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Vitrine soll sich endlich füllen

Heidelberg. Er weiß wie er aussieht, wie er sich anfühlt, wie es ist, sich in ihm zu spiegeln.Kent-Harry Andersson, 61, der Sportliche Berater der Rhein-Neckar Löwen, und die Siegertrophäe des DHB-Pokals – das ist eine besondere, eine vertraute Beziehung. Man „kennt“ sich, verbrachte zwei feuchtfröhliche Abende miteinander. Der Schwede, der Strategie-Fuchs unter den Löwen, stemmte ihn schon zwei Mal, holte ihn in den hohen Norden. In die Vitrine der SG Flensburg-Handewitt. 2004 und 2005. Beteiligt war damals noch ein anderer Nordmann. Einer, der seinen Lebensmittelpunkt ebenfalls in den Süden verlegt hat. Gemeint ist ein gewisser Thorsten Storm, 45, Oberlöwe, Manager des badischen Rudels.

Am Wochenende greifen beide erstmals wieder gemeinsam beim Final Four in der Hamburger Color Line Arena nach der Pokalkrone, sind quasi die Jäger des verlorenen Schatzes. Was soll da noch schief gehen? Andersson schmunzelt: „Eigentlich nichts. Abermal im Ernst: Schon das Halbfinale gegen Gummersbach wird richtig schwer.“ Storm nickt: „Wir müssen zwei Mal eine Top-Leistung abrufen. Nur dann können wir beide Spiele gewinnen.“ Storm wirkt konzentriert, leicht angespannt, aber nicht nervös. So wie der Rest. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, dem anvisierten Gipfelsturm.

Realistisch erscheint er, der erste Titelgewinn. Zurzeit sowieso: Die Löwen haben sich in den letzten Wochen deutlich gesteigert, haben die Zähne gezeigt. Der Ball läuft, die Abwehr steht. Das macht Mut. Storm tritt dennoch auf die Euphoriebremse: „Es wäre wichtig, dass wir möglichst alle unsere Leistungsträger dabei haben. Bei den Pokalsiegen mit Flensburg war das so.“

Diesmal ist das nicht so. Gudjon Valur Sigurdsson, der linke Flügelflitzer mit der Kapitänsbinde, kann weiterhin nur die Daumen drücken. Und auch hinter Grzegorz Tkaczyk steht noch ein Fragezeichen – mittlerweile jedoch nur noch ein kleines. Laut Andersson hat der Pole, der bei den Löwen als Denker und Lenker glänzt, seine Probleme an der Leiste auskuriert. Am Mittwochabend sauste der Mittelmann erstmals wieder durchs Kronauer Trainingszentrum. Andersson zählt auf ihn, hofft auf seine Zuckerpässe: „Ein Einsatz von Grzegorz wäre wichtig für uns.“

Heute um 8 Uhr setzt sich der Löwen-Tross in Bewegung. Mit dem Bus geht’s anden Frankfurter Flughafen. Um die Mittagszeit schweben die Löwen dann in der Hansestadt ein. Bestens vorbereitet sind sie. Andersson leistete visuellen Anschauungsunterricht. Er bat zu mehreren Videoabenden, spulte vor und zurück, deckte Gummersbachs Stärken und Schwächen in Zeitlupe auf. An ein ähnliches Duell wie kürzlich in der Mannheimer SAP Arena – als die Löwen mit 31:28 gewannen, glaubt Andersson nicht: „Möglicherweise möchten sie uns mit einer 3:3-Deckung aus dem Konzept bringen“, mutmaßt der Altmeister.

Wie auch immer, die „Besten aus dem Südwesten“ wollen sich nicht überrumpeln lassen. Denn im Hinterkopf haben sie natürlich längst den Sonntag, den Final-Sonntag. Dann könnte es zum Kracher gegen den HSV Hamburg kommen, der im Semifinale gegen die TuS N-Lübbecke spielt. Aus Sicht von Andersson ist der HSV der große Turnierfavorit: „Sie haben den Heimvorteil und stellen die stärkste Mannschaft.“ Klein beigeben werden die Löwen aber nicht. Storm sagt: „Unser Ziel ist der Titel, das aber sicher alle Teilnehmer haben werden.“

Im Hintergrund läuft derzeit die Kaderplanung. Storm verrät: „Wir werden im nächsten Jahr wohl mit 15 Spielern in die Saison gehen. Das ist derWunsch unseres Trainers.“ Für Carlos Prieto und Nikola Manojlovic scheint demnach kein Platz zu sein. Storm: „Nikola wird wohl bei einem anderen Verein einen längeren Vertrag unterschreiben.“

Von Daniel Hund