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„Werden an den Jungs viel Freude haben“ (RNZ)

Mannheim. Mittwoch, 14 Uhr, bei engelhorn sports, einem Modehaus, mitten in Mannheim. Große Männer kommen. Zeitlich versetzt, nacheinander, marschieren sie auf ein langes Podest. Alle sehen gleich aus. Sportlich. In einheitliche weiße Polohemden gehüllt. „Mama, ist das eine Fußball-Mannschaft?“ Will ein kleines Mädchen von seiner Mutter wissen. Und die Mama? Die weiß es besser. Sie lächelt: „Nein, das sind Handballer. Die Rhein-Neckar Löwen. Die kennst du doch, vielleicht bekommen wir später ja noch ein paar Autogramme.“ Um es vorwegzunehmen: das klappte. Druckfrisch und handsigniert wechselten die Kärtchen gestern bei der öffentlichen Saisoneröffnungs-Pressekonferenz die Besitzer. 

Doch vor dem schreiben war sprechen angesagt. Die Bundesliga-Stars wurden mit Fragen gelöchert und plauderten dabei über Dinge, die weit über den sportlichen Tellerrand hinaus gingen. Besonders auffällig: Sie wirkten dabei gelöst, völlig entspannt. So, als könnten sie es kaum noch erwarten endlich zusammen zu jagen, als wüssten sie genau, dass eine erfolgreiche Saison vor ihnen liegt. Mit vielen Punkten und noch mehr Toren. 

Leicht verändert tauchte Uwe Gensheimer, der Kapitän, in den Quadraten auf. Vor allem sein Gesicht ist anders: behaarter. Aus einem Drei-Tage-Bart wurde ein dichter Oberlippenbart. Eine verlorene Wette? „Nein“, grinst Gensel, „das hat modische Gründe, der Retro-Look ist stark im Kommen.“ Ein weiterer Tipp aus Gensheimers Mode-Trickkiste: bunte Socken. Der Friedrichsfelder: „Die kann ich jedem nur empfehlen.“

Gute Laune, die ansteckte. Denn irgendwie wäre gestern jeder Löwe auch alsComedian durchgegangen. Unglaublich war’s, was da teilweise rausgehauen wurde. Von Bjarte Myrhol zum Beispiel. Die Neuigkeit: Der Kreisläufer wird in rundzwei Monaten Vater. Die Vorfreude ist riesig, der Spaß auch: „So langsam ist meine Frau dick.“ Oder: „Wir haben so lange trainiert und nun hat es endlich mal geklappt.“ Und was wird es? „Wir haben den ersten Platz gezogen“, schmunzelt Myrhol: „Ein Junge!“  

Und was hat all das nun mit dem Bundesliga-Auftakt am kommenden Sonntag bei Frisch Auf Göppingen zu tun? Nichts, richtig! Irgendwie aber doch. Denn eines ist jedem aufgefallen, der gestern beim Frage-und-Antwortspiel vorbeischaute: Da stand eine verschworene Einheit auf dem Podium, ein großer Kader, der gemeinsam etwas erreichen will. In den Vorjahren hatte man dieses Gefühl nicht wirklich. Zarko Sesum, Rückraumspieler von Beruf, bringt es auf den Punkt: „Die Atmosphäre innerhalb des Teams ist super. Und genau das brauchst du auch, um Erfolg zu haben.“ 

Am Sonntag in Göppingen, wo immer erhöhte Stolpergefahr herrscht, soll sich das möglichst in einem Auswärtssieg bemerkbar machen. Und was, wenn nicht? Was, wenn auf all die Euphorie prompt der erste Dämpfer folgt? Manager Thorsten Storm hat solch ein Szenario längst gedanklich durchgespielt. Sein Zauberwort heißt deshalb Geduld. Der Nordmann:„Wir werden an diesen Jungs viel Freude haben, müssen ihnen aber auch die nötige Zeit geben.“ Gerade nach Olympia, gerade bei diesem Umbruch. Trainer Gudmundur Gudmundsson hat nur zehn Tage, um seinen Kader auf die Saison einzuschwören. Storm freut sich auf die Früchte. Er sagt: „Vielleicht sind wir in diesem Jahr ja mal die Überraschungsmannschaft.“

Von Daniel Hund