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Und täglich grüßt das Murmeltier

Heidelberg/Kiel. Er sprach langsam, klar und deutlich. Zwischen den Sätzen machte er teilweise längere Pausen. Worte wie „Abgezocktheit“ oder „Kaltschnäuzigkeit“ beschäftigten ihn, stimmten ihn nachdenklich. Löwen-Manager Thorsten Storm betrieb am Dienstagabend, rund anderthalb Stunden nach der 29:36-Niederlage beim THW Kiel, bereits Ursachenforschung. Auf dem Weg ins Hotel ließ er alles noch einmal auf sich wirken, analysierte und trauerte dem verpassten Ausrufezeichen an der Ostsee hinterher.

Letztlich klammerte er sich aber vor allem an die positiven Aspekte des (noch) ungleichen Gipfeltreffens: „Wir haben bewiesen, dass wir auch gegen große Mannschaften nie aufgeben: Die Moral stimmt.“ Unter dem Strich war’s dennoch wie immer. Der THW ist das personifizierte Schreckgespenst des Rudels.

Längst fühlt man sich als Löwen-Fan an den Hollywood-Kultstreifen „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert. Die Gelbhemden befinden sich in einer Endlosschleife, der „Zebra-Schleife“. Besonders in der Ostseehalle, mittlerweile Sparkassen-Arena genannt, gibt’s für die „Besten aus dem Südwesten“ nichts zu holen.

„Dem einen oder anderen von uns verlässt dort möglicherweise etwas der Mut“, grübelt Storm. Die Anfangsphase taugt diesbezüglich als Paradebeispiel: Saft- und kraftlos wirkten sie, die Löwen. Völlig verunsichert, völlig frustriert. Niemand schien an eine echte Siegchance zu glauben. Ein Debakel drohte, eine Lehrstunde auf höchstem Niveau.

Doch die Badener schlugen zurück. Allen voran Karol Bielecki. Der 27-Jährige legte im Hexenkessel den Schalter um, produzierte Tore wie am Fließband. Zum Schluss waren es neun. Storm überraschte die Gala des Rückraum-Kunstschützen nicht. Der Höhenflug des Rechtshänders ist generalstabsmäßig geplant: „Unser Spiel ist nun mehr und mehr auf ihn zugeschnitten, was Karol durch seinen Riesen-Bums rechtfertigt. Ein Mal hat er Thierry Omeyer ja förmlich mit ins Tor geworfen“, schmunzelt der Manager.

Vielleicht hat seine Leistungsexplosion aber auch etwas mit Aberglaube zu tun. Seit dieser Spielzeit darf er sich nämlich sein Lieblingstrikot überstreifen. Es ist mit der Nummer acht beflockt. „Meine Glückszahl“, sagte er kürzlich, „sie bedeutet mir sehr viel.“ In der Vorsaison war die Acht noch geblockt: Christian Schwarzer sauste mit ihr über die „Platte“.

Spanien-Import Carlos Prieto verdiente sich ebenfalls ein Sonderlob. Wobei sein ausgedehnter Einsatz nicht geplant war. Der neue Kreis-Torero sprang quasi in die Bresche: Bjarte Myrhol stoppte eine Rückenblockade: „Das ist kurz vor Spielbeginn passiert“, berichtet Storm. Bleibt zu hoffen, dass es sich nicht erneut um Bandscheibenprobleme handelt. Henning Fritz, der weltmeisterliche Torhüter, und Sergej Harbok, Rückraum-Spieler von Beruf, sind hingegen fit, aber Storm sieht gerade bei ihnen noch Luft nach oben: „Von beiden muss einfach mehr kommen. Sie können ja mehr. Trotzdem sind sie nicht die Sündenböcke.“

In den kommenden Tagen hat das Duo ausreichend Zeit, an der Form zu feilen. Wegen des Vorbereitungslehrgangs der deutschen Handball-Nationalmannschaft pausiert die Liga. Weiter geht’s erst am Freitag (18. September). Und dann kommt’s erneut knüppeldick: Der HSV Hamburg gastiert in der SAP Arena. Ein Topteam, das sich gezielt verstärkt hat. Ist da etwa schon die nächste Pleite vorprogrammiert? Storm schüttelt den Kopf. „Zuhause“, sagt er, „zuhause sind viele unserer Spieler selbstsicherer.“ Lindgren wird sie dementsprechend einstellen und zusätzlich noch an der nötigen Feinabstimmung feilen. Und Storm? Der bastelt weiterhin in aller Ruhe am Kader. Wer weiß, vielleicht taucht ja schon in Kürze ein weiterer Spielmacher im Kronauer Trainingszentrum auf…

Von Daniel Hund

 10.09.2009