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Überflieger mit Bodenhaftung (MM)

Die Löwen starten heute mit dem schweren Pokalspiel in Flensburg in die Rest-Saison

Ende der Pause – und gleich in Topspiel. Die Rhein-Neckar Löwen sind heute (20.15 Uhr) erstmals in diesem Jahr gefordert, im DHB-Pokal-Viertelfinale müssen sie bei der SG Flensburg-Handewitt ran. Der Knaller an der Ostsee bildet den Auftakt zu vielen englischen Wochen, die auf den Bundesliga-Primus zukommen. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

MANNHEIM. War die Pause für die Löwen ein Vor- oder Nachteil?

Wenn eine Mannschaft auf der Erfolgswelle schwimmt, will sie immer gerne weiterspielen. So gesehen war die WM-Pause ein Nachteil. Doch wer im Dezember die Löwen gesehen hat, weiß: Dieses Team ging auf dem Zahnfleisch. Ein Pokal-Aus gegen Magdeburg wurde nur mit Mühe abgewendet, beim Abstiegskandidaten Balingen gelang ein Glückssieg, im Derby gegen Göppingen wurde in der Schlusssekunde das Remis gerettet. Zwar konnten nicht alle Löwen durchschnaufen, sechs Akteure weilten bei der WM. Aber die Rückraum-Stammkräfte Kim Ekdahl du Rietz, Andy Schmid und Alexander Petersson waren ebenso nicht in Spanien am Ball wie Leistungsträger Bjarte Myrhol am Kreis. Diese Achse steht also.

Was ist heute im DHB-Pokal für die Löwen in Flensburg möglich?

„Das war das zweitschwerste Los. Schlimmer wäre nur ein Auswärtsspiel in Kiel gewesen“, sagt Rechtsaußen Patrick Groetzki. Die Norddeutschen sind heimstark, selbst der THW Kiel ging in der Flens-Halle mit 29:35 unter. Die SG gewann in dieser Bundesliga-Saison alle Heimspiele, die Badener entschieden jede Auswärtspartie für sich.

Wie geht es für die Löwen im Europapokal weiter?

Schon am Samstag steht im EHF-Cup das erste Gruppenspiel in der Slowakei bei Tatran Presov an. „Unser Anspruch ist es, diesen Gegner zu besiegen“, stellt Abwehr-Ass Oliver Roggisch klar. Weitere Gegner sind KIF Kolding-Kopenhagen und HC Motor Zaporozhye (Ukraine). Die Löwen und Kolding sind die Favoriten auf die ersten beiden Plätze, die ins Viertelfinale führen. Nicht zu unterschätzen sind aber die Reisestrapazen nach Presov und Zaporozhye. „Das wird anstrengend“, befürchtet Roggisch.

Wann geht es in der Bundesliga wieder los?

Am 13. Februar müssen die Löwen beim TuS N-Lübbecke ran. Die Aufgabe ist lösbar, aber verdammt unbequem. Das wissen die Badener aus Erfahrung. „Von den vergangenen drei Partien in Lübbecke haben wir zwei verloren“, erinnert sich Groetzki und hebt zugleich mahnend den Finger: „Jedes Bundesligaspiel kann ein Stolperstein sein.“ Der TuS verlor vor der WM-Pause von zehn Partien neun, es herrscht Unruhe. Der Abschied von Trainer Gennadij Chalepo am Saisonende steht fest.

Sind die Löwen als Spitzenreiter auch Titelfavorit?

Nein. Der THW Kiel hat den besten Kader sowohl in der Spitze als auch in der Breite – und darauf wird es ankommen. Denn anders als noch von August bis Dezember kommt auf die Löwen nun eine deutlich stärkere Europapokal-Belastung zu. Zudem warten viele schwere Auswärtspartien auf die Gelbhemden. „Wir müssen auch noch in der Liga nach Flensburg. Dazu kommen die Spiele in Berlin, Wetzlar, Magdeburg und natürlich Kiel“, sagt Trainer Gudmundur Gudmundsson.

Was ist das große Plus des badischen Bundesligisten?

Auf ihre Abwehr und die Torhüter können sich die Löwen verlassen. Kein Team kassierte weniger Gegentore. „Da ist es natürlich immer leichter, ein Spiel zu gewinnen“, sagt Groetzki. Klar ist: Die Löwen können unbekümmert aufspielen, niemand erwartet von ihnen die Meisterschaft. Außerdem haben die Überflieger nicht die Bodenhaftung verloren. „Wir wissen, dass wir vermutlich nicht ohne Niederlage bis zum 34. Spieltag durchkommen werden“, sagt Roggisch.

Trotz der Tabellenführung: Was bereitet noch Sorgen?

Bislang waren die Rhein-Neckar Löwen auf ihre Stammformation angewiesen. Trainer Gudmundsson wechselte wenig, was auch daran lag, dass er die vielen Neuzugänge gar nicht alle so schnell einbauen konnte. Doch bis zum Saisonende im Juni wird er den ganzen Kader brauchen, um die höhere Belastung zu verteilen. Sonst drohen Verletzungen. Den Ausfall von Leistungsträgern können sich die Löwen aber nicht erlauben, sie haben keine 14 Weltklassespieler. Offen bleibt, wie schwer der Ausfall von Uwe Gensheimer wiegt. Von Neuzugang Stefan Rafn Sigurmanssson kann man nicht erwarten, dass er eine ähnlich zentrale Rolle einnehmen wird wie der verletzte Kapitän. Bislang hinterließ der Isländer jedoch einen guten Eindruck.

Was ist für Löwen realistisch möglich in dieser Saison?

Der dritte Platz und somit die direkte Qualifikation für die Champions League sollte in der Bundesliga machbar sein – das wäre ein großer Erfolg für den Klub. Der Vorsprung auf den Tabellenvierten Berlin beträgt bereits sieben Punkte. Im EHF-Cup gehören die Löwen zu den Titelanwärtern. Und was im DHB-Pokal möglich ist, wird sich schon heute Abend zeigen.

Von Marc Stevermüer