Veröffentlichung:

Wechselt der Löwen-Trainer nach Dänemark? (RNZ)

Kronau. Gestern Abend bestritten die Spieler der Rhein-Neckar Löwen das Abschlusstraining vor dem Duell heute (20.15 Uhr) gegen den TBV Lemgo. Es ist das erste Heimspiel nach vier Partien in der Fremde hintereinander. Mit einem Sieg soll der zweite Platz in der Handball-Bundesliga verteidigt werden, doch die 60 Minuten in der SAP Arena waren nach Trainingsende nicht das beherrschende Thema, sondern das Gerücht, nach dem Trainer Gudmundur Gudmundsson die Badener am Ende der Saison verlässt – und Trainer der dänischen Nationalmannschaft wird.

Gudmundsson selbst wollte sich gestern nicht zu dem Thema äußern. „Ich werde dazu nichts sagen“, erklärte der 52-Jährige gegenüber der RNZ, nachdem am Nachmittag Spiegel Online vermeldet hatte, dass Gudmundsson ab Juli 2014 Nachfolger von Ulrik Wilbek wird. Der Erfolgstrainer der Dänen wird zu diesem Zeitpunkt Sportdirektor des dänischen Verbandes. „Ich bitte um Verständnis, dass ich nichts sagen werde, das ist meine Entscheidung“, sprach Gudmundsson noch. Dass etwas Wichtiges geschehen sein musste, hatte er bereits unmittelbar nach dem Training geahnt, denn auf seinem Handy hatte es unzählige Anrufe gegeben, nachdem die Personalie über dänische Kanäle durchgesickert war.

Nicht zu erreichen war am Dienstag Thorsten Storm. Der Manager der Löwen war in einem Termin gebunden und konnte sich deshalb nicht äußern. Auch nicht zur Vertragssituation von Gudmundsson, der grundsätzlich bis Juni 2015 an den Bundesligisten gebunden ist, allerdings eine Ausstiegsklausel besitzen soll. Die Spieler der Löwen wurden von der Nachricht ebenso überrascht wie das direkte Umfeld, sie alle informierten sich mittels Handy oder Videotext über das Gerücht. Kommentieren wollte es niemand offiziell.

Weil die Vertragsverlängerung von Kapitän Uwe Gensheimer, der von Branchenprimus THW Kiel umgarnt wird, weiter in der Schwebe ist, könnten die Löwen nach der Saison einen weiteren wichtigen Baustein verlieren. Der Isländer gilt als Vater des Höhenflugs des aktuellen Tabellenzweiten, weil er mit viel Detailarbeit dafür sorgte, dass die Badener aktuell die beste Abwehr in der stärksten Liga der Welt stellen.

Es war in den Handballer-Kreisen zwar durchaus getuschelt worden, dass Gudmundsson ein Kandidat für die Nachfolge Wilbeks sein könnte, doch richtig ernst wurde das offenbar nicht genommen. Vielmehr galt ein Landsmann des Isländers, der Berliner Trainer Dagur Sigurdsson, als aussichtsreicher Kandidat. Lukrativ ist die Nachfolge von Wilbek, der mit den Dänen 2008 und 2012 Europameister wurde, aber in jedem Fall, denn der Kader um Superstar Mikkel Hansen gehört zu den besten der Welt und das große Ziel der handballverrückten Dänen ist der Gewinn der Olympischen Goldmedaille 2016 in Rio de Janeiro. Eine Doppelfunktion als Vereins- wie Nationaltrainer scheint deshalb nicht realistisch.

Zwischen Juni 2009 und Dezember 2010 trainierte Gudmundsson den dänischen Erstligisten GOG Svendborg und spricht seither gut dänisch. Neben den großen Erfolgen Gudmundssons mit der Nationalmannschaft Islands (Olympia-Silber 2008) und den Löwen (EHF-Pokalerfolg 2013) ist das ein weiteres Indiz, warum der dänische Verband Gudmundsson verpflichten möchte. Und die Aussage von Gudmundsson gestern Abend klang nicht wie ein Dementi.

Von Michael Wilkening