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Storm: Nun zählt nur noch Flensburg
Mannheim. Am Dienstagabend war Schleichen angesagt. Auf Samtpfoten, mit eingezogenen Krallen, tigerten die Rhein-Neckar Löwen in Richtung Arenabauch, erinnerten dabei aber eher an begossene Pudel als an Raubtiere. Jeder war mit sich selbst beschäftigt, befand sich auf der Suche nach dem Lösungsansatz, dem Grund für die 27:31-Heimpleite gegen den HSV Hamburg. Martin Schwalb war da längst schon vorbeimarschiert: Der Trainer der Nordlichter stiefelte als Erster von der Platte. Völlig euphorisiert suchte er die Abgeschiedenheit der langen, sterilen Gänge. Und plötzlich brach alles aus ihm heraus. Schwalb schrie vor Glück: Einmal kurz und dann – sozusagen als Zugabe – nochmals richtig lang. Optisch untermalt wurde das Ganze durch eine geballte Siegerfaust.
Oder war es vielleicht sogar schon die Meisterfaust? Irgendwie schon. Denn spätestens seit der Gala in der SAP Arena muss man konstatieren: diesen HSV kann vier Spieltage vor Saisonende eigentlich niemand mehr einholen. Nicht bei fünf Punkten Vorsprung und schon gar nicht bei diesem Restprogramm. Olafur Stefansson, der Weltstar der Löwen, gratulierte am Dienstag zwar noch nicht zum Titel, sprach aber ehrfurchtsvoll bereits vom „Bald-Champion“ und von einem „verdienten deutschen Meister“.
Mitfreuen war aber nicht drin. Dazu war die Enttäuschung über die eigene Leistung zu groß. Es herrschte Katzenjammer. Vor der Kabine, aber auch während der Pressekonferenz. Wobei es letztlich wohl weniger um die Pleite an sich ging, sondern vielmehr um die Angst, dass es am Wochenende einen ähnlichen Reinfall beim Final Four in Hamburg geben könnte. Dort, wo verlieren diesmal eigentlich verboten ist. „Wir wünschen uns doch alle endlich den ersten Titel, weil wir ja auch gerade in Hamburg schon häufig ganz nah dran waren“, sagt Aufsichtsratsboss Jesper Nielsen.
Vieles wird in den nächsten Tagen, bis zum samstäglichen Halbfinalduell gegen die SG Flensburg-Handewitt, deshalb auf Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson ankommen. Er muss die Spieler wieder aufrichten, ihnen Mut machen. Nielsen schwört auf ihn. Er schwärmt: „Gudmi ist ein Fuchs, einer ohne Angst.“ Thorsten Storm, der Manager, vertraut ihm ebenfalls blind. Und der bewertet die Pleite gegen den HSV ohnehin nicht über. „Es war doch klar, dass es in der Bundesliga nochmals solch einen Tag geben wird“, erklärt Storm, „wichtig ist jetzt nur, dass alle konzentriert nach vorne schauen: Nun zählt nur noch Flensburg.“
Und was sagt der Mann, auf den alle hoffen? Gudmundsson: „Ich mache mir keine Sorgen im Hinblick auf das Final Four. Wir haben wochenlang super gespielt, reisen mit breiter Brust an.“ Zu Recht. Denn klar ist: Wenn die Badener nur halbwegs an die starken Leistungen in Kiel und Montpellier anknüpfen können, werden sie in der Hamburger „O2 World“ nur ganz schwer zu stoppen sein.
Positive Nachrichten gibt es aus dem Löwen-Lazarett: Michael Müller wurde erfolgreich am linken Knie operiert, wo die Ärzte einen Teil des Außenmeniskus entfernten. Da nichts genäht werden musste, wird er „nur“ sechs Wochen ausfallen.
Von Daniel Hund
05.05.2011