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„Wir behalten kühlen Kopf“

Spielmacher Andy Schmid vor dem Spiel gegen den TuS N-Lübbecke

Für die Gestaltung des Löwenspiels in der Offensive ist in dieser Saison Andy Schmid zuständig. Mit Schnelligkeit und guten Ideen führt er sein Team auf dem Feld zu wichtigen Siegen. Nach einer schweren ersten Spielzeit bei den Badenern hat sich der Spielmacher zuletzt deutlich gesteigert und ist dadurch zum Leistungsträger geworden. Das stellt er vor allem seit der EM-Pause im Januar regelmäßig unter Beweis und ist mit für den Aufschwung bei den Badenern seither verantwortlich.  Vor dem Heimspiel gegen den TuS N-Lübbecke spricht der Schweizer im Interview über die knappe Niederlage in Hamburg, seine persönliche Entwicklung und den Saison-Endspurt der Löwen.

Andy, wie habt ihr die Niederlage in Hamburg aufgearbeitet?

Die Enttäuschung ist natürlich groß, weil wir nah dran waren, etwas beim HSV mitzunehmen. Wir wussten, dass wir eine Chance bekommen würden, auch wenn Hamburg zuhause noch kein Spiel verloren hat. Und so ist es während der 60 Minuten ja auch gekommen.

Woran lag es aus Deiner Sicht, dass es letztlich nicht für den Big Point gereicht hat?

Da gibt es mehrere Faktoren, im Endeffekt lag es daran, dass wir nicht mehr die richtigen Lösungen gegen die offensive Deckung gefunden haben. Die Abwehr des HSV wandelte am Rande der Legalität, aber die Schiris haben das zugelassen und dadurch gab es keinen Spielfluss. Letztlich haben die Hamburger das clever gemacht, das muss man anerkennen.

Die Chance, auf Platz vier zu springen, war groß …

Die zwei Zähler in Hamburg wären Bonuspunkte für uns gewesen, die kann man nicht einplanen. Ich bin überzeugt, dass wir am Ende der Saison mindestens auf Platz vier landen, wenn wir unsere Sachen machen, der Spielplan gibt uns die Chance dazu. Aber es sind noch acht Partien zu spielen, das ist fast ein Viertel der Saison, deshalb dürfen wir gar nicht so weit denken, sondern sollten uns auf die nächste Partie fokussieren.

Vor dem Spiel beim HSV wurde über die Ansetzung diskutiert. Du hattest mit der Schweiz am Wochenende vorher ebenfalls Länderspiele zu absolvieren. Wieso ist ein Spiel nur 48 Stunden nach der Rückkehr so schwierig?

Es waren ja nicht einmal 48 Stunden nach der Rückkehr, weil einige Spieler erst am Montag zurückgekommen sind. Die hatten lange Reisen zu bewältigen und da ist es ganz normal, dass der Körper müde ist. Für den Kopf ist es deshalb sehr schwierig, die Spannung zu halten, weil er am Montag erst einmal runterfährt nach den Belastungen vom Wochenende. Und nicht einmal 24 Stunden später soll er sich dann schon wieder auf ein Spiel einstellen. Das ist hart und deshalb war es fast noch Glück im Unglück, dass der Gegner HSV hieß, denn gegen den deutschen Meister waren wir alle heiß. Es wäre vom Kopf her noch schwieriger geworden, wenn es zu einem Klub aus dem unteren Tabellendrittel gegangen wäre.

Wie genau sah denn das Programm bis zum Spiel aus?

Die letzten Spieler kamen am Montag zurück von den Nationalmannschaften und wir haben uns dann erstmals am Montag um 17.45 Uhr zur Videobesprechung in Kronau getroffen, um den HSV zu analysieren. Im Anschluss gab es eine kurze Trainingseinheit. Danach ging es nach Hause, Koffer packen und ab ins Bett. Dienstagmorgen war schließlich schon um 8 Uhr Treffpunkt in Kronau. Von dort sind wir nach Frankfurt gefahren, ab in den Flieger nach Hamburg, so dass wir etwa gegen 12 Uhr im Hotel in Hamburg ankamen. Dort gab es immerhin eine kurze Mittagspause, ehe wir uns auf das Spiel einstellten und in die Halle fuhren.

Da bleibt wirklich nicht viel Zeit, um die Akkus aufzuladen. Was sollte aus Deiner Sicht dagegen getan werden?

Es wird ja schon seit Jahren diskutiert, den Rhythmus der großen Turniere zu verändern, um den Spielern etwas mehr Luft zu verschaffen. Ich verfolge das schon eine Weile, bin aber überzeugt, dass sich nichts ändern wird. Ich habe in diesem Punkt ja leicht reden, weil ich mich mit der Schweiz noch nicht für so ein Turnier qualifiziert habe, aber für die Jungs, die da jedes Jahr dabei sind, ist es schon brutal.

Was kann man als Spieler tun, um diesen hohen Belastungen und den vielen Partien gewachsen zu sein?

Man muss sehr auf sich achten, sollte schauen, dass man genug Schlaf bekommt und sich gesund ernährt. Außerhalb der Handball-Halle versuche ich, körperliche Anstrengungen zu vermeiden. Englische Wochen sind für uns Handballer ja eigentlich schon normal, gerade wenn man international vertreten ist. Deshalb muss man auf seinen Körper achten.

Lebt man in solchen Phasen als Profi ausschließlich für den Handball?

Das gilt nicht nur für diese Phasen, eigentlich macht man das während der gesamten Saison von Juli bis Mai. Die Belastungen sind so hoch, dass man es sich gar nicht erlauben kann, den Fokus auf andere Dinge zu richten. Das ist nicht nur in der heißen Phase der Saison im April und Mai so.

Seit der EM-Pause haben sich die Löwen gesteigert, woran liegt das aus Deiner Sicht?

Der Trainer legt großen Wert auf Taktik, manche Sachen entwirft er wie auf einem Schachbrett. Daran arbeiten wir im Training und das hat dafür gesorgt, dass wir bessere Leistungen abrufen. Außerdem hat es uns geholfen, dass wir gut nach der Pause gestartet sind, das hat bei uns Spielern die Köpfe freigemacht. Die Selbstsicherheit, die jeder Spieler erlangt hat, ist ein großer Vorteil.

Es gab in diesen Wochen viele enge Spiele, die ihr für euch entschieden habt. Was sind die Gründe dafür?

Die Erfolgserlebnisse sorgen dafür, dass man stark im Kopf ist. Hinzu kommt, dass wir an unser Konzept und unsere taktische Ausrichtung glauben. Dadurch behalten wir in den letzten fünf Minuten in engen Partien kühlen Kopf und treffen die richtigen Entscheidungen. Das macht uns im Moment erfolgreich und ich hoffe, das bleibt so.

Du persönlich hast Deine Leistungen in dieser Saison deutlich gesteigert, woran liegt das?

Ich bin sehr glücklich, dass es jetzt so gut läuft und ich meine Stärken zeigen und für die Mannschaft einsetzen kann. Ich möchte meinen Teil zum Erfolg der Mannschaft beitragen.

Was war ausschlaggebend für den deutlichen Leistungssprung?

Ich habe mir im Sommer viele Gedanken gemacht, warum ich in meiner ersten Spielzeit bei den Löwen nicht zeigen konnte, was in mir steckte. Als die Vorbereitung los ging, habe ich neu angefangen und die bitteren Momente aus meinem Kopf gestrichen. Hinzu kam, dass ich immer mehr das Vertrauen des Trainers spürte und das gibt mir viel Selbstvertrauen.

Das sind gute Aussichten für den Endspurt der aktuellen Spielzeit …

Wenn wir die restlichen Spiele so bestreiten wie seit der EM-Pause im Januar, werden wir die Früchte ernten, davon bin ich felsenfest überzeugt.

Was sind denn die Früchte dieser Saison?

Wir stehen im Europapokal im Halbfinale, einen Schritt vor den Endspielen. Das wollen wir auf jeden Fall erreichen und dann den Cup in Angriff nehmen. In der Liga wollen wir uns für die Champions League qualifizieren und mindestens Vierter werden. Auch das ist möglich, aber jetzt dürfen wir noch nicht an die Endabrechnung denken, sondern an die kommenden Partien.

Die nächste Aufgabe heißt am Samstag TuS N-Lübbecke. Was denkst Du über den kommenden Gegner?

Ich kann mich noch gut an das Hinspiel erinnern, das wir unmittelbar vor Schluss dämlich verloren haben. Wir haben Lübbecke den Sieg geschenkt, weil wir blöde Fehler in der Schlussphase gemacht haben. Dafür wollen wir uns jetzt revanchieren. Aber wir müssen aufpassen, denn der TuS ist so etwas wie eine Wundertüte, bei denen weiß man nie, was für eine Leistung bei denen rauskommt.

Was kann man tun, damit Lübbecke in Mannheim nicht zu seiner besten Leistung findet?

Wir müssen unser Spiel durchziehen und aggressiv zu Werke gehen. Wir dürfen Lübbecke nicht agieren lassen und zeigen, dass wir die Punkte in der SAP Arena behalten wollen.