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Wieder auf Beutezug (RNZ)

Mannheim. Danach lagen sie sich in den Armen. Gut, nicht ganz so ausgelassen wie sonst vielleicht, aber sie freuten sich, trafen sich mitten auf der Platte, klatschten sich ab. Siege sind eben immer schön – egal gegen wen. Auch gegen vermeintliche Abstiegskandidaten, gegen Gegner, gegen die man als Rhein-Neckar Löwe eigentlich nicht verlieren darf. Konzentration ist da gefragt. Und die war gestern da, der Bergische HC bekam das zu spüren. Der starke Aufsteiger, das Überraschungsteam der bisherigen Bundesliga-Saison, hatte nichts zu lachen. Es kam, sah und verlor. Kassierte eine 28:35 (13:21)-Klatsche vor 6312 Zuschauern.

„Kompliment an unsere Mannschaft, sie hat das sehr gut gemacht“, grinste Thorsten Storm. Der Manager: „Gerade auch, wenn man sieht, dass wir am Mittwoch ein ganz schweres Spiel in Kiel hatten.“

Eröffnet wurde der Torreigen durch einen, der zuletzt auch abseits der Kreise feierte: Bjarte Myrhol. Der Norweger gab seiner Freundin Charlotte das Ja-Wort, heiratete. Wenig später legte der Kreis-Mann dann auch noch das 4:1 nach (6.). Ein entspannter Nachmittag deutete sich an. Besonders stark in der Anfangsphase der Löwen: das Umschaltspiel. Immer wieder schwärmten die Gelben blitzschnell aus, überbrückten das Feld in Sekundenbruchteilen, um dann eiskalt zu zuschlagen.

Vorne hui, hinten pfui. Hört sich möglicherweise ein wenig krass an, trifft’s aber. Denn das gelbe Bollwerk stand diesmal nicht, wirkte löchrig. Und so fällt es eben schwer, sich abzusetzen. Will heißen: Der Underdog blieb dran, verkürzte in der 14. Minute auf 7:9. Gudmundur Gudmundsson, den kleinen Isländer mit dem großen Handball-Sachverstand auf der Löwen-Bank, ärgerte das. Er grübelte, er tobte – er wechselte: Goran Stojanovic ging, musste runter für Niklas Landin, den dänischen Hexer, die eigentliche Nummer eins im Löwengehege. Auch Alexander Petersson und Sergey Gorbok kamen. Doch den Unterschied machte nun ein anderer. Gemeint ist Uwe Gensheimer, der Kapitän, der Handball-Popstar. Mit drei sehenswerten Treffern schraubte der Friedrichsfelder das Ergebnis auf 13:9 hoch. Gensel-Festspiele waren das. Sie leiteten den Sturmlauf bis zur Pause ein. Denn in die Katakomben ging es komfortabel, standesgemäß. Mit 21:13, mit einem dicken Polster.

Doch das war nur bedingt förderlich. Denn nach dem Wechsel war plötzlich der Wurm drin. Nun war’s eher ein Verwalten, kein Brillieren mehr. Warum? Na, weil jetzt die Präzision fehlte und die Durchschlagskraft. Gudmi, der Ehrliche, zur RNZ: „Das kann man so sagen. Es ist aber auch nicht leicht, wenn du so hoch führst, die Spannung aufrecht zu erhalten.“ Außerdem wechselte Gudmundsson munter durch, brachte jeden. „Alle 14“, wie er später stolz erklärte. Weniger erfreulich: Patrick Groetzki, der Wirbelwind von der rechten Außenbahn, musste in der ersten Halbzeit verletzt runter. Es zwickte in den Bauchmuskeln. Offenbar ist es aber halb so wild: „Eine Vorsichtsmaßnahme“, sagte Johnny in den Katakomben. Groetzkis Pech, war Raiko Prodanovics Glück. Der Serbe rückte nach, war vorne effektiv und hinten knallhart. „Er hat seine Sache sehr, sehr gut gemacht. Für ihn freut mich das“, verteilte Storm ein Sonderlob.

Auch abseits der Platte ging es gestern übrigens prominent zu. Martin Heuberger schaute im Ufo vorbei. Der Bundestrainer nahm auf der Tribüne Platz, beobachtete einige seiner Spieler, gab Interviews, schrieb Autogramme, war ein Handball-Frontmann zum Anfassen.

Rhein-Neckar Löwen: Gensheimer 6, Gedeón Guardiola 4, Gorbok 4, Petersson 4, Prodanovic 4, Groetzki 3, Isaías Guardiola 3, Myrhol 3, Schmid 3, Ekdahl du Rietz 1.

Bergischer HC: Berggren 5, Weiß 5, Wöss 5, Hermann 4, Artmann 2,Gutbrod 2, Oelze 2, Szilagy 2, Hoße 1.

Stenogramm: 4:1, 9:7, 12:9, 16:11, 19:13, 21:13 (Halbzeit), 23.15, 27:19, 29:23, 32:26, 35:26 (Endstand). 

Von Daniel Hund