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Ungefährdet – aber auch unkonzentriert (MM)

Rhein-Neckar Löwen feiern gegen Schlusslicht TUSEM Essen einen 29:21-Sieg, lassen jedoch erneut viele glasklare Chancen aus

MANNHEIM. Bjarte Myrhol machte schnell einen Haken an die Partie. „Jetzt können wir uns drei Stunden freuen. Dann gehen wir ins Bett, wachen auf und bereiten uns auf den nächsten Gegner vor“, meinte der Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen nach dem 29:21 (15:7)-Sieg des badischen Handball-Bundesligisten über TUSEM Essen.

Der Erfolg gegen den Tabellenletzten war zu keiner Zeit gefährdet, dennoch schimpfte Trainer Gudmundur Gudmundsson Mitte der zweiten Halbzeit lautstark mit seiner Mannschaft. Die Unkonzentriertheit im Abschluss, die Fahrlässigkeit vor dem gegnerischen Tor brachte den Isländer in Rage. Sage und schreibe 22 Fehlversuche leisteten sich die Löwen, darunter fast ein Dutzend erstklassiger Möglichkeiten. Die Badener ließen eine Chance nach der anderen aus, warfen beim Gegenstoß neben das Tor oder den Essener Keeper Jan Kulhanek an. Sollte es am Saisonende im Kampf um die Champions-League-Plätze auf das Torverhältnis ankommen, könnten die Gelbhemden noch einmal schmerzhaft an das Fahrkarten-Festival gegen TUSEM erinnert werden. Von Patrick Groetzki, der acht seiner neun Versuche im Tor unterbrachte, einmal abgesehen, versäumten es einige Spieler, sich die nötige Sicherheit für den Saison-Endspurt zu holen. Schon in den vorangegangenen Begegnungen fiel die mangelhafte Chancenverwertung immer wieder auf.

„Patrick war überragend, Niklas Landin hat im Tor mit 19 Paraden eine Weltklasse-Leistung gezeigt. Aber im Angriff müssen wir uns steigern, eine Trefferquote von 38 Prozent aus dem Rückraum ist zu wenig“, kritisierte Gudmundsson. Immerhin: Aufgrund der Essener Harmlosigkeit war der Arbeitstag von Leistungsträger Alexander Petersson nach 15 Minuten beendet, auch Abwehrchef Oliver Roggisch schaute nach der Pause nur noch zu. „Es ist perfekt gelaufen. Wir haben die Begegnung früh entschieden und konnten die Belastung verteilen. Wir sollten jetzt nicht alles zu negativ sehen“, sagte Myrhol – und auch Groetzki erklärte, mit einem guten Gefühl nach Hause zu fahren, wenngleich ihm die Vorstellung nach der Pause nicht so recht gefiel: „Die zweite Halbzeit ist unentschieden ausgegangen. Das ist nicht unser Anspruch. Wir sollten auf dem Feld mehr Spaß haben und uns nicht von Fehlern herunterziehen lassen. Ich finde es schade, dass wir den Vorsprung nicht ausgebaut haben.“

Und so blieb trotz des ungefährdeten Erfolgs und einer starken ersten Halbzeit irgendwie ein fader Beigeschmack. „Das Wichtigste sind zwar die zwei Punkte, aber mit dieser Angriffsleistung hätten wir nicht gegen viele Mannschaften gewonnen. Nicht alle werden die SAP Arena zufrieden verlassen“, fasste Manager Thorsten Storm zusammen.

Kreisläufer Myrhol räumte auf jeden Fall ein, noch ein wenig an seine vergebenen Chancen zu denken. „Das mache ich immer. Egal, ob der Gegner Essen oder Kiel heißt.“ Möglicherweise hat er etwas länger als drei Stunden gebraucht, um zur Ruhe zu kommen. Oder der Norweger wollte sich einfach nur ein bisschen länger freuen.

Von Marc Stevermüer