der Erfahrung von Hannover im Kopf, wird keiner schon einen Gedanken an die Partie gegen den THW Kiel am Samstag verschwenden.
Von Thorsten Hof