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Trotz Gratwanderung bleit Zeit zum Zaubern (MM)

Mannheim. Kaum jemand sieht Uwe Gensheimer auf dem Handballfeld derzeit öfter als Gudmundur Gudmundsson. Zu den Pflichtspielen der Rhein-Neckar Löwen kommen schließlich noch die zahlreichen Übungseinheiten. Doch selbst der Coach muss immer wieder über seinen Linksaußen staunen. Nicht nur, dass der Löwen-Kapitän beim 35:27 gegen Hannover bei 16 Versuchen 14 Mal ins Schwarze traf – auch der „No-look“-Pass eines fast schon im Aus gelandeten Balls zu Bjarte Myrhol oder der eingesprungene Rückhand-Lupfer nach einem verworfenen Siebenmeter waren echte Glanzlichter. „Unglaublich“, sagt Gudmundsson da nur, und Manager Thorsten Storm fügt hinzu. „Solche Tore gibt es dank Uwe wohl nur in der SAP Arena zu sehen.“

Wäre Gensheimer Turner, würde man wohl neue Elemente nach ihm benennen. Doch der ganze Trubel nach dem Spaß-Handball gegen die Niedersachsen war dem 26-Jährigen wie immer fast schon ein bisschen zu viel. „Ihr wisst doch, ich rede nicht so gerne über mich“, ließ der Mannheimer die wartenden Journalisten wissen. „Aber ihr habt ja genug Spiele von mir gesehen, um das einzuordnen“, war sein einziger Kommentar zum eigenen Auftritt, der symptomatisch für den aktuellen Mini-Kader der Löwen stand. Konzentriert, engagiert bis zum Schlusspfiff und dann auch mit jeder Menge Spielfreude – von der personellen Situation scheinen sich die Badener nicht die Laune verderben zu lassen.

„Jeder wird gebraucht“

Nichts war zu sehen vom gelegentlichen Verwaltungshandball, mit dem die Löwen in der aktuellen Saison schon mehrfach ins Straucheln geraten sind – und das sogar mit einer voll besetzten Bank. „Wenn man jetzt einen Gang herunterschalten würde, hätte ich sogar Verständnis“, meint Storm zu dem paradox anmutenden Auftritt, Trainer Gudmundsson vermutet ein verstärktes Zusammengehörigkeitsgefühl angesichts der Verletzungsmisere. „Jeder wird gebraucht, keiner kann sich verstecken“, freut sich der Isländer über die Art und Weise, mit der der Sieg im ersten Heimspiel 2012 zustande kam. „Das war mit Wille und Herz.“

Doch trotz drei Erfolgen nach der EM-Pause sind die Löwen mit ihren achteinhalb einsatzfähigen Stammspielern natürlich noch lange nicht über den Berg. „Das ist ein Tanz auf der Rasierklinge, wir haben momentan keinen doppelten Boden“, warnte Geschäftsführer Storm beispielsweise vor dem Achtelfinal-Rückspiel gegen Eskilstuna Guif am Samstag (19 Uhr) in der bereits ausverkauften Mannheimer MWS Halle. Die Schweden sind bekanntermaßen ein anderes Kaliber als die sich nach 35 Minuten in die Opferrolle ergebenden Hannoveraner. Aber vielleicht feilt Uwe Gensheimer ja schon wieder an neuen Kunststücken, falls es mit dem bekannten Standard-Handball nicht reichen sollte.

Von Thorsten Hof

 17.02.2012