Veröffentlichung:

„Von Medaillen möchte ich nicht reden” (Rheinpfalz)

Handball-Nationalmannschaftskapitän Oliver Roggisch über das Potenzial seines Teams und den Höhenflug der Rhein-Neckar-Löwen.

Herr  Roggisch, die WM-Qualifikation hat die deutsche Mannschaft gerade so mit Ach und Krach geschafft. In Stuttgart wurde Bosnien-Herzegowina klar geschlagen, und dann musste das Team im Rückspiel doch noch schwer zittern. Wie kann das sein?

Im ersten Moment konnten wir uns das auch nicht erklären. Gut, es war das letzte Spiel in der Saison. Vermutlich war es so, dass wir den Gegner doch unterschätzt haben. Klar ist auch: So etwas darf nicht mehr passieren. Positiv ist: Wir haben lange darüber gesprochen, das wird nicht wieder passieren.

Und dann kamen die Testspiele in Rostock gegen Serbien. Auch schwer einzuordnen?

Ja, im ersten Spiel kannten wir bis auf Zarko Sesum keinen Spieler des Gegners. Als wir das Team dann auf Video analysierten, haben wir sie klar geschlagen.

Wie weit weg ist das Team von der Weltspitze?

Wir dürfen nicht vergessen: Ein Punkt aus den letzten zwei Spielen bei der EM, und wir wären weiter gewesen. Wir waren nah dran. An guten Tagen können wir jeden schlagen. Die Spitze ist nicht so weit weg, wenn man mal von Frankreich absieht, die ein Stück weit voraus sind. Von Medaillen möchte ich aber im Moment nicht reden. Wir sind aber auf dem richtigen Weg.

Sie wurden kürzlich zum neuen Kapitän des Teams ernannt …

… was aber an meinem Verhalten nichts ändert. Natürlich ist das eine besondere Rolle, und die Entscheidung ist auch eine Vertrauenssache. Grundsätzlich lege ich das gleiche Verhalten an den Tag, vielleicht rede ich mit dem Bundestrainer ein bisschen mehr.

Sprechen wir über die Rhein-Neckar-Löwen, ihren Vereinsklub. Wie erklären Sie sich den überraschend guten Start Ihrer Mannschaft, die, neu formiert, noch ohne Punktverlust ist?

Überraschend für Sie, für die Journalisten. Für uns war das nicht überraschend. Mit Kim Ekdahl du Rietz, Alexander Petersson und Niklas Landin haben wir drei Top-Spieler dazubekommen. In der Vorbereitung haben wir uns zusammengefunden.

Überraschend deshalb, weil ja die Vorbereitungszeit so kurz war wegen den Olympischen Spielen.

Richtig. Aber die Spieler kamen in einem guten körperlichen Zustand zurück, was nicht selbstverständlich ist. Kim Ekdahl du Rietz hatte zudem als Silbermedaillengewinner viel Selbstbewusstsein.

Zu hören und zu spüren ist immer wieder, die Stimmung sei diesmal besonders gut.

Wir hatten auch im vergangenen Jahr eine gute Mannschaft mit guten Charakteren, wir konnten das aber nicht immer umsetzen. Diesmal gelingt uns das. Wir haben andere Typen, und es macht einen Riesenspaß. Auch außerhalb sind wir einen Tick enger beisammen.

Im November kommen der THW Kiel und die Füchse Berlin in die SAP-Arena. Sind das schon entscheidende Begegnungen?

So weit will ich noch nicht schauen. Das Spiel an diesem Sonntag gegen Magdeburg, das ist wichtig.

 

Von Udo Schöpfer