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Storm: Von hinten stechen die Bienen

Mannheim. Lange hatten die Rhein-Neckar Löwen auf diesen Augenblick warten müssen. Doch am Mittwoch gelang es ihnen endlich: Sie fügten in einem bedeutenden Handball-Bundesliga-Spiel dem Branchenführer THW Kiel eine schmerzhafte Niederlage zu. Löwen-Manager Thorsten Storm war nach dem 29:26-Erfolg erleichtert.

Herr Storm, die Löwen haben den THW besiegt. Ihnen muss ein Stein vom Herzen gefallen sein.

Thorsten Storm: Dieser Erfolg war ungemein wichtig für den gesamten Verein. Ich habe nach dem Sieg ein kollektives Durchatmen verspürt. Das beste Marketing für unseren Klub ist sportlicher Erfolg. Wir haben gezeigt, dass wir solch einen Gegner schlagen können. Aber wir dürfen den Sieg auch nicht überbewerten. Der Erfolg ist eine Momentaufnahme, die uns anspornen sollte. Jeder Spieler hat gemerkt, was für uns möglich ist.

Der Sieg über den THW überstrahlt alles. Aber mit sieben Minuspunkten stehen die Löwen dennoch schlechter als erwartet da.

Storm: Das stimmt. Die Niederlagen in Flensburg und Magdeburg waren unnötig und nicht eingeplant, sieben Minuspunkte sind zu diesem Zeitpunkt leider vier zu viel. Aber die bisherige Saison hat gezeigt, dass alle Spitzenklubs verwundbar sind. Ich bin davon überzeugt, dass Hamburg und Berlin auch noch überraschend Punkte liegenlassen werden. Wir haben es selbst in der Hand, etwas daraus zu machen.

Gerade der Hauptstadt-Verein präsentiert sich überraschend stark.

Storm: Ich bin mir sicher, dass die Berliner am Saisonende einen der ersten vier Plätze belegen. Und ich hoffe, dass sie hinter uns liegen. Wir wollen unter die ersten drei Mannschaften kommen. Wir werden sehen, was am Ende möglich sein wird.

Ihr Klub liegt nur einen Zähler hinter Kiel. Warum sprechen Sie nicht von der Meisterschaft?

Storm: Wir müssen erst einmal bescheiden bleiben und jetzt auch Konstanz beweisen. Unser Team befindet sich weiterhin in einem Lernprozess und muss noch den Nachweis erbringen, dass es kontinuierlich über eine ganze Saison Spitzenleistungen abrufen kann. Bisher leisten wir uns noch zu viele Ausrutscher, weshalb ich Hamburg und Kiel immer noch vor uns sehe. Wir begegnen diesen Klubs nicht auf Augenhöhe, deshalb stehen wir hinter ihnen in der Tabelle. Diese beiden Mannschaften werden die Meisterschaft unter sich ausmachen, wir wollen sie ärgern. Ich schließe für uns aber gleichzeitig nichts aus, denn wir werden immer besser. Wir können noch stärker spielen, als wir es gegen Kiel gezeigt haben. Ein Partner der Löwen pflegt immer zu sagen: Von hinten stechen die Bienen!

Wo besteht noch ein Unterschied zwischen Hamburg, Kiel und den Löwen?

Storm: Der HSV und der THW sind gefährlicher aus dem Rückraum. Diese einfachen Tore fehlen uns, wenn Karol Bielecki nicht trifft. Da vermisse ich die Durchschlagskraft. Aber wir kompensieren das ganz gut über unsere Außen und das Kreisspiel.

Nach der Niederlage in Kiel vor knapp zwei Wochen kritisierten Sie den ängstlichen Auftritt der Löwen. Was hat sich in dieser kurzen Zeit geändert?

Storm: Für unsere Mannschaft war es in dieser Hinsicht gut, dass sie in dieser kurzen Zeitspanne drei Mal gegen Kiel, in Hamburg und davor in Flensburg angetreten ist. Ich habe mir von dieser Häufung von Spitzenspielen einen nachhaltigen Effekt erhofft, der dann auch eingetreten ist. Die Jungs haben sich von Woche zu Woche gesteigert. Es hat sich nach den drei Niederlagen zu Beginn Wut breitgemacht, weil wir verloren haben, obwohl wir nicht schlechter waren. In Hamburg und im Champions-League-Heimspiel gegen Kiel spürte das Team, dass der vermeintlich übermächtige Gegner auch nur mit Wasser kocht. Der Mut wurde danach bei uns immer größer, die Gier nach Erfolg ebenfalls. Wir wollten am Mittwoch den Sieg mehr als der THW Kiel. Und das hat mich beeindruckt.

Bis zur WM-Pause stehen noch fünf Bundesligaspiele, eine Champions-League-Partie gegen Celje und die Pokal-Begegnung bei Gensungen-Felsberg an. Mit welchen Zielen gehen die Löwen diese Aufgaben an?

Storm: Wir versuchen immer, alle Spiele zu gewinnen. Wir wollen in der Champions League mindestens Gruppenzweiter werden, um in der K.-o.-Runde in einer guten Ausgangsposition zu sein. Es ist ein Traum von uns, zum Final Four nach Köln zu reisen. Im Pokal würden wir auch gerne wieder zum Finalturnier nach Hamburg fahren. Und in der Bundesliga dürfen wir uns keine Punktverluste erlauben, wenn wir unser Ziel erreichen wollen.

Von Marc Stevermüer

 03.12.2010