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Totales Chaos vor dem Göppingen-Spiel

Der „Fall Roggisch“ bereitet den Löwen großes Kopfzerbrechen

Mannheim. Am Sonntagabend, dem 2. Weihnachtsfeiertag, sah er aus wie ein Fan. Ein Löwen-Fan: Oliver Roggisch, der Abwehr-Fels des badischen Handball-Bundesligisten, trug einen schwarzen Pullover aus dem Löwen-Fansortiment. Und Jeans. So nahm er hinter der Bank Platz, sechzig Minuten lang. Gegen Balingen hieß es für ihn Daumen drücken statt Verteidigen, Klatschen statt Austeilen. Roggisch war gesperrt, rotgesperrt. Kurz vor Weihnachten – gegen den TBV Lemgo – hatte er zu kräftig hingelangt, was eine Sperre von 14 Tagen nach sich zog.

Folglich wäre der Nationalspieler also auch noch morgen bei Frisch Auf Göppingen (19.30 Uhr) gesperrt. Ist er auch, irgendwie aber auch nicht. Denn auf der Löwen-Geschäftstelle, die über Weihnachten eigentlich geschlossen ist, überschlugen sich gestern die Ereignisse. Doch der Reihe nach: Zunächst „flatterte“ ein Fax der Handball-Bundesliga (HBL) herein, das alle erfreute: Oliver Roggischs Sperre wurde auf ein Spiel reduziert, sprich seinem Einsatz in Göppingen steht demnach nichts im Weg. Der Absender der freudigen Botschaft war Andres Thiel, der einstige Weltstar, der mittlerweile als Justiziar der HBL fungiert. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn der Deutsche Handball-Bund (DHB) will nicht so wie die HBL will: Er pochte wenig später auf die 14-tägige Sperre.
Und wer hat nun Recht? Schwer zu sagen! Fakt ist: Setzen die Löwen Roggisch ein, riskieren sie im Nachhinein eine Niederlage am „grünen Tisch“. Storm genervt: „Da hat man ein Strafmaß schriftlich und gleichzeitig die Einschränkung, dass der Einsatz auf eigenes Risiko geschehen würde, weil die Rechtslage nicht eindeutig ist. Das verstehen am Ende nicht mehr viele Fans.“

Kurios: Sämtliche Bundesligisten haben kürzlich einen Beschluss verfasst, der sich genau mit diesem Thema befasst: Künftig sollen Handballer nach einer Roten Karte für diese Vergehen nur noch für eine Begegnung gesperrt werden. Der Haken: Der Beschluss tritt erst im neuen Jahr, also in der nächsten Woche in Kraft. Den Löwen sind also die Hände gebunden. Storm stellt klar: „Roggisch wird nicht spielen, wenn wir nicht eindeutig wissen, dass uns im Nachgang keiner am grünen Tisch bestrafen kann. Ich kenne unsere Freunde!“
Andernfalls könnte es den Löwen wie dem Bergischen HC ergehen. Der Zweitligist bekam sechs Punkte abgezogen, weil er einen Spieler einsetzte, den die HBL „freigesprochen“ hatte, was der DHB aber nicht anerkannte. Chaotische Zustände sind das. Völlig undurchsichtig, irgendwie aber auch erheiternd. Im Handball-Oberhaus hat es einen vergleichbaren Fall bislang jedenfalls noch nicht gegeben. Und die Löwen müssen es ausbaden.

Genug gestaunt, zurück zum Spiel: Schwer wird es in Göppingen so oder so. Keine Mannschaft konnte dort bislang gewinnen. Storm sagt: „Wenn wir das erste Team sein wollen, dem das gelingt, brauchen wir eine Topleistung.“ Auf einen wird sicher wieder Verlass sein. Gemeint ist Uwe Gensheimer, der mit dem Löwenherz, der seit Wochen trifft, wie er will. Auch der Manager ist „Gensel-Fan“: „Uwe spielt in der Form seines Lebens.“ Gudjon Valur Sigurdsson, der Kapitän, muss sich da derzeit hinten anstellen. Der Oberlöwe schmorte gegen Balingen sechzig Minuten auf der Bank. Ein Luxusproblem! Storm beurteilt es ähnlich: „Es ist fast schon bedauerlich, dass immer nur einer dieser beiden Weltklasse-Leute zur gleichen Zeit spielen kann. Andererseits gibt es weltweit wohl keinen Club, der auf Linksaußen besser besetzt ist als wir.“

Und Göppingen? Dort profitiert man eher vom Rückraum. Insbesondere Nationalspieler Lars Kaufmann kann Spiele alleine entscheiden.
Roggisch wird ihn wohl nicht stoppen können…

Von Daniel Hund