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„Wir müssen uns auf dem Spielfeld beweisen“
Guðmundur Guðmundsson im Interview
Guðmundur Guðmundsson ist ein Dauer-Arbeiter. Wie die Mehrzahl seiner Spieler hatte auch der Trainer der Rhein-Neckar Löwen während der Weltmeisterschaft in Schweden keine Pause, weil er zusätzlich als Nationaltrainer Islands fungiert. Nach toller Vorrunde ohne Punktverlust beendeten die Isländer das Turnier nach vier Niederlagen in Serie am Ende auf dem sechsten Platz, sicherten sich aber immerhin einen Platz für ein Olympia-Qualifikationsturnier. Damit erreichten die „Isis“ zumindest ihre Mindestziele. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt Guðmundsson aber nicht, denn nach nur einer Woche Pause begann für den Coach die Vorbereitung mit dem Vereinsteam auf den zweiten Teil der Saison. Wie er die WM einordnet, wie er die Löwen auf Vordermann bringen will und was er vor der Partie gegen die HSG Ahlen-Hamm am Mittwoch (20:15 Uhr, SAP ARENA), verrät er im Interview.
Guðmundur, wie geht es Dir nach der anstrengenden WM?
Mir geht es richtig gut. Ich habe alles gut überstanden und freue mich auf die Aufgaben, die jetzt bei den Löwen auf mich und die Mannschaft warten.
Wie beurteilst Du das Abschneiden Deiner Isländer in Schweden?
Wir haben einen Olympia-Qualifikationsplatz erreicht, das war unser Mindestziel. Deshalb bin ich nicht unzufrieden, aber es ist auch kein Geheimnis, dass wir mehr wollten. Vor allem nach den guten Leistungen in der ersten Gruppenphase.
Warum konnte Island in der Hauptrunde nicht mehr das Niveau halten?
Die Luft bei uns war einfach raus, wir hatten keine physischen Kapazitäten mehr. Deshalb war am Ende auch nicht mehr drin und wir müssen mit dem sechsten Platz zufrieden sein.
Wie hast Du die Tage nach dem Ende der WM und dem Trainingsstart in Kronau verbracht? Warst Du noch einmal auf Island?
Nein, ich war in meiner Wohnung in Hirschberg. Ich habe bis zu unserem ersten Training am Donnerstag nach dem WM-Finale Entspannung gesucht. Ich habe mich erholt und mich wirklich überhaupt nicht mit Handball beschäftigt. Ich war mit der Familie und Freunden zusammen. Diese kurze Phase des Abschaltens war wichtig, aber jetzt bin ich auch wieder bereit und freue mich auf die nächsten Monate.
Wie ist Dein Eindruck über den Zustand der Spieler?
Auch sie haben etwas Luft bekommen, was notwendig war. Leider haben wir ein paar Sorgen bezüglich angeschlagener Akteure. Ólafur Stefánsson hat Probleme am Knie und auch „Kasa“ Szmal macht das Knie zu schaffen. Wir müssen abwarten, wie die Jungs die Belastungen des Turniers verkraftet haben. Ich erwarte, dass die Jungs zumindest im Kopf wieder frisch sind.
Wie war die Stimmung innerhalb der Truppe, schließlich haben die Deutschen, die Polen und die Norweger ihre Ziele bei der WM verpasst?
Die Stimmung ist gut, so wie sie auch vor dem Turnier war. Auch wenn nicht jeder seine Ziele in Schweden realisieren konnte, sollten wir damit professionell umgehen. Außerdem kommen jetzt auf alle neue Aufgaben zu, wir haben gar keine Zeit, uns zu lange mit der Vergangenheit zu beschäftigen.
Die Löwen starten in den zweiten Teil der Saison mit drei Heimspielen. Der Spielplan meint es gut, oder?
Ja, das finde ich schon. Das bietet uns eine gute Ausgangsposition, aber trotzdem erwarten uns keine Selbstläufer, weil wir einige angeschlagene Spieler haben. Aber deshalb ist es vielleicht gerade gut, dass wir nicht zu Auswärtsspielen reisen müssen.
Es geht gegen Ahlen-Hamm, Wetzlar und Magdeburg, da erwarten Umfeld und Fans drei Siege.
Natürlich wollen wir da drei Mal gewinnen, das ist keine Frage. Aber ich habe schon wiederholt gesagt, dass man in der Bundesliga jeden Gegner ernst nehmen muss. Ich habe das Spiel zwischen Ahlen-Hamm und dem HSV Hamburg analysiert, als der HSV die erste Halbzeit nur physisch auf dem Platz war und deshalb 12:17 hinten lag. Wenn man nicht aufpasst, bekommt man gegen jedes Team Probleme, und das wollen wir verhindern.
Die Löwen sind noch in drei Wettbewerben vertreten. Hast Du schon Ziele für die kommenden Monate definiert?
Es ist klar, dass wir im Pokal wieder ins Final Four nach Hamburg wollen. Aber alles andere werde ich mit der Mannschaft besprechen. Noch vor dem ersten Spiel gegen Ahlen-Hamm werden wir intern festlegen, was wir bis zum Saisonende erreichen wollen.
Wie siehst Du die Chancen für Dich und das Team vor der zweiten Saisonhälfte?
Die Ausgangslage finde ich gut, weil der Spielplan uns einige Chancen gibt. Wir empfangen Berlin, Flensburg und Hamburg in der SAP ARENA und haben nur Kiel auswärts. Zudem stehen wir in der Champions League gut da und haben in der „Todesgruppe“ eine gute Chance.
Hast Du inzwischen Zeit gehabt, eine Bilanz nach Deinen ersten Monaten als Trainer der Löwen zu ziehen?
Ja und ich finde, dass wir eine gute Entwicklung gemacht haben. In den direkten Duellen gegen Kiel, Hamburg, Berlin und Flensburg haben wir gesehen, dass wir näher an die Topteams herangerückt sind. Wir haben Kiel geschlagen und gegen Hamburg nur mit einem Tor Differenz verloren. Außerdem haben wir in der Champions League in Barcelona gewonnen und zwei Mal Celje geschlagen. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir die Entwicklung nach vorne getrieben haben.
Beim Blick auf die Bundesliga-Tabelle wird das im Augenblick aber nicht dokumentiert.
Aber es sind noch viele Spiele und auch in der Tabelle wird noch viel passieren. Wir müssen aber auf dem Spielfeld zeigen, welche Möglichkeiten wir haben. Dass die vorhanden sind, ist für mich klar.
Während der WM wurde die weitere personelle Planung bekannt. Alexander Petersson und Niklas Landin verstärken die Löwen ab 2012.
Die Verpflichtungen wurden zwar während der Weltmeisterschaft bekannt, wurden aber schon einige Zeit vorher vorangetrieben. Wir planen mit beiden Akteuren ab 2012 und ich glaube, dass wir mit ihnen gut aufgestellt sind.
Auch wenn Du schon lange im Handballgeschäft arbeitest, empfindest Du eine Vorfreude auf die SAP ARENA, nachdem Du dort einige Zeit nicht mehr warst?
Ja, das ist ganz sicher so. Es macht mir unheimlich viel Spaß, im Handball zu arbeiten und wenn ich eine gewisse Zeit nicht mehr in der Halle war, steigert sich die Lust wieder. Ich freue mich, jetzt wieder Heimspiele mit den Löwen zu haben.