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Uwe Gensheimer zieht erste Saisonbilanz: Zwischen Entwicklung und Ergebnissen

Der angehende Sportliche Leiter der Löwen spricht über das erste Saison-Viertel, seine tägliche Arbeit und das, was ihm dabei am wichtigsten ist

Uwe Gensheimer zieht erste Saisonbilanz: Der angehende Sportliche Leiter der Löwen spricht u.a. über das erste Saison-Viertel.
Uwe Gensheimer beim Löwen-Heimspiel.

Uwe Gensheimer zieht erste Saisonbilanz: Zwischen Entwicklung und Ergebnissen blickt der angehende Sportliche Leiter der Löwen auf die ersten Spieltage, was ihm gut und weniger gut gefallen hat, wo seine Schwerpunkte liegen in seiner neuen Rolle und wohin er mit „seinen“ Rhein-Neckar Löwen möchte.

Uwe, die ersten Spieltage sind im Kasten, knapp ein Viertel der Saison ist gespielt. Wie fällt Deine Bilanz aus?

Uwe Gensheimer: Bisher können wir überwiegend zufrieden sein. Vor allem die Integration der neuen Spieler, gemessen an der geringen Vorbereitungszeit, ist sehr gut gelungen. Die Stimmung ist positiv, die Arbeitseinstellung passt. Wir schauen vor allem auf uns, dass wir unser Spiel verbessern und den Fokus auf unserer Leistung haben. Das sieht man jeden Tag im Training und das gefällt mir gut. Die jüngsten Ergebnisse und Leistungen fallen ein wenig ab, vor allem, was unser Zweikampfverhalten in der Deckung betrifft. Das macht mir aber keine großen Sorgen, weil wir wissen, woran das gelegen hat. Zuletzt konnten wir aufgrund der Verletzten- und Krankensituation nicht so trainieren, wie wir das gewohnt sind und wie wir das auch brauchen, vor allem, um das umzusetzen, was wir erarbeiten wollen und müssen. Jetzt gilt es, nach der Länderspielpause wieder zurück in die Erfolgsspur zu finden.

Du hast gesagt, Du willst vor allem wieder Löwen-Handball sehen. Wie weit ist die Mannschaft in dieser Hinsicht schon?

Uwe Gensheimer: Ich finde, dass die Grundidee bisher in jedem Spiel zu sehen ist. Natürlich gibt es, wie fast immer, noch Steigerungspotenzial, vor allem, was Stabilität, Konstanz und Konsequenz angeht. Aber ich finde, dass das, was wir uns auf die Fahnen geschrieben haben vor der Saison, über weite Strecken gut zu erkennen ist. Wir wollen aus einer kompakten, guten Deckung konsequent ins Tempospiel gehen. Das gilt es jetzt konstant abzurufen. Dass im Positionsangriff noch nicht alles zu 100 Prozent sitzt, ist, glaube ich, normal zu diesem Zeitpunkt der Saison. Wir arbeiten Tag für Tag im Training daran, um auch hier unser Steigerungspotenzial abzurufen.

Steigerungspotenzial gibt es aktuell vor allem auch auswärts, oder?

Uwe Gensheimer: Das muss man sich genau anschauen. Generell finde ich, dass wir es auch auswärts über weite Strecken gut machen. Hier und da fehlt noch das letzte Quäntchen, das man braucht, um bei einem schweren Auswärtsspiel etwas Zählbares mitzunehmen. In Lemgo mussten wir mit Juri und Olle zwei zentrale Spieler für Angriff und Abwehr ersetzen, und das haben wir in meinen Augen sehr gut hinbekommen. Insbesondere die Jungs, die jetzt im zweiten Jahr bei uns sind, Steven Plucnar, Jon Lindenchrone und Gustav Davidsson, haben sich deutlich verbessert und die Schritte gemacht, die wir uns von ihnen erhofft haben. Und dass man in Berlin und in Leipzig verlieren kann, das sollte allen klar sein. Das muss man realistisch einordnen und immer einen Blick auf die Stärke der Gegner haben bei der Bewertung.

„Mir geht es in erster Linie um die Art und Weise, wie wir auftreten“

Zuhause läuft es bislang deutlich besser, bis auf das jüngste Spiel gegen Eisenach haben wir alles gewonnen. Die SAP Arena wieder zu einer Festung machen, kann das auch ein Eckpfeiler für eine erfolgreiche Saison werden?

Uwe Gensheimer: Klar, wenn man Kiel und Melsungen zuhause schlägt, sind das natürlich Ausrufezeichen. Mir geht es aber in erster Linie um die Entwicklung und um die Art und Weise, wie wir auftreten. Das haben wir bislang sehr gut gemacht. Diese Stabilität wollen wir jetzt auch auswärts auf die Platte bekommen und die Basics, die es braucht, in jedem Spiel abrufen. Grundsätzlich sehe ich uns dabei auf einem guten Weg.

Apropos guter Weg: Das kann man auch über Gustav Davidsson sagen, der aktuell den verletzten Juri Knorr sehr gut vertritt…

Uwe Gensheimer: Ausfälle können immer passieren, und dann ist es wichtig, dass wir so etwas auffangen können mit unserem Kader. Es muss auch so sein, dass in einem solchen Fall andere Spieler mehr Verantwortung übernehmen. Das hat Gustav jetzt gut gemacht, genauso wie Steven Plucnar, als Jannik Kohlbacher krank war. Unser Ziel muss es sein, dass wir nicht abhängig sind von wenigen einzelnen Spielern, sondern Ausfälle intern auffangen können.

Aktuell läuft die Länderspielpause, die Löwen haben wieder vier Spieler dabei, wobei Juri leider mit seinem gebrochenen Daumen passen muss. Wie sehr freut Dich das?

Uwe Gensheimer: Die Jungs waren ja auch alle bei Olympia dabei und haben da gezeigt, dass sie zurecht nominiert worden sind. In der bisherigen Saison haben sie ihre gute Form bestätigen können. Das freut mich nicht zuletzt als Handball-Fan, wenn man die deutsche Nationalmannschaft sieht und da viele Jungs aus dem eigenen Klub dabei sind. Auch David Móré ist wieder für die Junioren-Mannschaft nominiert und gehört dort zu den absoluten Leistungsträgern.

Uwe Gensheimer zieht erste Saisonbilanz: „Wir sind dabei, alles noch mehr zu verzahnen“

Du bist sehr viel bei der Mannschaft, viel in Kronau, wo neben dem Trainingszentrum das Junglöwen-Internat steht. Erkläre uns doch bitte, wie wichtig Dir die Verzahnung zwischen Profis und Nachwuchs ist und wie sich das auf Deine tägliche Arbeit auswirkt?

Uwe Gensheimer: Ich bin echt zufrieden damit, wie die Gemeinschaft hier funktioniert und wie es mit der Kommunikation untereinander läuft. Es gibt regelmäßige Sitzungen mit U23-Trainer Holger Löhr, Nachwuchskoordinator Martin Berger und mir. Wir sind dabei, alles noch mehr zu verzahnen und das Konzept zu verschriftlichen. Ziel ist es, den Jungs einen Weg aufzuzeigen, eine Karriereplanung mitzugeben. Aktuell haben wir einige U23-Spieler, die immer mal wieder ins Training der Profis reinschnuppern. Mit dem Start der U23 in die Saison bin ich auch zufrieden. Die Art und Weise, wie die Jungs Handball spielen, macht Spaß und ist ein Ergebnis dieser Sitzungen, in denen es um Spielsystem und Spielidee geht. Genauso stellen wir uns das ja vor, dass das, was wir bei den Profis spielen, runtergebrochen wird auf die Junglöwen-Teams – inklusive eines stetigen Abgleichs mit dem, was wir uns vorgenommen haben und dem, wo wir gerade sind. Dabei ist mir besonders wichtig, dass man ehrlich ist und sich eingestehen kann, wo es noch Nachholbedarf gibt.

Kannst Du den Kern der Spielidee präzisieren und erklären, was man davon beispielsweise in den Jugendteams schon spielen lassen kann?

Uwe Gensheimer zieht erste Saisonbilanz: Der angehende Sportliche Leiter der Löwen spricht u.a. über das erste Saison-Viertel.
Uwe Gensheimer im Gespräch mit Oli Roggisch.

Uwe Gensheimer: Ein Beispiel sind die Spielzüge, die wir teilweise von den Profis auf die Nachwuchsteams übertragen. Das führt dazu, dass es für Nachwuchsspieler leichter wird, wenn sie einmal zu den Profis ins Training kommen. Dann weiß jeder sofort, was seine Rolle ist. In welcher Qualität sie diese tatsächlich ausfüllen, steht noch einmal auf einem anderen Blatt. Aber zu wissen, was von einem erwartet wird, dass zum Beispiel bei Ballgewinn die Außen im Vollsprint nach vorne gehen, dass die Halben breit laufen etc., das gehört zu einer gewissen Barrierefreiheit dazu. Das andere ist die Erwartungshaltung. Die Jungs sollen wissen, wann sie auf welchem Stand sein sollen, was sie nach der B-Jugend und dann nach der A-Jugend können sollten. Auch da sind wir in einem engen Austausch.

Wenn wir schon einmal beim Personal sind. Wir befinden uns in der heißen Phase der Vertragsgespräche für die nächste Saison. Wie ist der Stand bei den Löwen?

Uwe Gensheimer: Noch gibt es nichts zu verkünden. Aber: Wir sind in vielen Gesprächen und dabei an einigen Stellen schon sehr weit. Es geht zum einen darum, den Kader weiter zu verstärken, und da sind wir auf einem guten Weg, letzte Fragen und Details zu klären, und dann können wir damit an die Öffentlichkeit. Zum anderen sprechen wir natürlich intensiv mit Sebastian über aktuelle Themen und die Ausrichtung in der Zukunft. Ich bin von ihm und seiner Arbeit überzeugt, sehe täglich im Training, welchen Riesenaufwand er betreibt und was er alles in diesen Job steckt. Und er ist ein wichtiger Faktor dafür, dass Spieler zu uns kommen, weil sie gezielt mit Sebastian arbeiten und so besser werden wollen. Eins ist aber auch klar: Wir müssen Ergebnisse liefern – daran müssen wir uns messen und messen lassen.

„Ich bin in engem Austausch mit Holger Bachert und dem Aufsichtsrat“

Kannst Du uns sagen, was Deine größten Herausforderungen sind auf diesem Gebiet? Kurzfristige Vertragsdinge oder die mittel- bis langfristige Planung, wohin es mit den Löwen geht in drei, vier Jahren?

Uwe Gensheimer: Das sind alles Dinge, die man im Auge haben muss. Dazu gehören auch die Gedankenspiele einer langfristigen strategischen Kaderplanung. Aktuell befinde ich mich in vielen Abstimmungen, unter anderem was Vertragslaufzeiten und das angepasste Sportbudget anbelangt. Dabei bin ich in engem Austausch mit unserem Geschäftsführer Holger Bachert sowie dem Aufsichtsrat, da sprechen wir viel über die sportliche Ausrichtung, die Vereinsphilosophie und das, was wir gemeinsam erreichen wollen.

Wie sehr helfen sportliche Erfolge bei diesen Themen?

Uwe Gensheimer: Es ist vor allem wichtig zu sehen, dass wir uns besser präsentieren als in der vergangenen Saison. Unser Weg ist, glaube ich, für alle ersichtlich, und diesen müssen wir unbedingt beibehalten. Dahinter müssen wir als Team stehen, auch wenn das Ergebnis einmal nicht stimmt. Genau das sehe ich hier in Kronau und ich bin mir sicher, dass man das auch von außen sehen kann.

Zum Team gehören auch unsere Partner. Die Nähe zu ihnen ist ein besonderes Merkmal der Rhein-Neckar Löwen. Inwiefern ist das auch Teil Deiner Arbeit?

Uwe Gensheimer: Ich sehe es genauso: Das gehört alles zusammen. Wir sind als Handballer nahbar, was man zum Beispiel jetzt wieder im Trainingslager gesehen hat mit verschiedenen Partner-Aktionen. Dann gibt es die Berührungspunkte beim Heimspiel, bei denen das ganze Team mitzieht, sei es beim Small-Talk im Business Club mit Partnern oder Fans. Wir wollen da einen gemeinschaftlichen Umgang pflegen. Ich kenne das gar nicht anders. Natürlich fällt einem das manchmal schwer bei einer bitteren Niederlage. Aber wir als Rhein-Neckar Löwen wissen jede Unterstützung zu schätzen und wollen das auch zeigen.

Uwe Gensheimer zieht erste Saisonbilanz: „Mein primärer Blick geht auf die Leistungsziele“

Jannik Kohlbacher hat sich am DYN-Mikrofon zur Aussage verleiten lassen, dass wir um die Qualifikation für die European League mitspielen wollen. Kam das aus dem Überschwang der Gefühle nach einem Sieg oder ist das mittlerweile das „offizielle“ Ziel?

Uwe Gensheimer: Das kam von Kohli selbst. Wir müssen einfach sehen, woher wir kommen (Platz 12 in der vergangenen HBL-Saison, Anmerkung der Redaktion) und dass andere Klubs auch gute Arbeit machen. Das Mittelfeld ist extrem breit geworden, es kann schnell hoch oder runter gehen in der Tabelle. Klar gibt es Ergebnisziele. Aber mein primärer Blick geht aktuell auf die Leistungsziele, und da sollte auch unser Fokus liegen.

Zum Abschluss noch eine ganz banale Frage: Wie sieht aktuell der Tag von Uwe Gensheimer in seiner neuen Rolle als angehender Sportlicher Leiter aus? Hast Du Dich schon daran gewöhnt, nicht mehr jeden Tag unten auf der Platte zu stehen, sondern oben im Büro zu sitzen?

Uwe Gensheimer: Ich hatte durch die Knieverletzung in der vergangenen Saison ja schon ein bisschen Zeit, mich daran zu gewöhnen und mich auch schon ein bisschen einzuarbeiten. Dazu kommt, dass ich mit Ende der Saison direkt losgelegt habe. Mir war es wichtig, die dringendsten Themen direkt anzugehen, und da ist dann auch der Sommerurlaub ausgefallen. Wenn man im ständigen Austausch mit Spielern und Beratern ist, dazu vor Ort scoutet – so wie bei der U20-WM im Juli –, dann schluckt das schon sehr viel Zeit. Dazu kommt meine Ausbildung. Ich war zum Beispiel für ein Praxisseminar in Hamburg, das ging über mehrere Tage. Das Gute dabei: Ich spüre aus dem Verein heraus sehr viel Unterstützung, und das gibt mir ein gutes Gefühl.