Veröffentlichung:

„Wir sind erst zufrieden, wenn wir etwas gewinnen“

Trainer Ola Lindgren im Interview

Mit der Partie gegen die HSG Wetzlar am Samstag um 16:30 Uhr (Europahalle, Karlsruhe) endet die Saison 2009/10 für die Rhein-Neckar Löwen – und damit auch für Ola Lindgren. Der Coach der Badener kam im vergangenen Sommer von der HSG Nordhorn und soll die Löwen durch die Gegenwart in eine positive Zukunft führen. Lindgren, der sechs Jahre als Trainer bei der HSG arbeitete, steht dabei für den eingeschlagenen Weg der Kontinuität. Im Interview blickt der Schwede auf die vergangenen zwölf Monate zurück, zieht Bilanz und wagt einen Ausblick auf die kommende Spielzeit. Außerdem verrät Lindgren, wo er seinen Urlaub verbringt.

Ola, die Partie gegen Wetzlar beendet eine lange Saison. Wie froh bist Du, dass danach erst einmal Pause ist?

Ich glaube, dass es für alle Beteiligten eine lange und anstrengende Saison war. Vor allem für die Spieler, die fast alle drei Tage auf das Feld mussten. Auch wenn wir einen großen Kader hatten und die Last gut verteilen konnten, sind die Jungs ausgelaugt. Wir alle freuen uns darauf, bald abschalten zu können.

Wie wichtig ist die Pause für den Trainer Ola Lindgren, wie sehr hat Dich die vergangene Spielzeit mitgenommen?

Es war sehr anstrengend. Wir mussten viel reisen, weil wir in der Champions League aktiv waren und das kostet immer viel Kraft. Deshalb brauche auch ich Abstand und Zeit, um wieder frische Kraft zu tanken.

Wie machst Du das, wie sieht Dein Urlaubsplan aus?

Ich werde in unser Haus nach Schweden fahren. Dort in Halmstad werde ich Freunde treffen und mit meinen beiden Töchtern zusammen sein, die in Schweden leben. Ansonsten werde ich die Ruhe genießen.

Also ist keine Reise geplant?

Nein, auf keinen Fall. Ich möchte Ruhe haben, um entspannen zu können. Das geht in meinem Haus in Halmstad perfekt.

Du warst lange Trainer der HSG Nordhorn und bist dann zu den Löwen gewechselt. Welche großen Unterschiede gibt es zwischen beiden Klubs und den Anforderungen?

Die Arbeit ist nicht anders. Es geht darum, als Trainer ein Konzept zu haben und danach zu arbeiten. Der Unterschied zu der Zeit in Nordhorn war, dass es hier einen sehr großen Umbruch vor der Saison gab. Das hat die Sache viel schwieriger gemacht, weil das Konzept neu war und die Spieler auch.

In Nordhorn war das Umfeld ruhiger, die Erwartungen waren nicht so hoch. Macht das die Arbeit bei den Löwen schwieriger?

Ich sehe das nicht als schwierig an, dieses Wort finde ich in diesem Zusammenhang unangemessen. Ich sehe das viel mehr als Herausforderung an. Natürlich ist es ein Unterschied zwischen Nordhorn und den Löwen, aber das ist für mich gar nicht entscheidend.

Sondern?

Die Mannschaft und die Trainer setzen sich immer intern ihre Ziele. Die Erwartungen kommen von uns selbst und die Aufgabe besteht darin, die eigenen Ziele zu erreichen. Das ist oft viel schwieriger, als die Erwartungen von außen.

Wie nimmst Du den Druck wahr, den es bei den Löwen gibt?

Das lasse ich nicht an mich heran. Dagegen schottet man sich etwas ab.

Am Ende Deiner ersten Saison bei den Löwen: Wie fällt Dein Fazit aus?

Wir hatten am Anfang Schwierigkeiten, die Kaderzusammensetzung war nicht optimal. Außerdem hat sich unser einziger Playmaker eine Woche vor dem Saisonstart verletzt. Wir mussten deshalb reagieren und haben zwei neue Playmaker verpflichtet. Deshalb konnten wir wieder von vorne anfangen.

Welche Auswirkungen hatte das auf Dein jetziges Saisonfazit?

Man kann das Jahr in drei Bereiche aufteilen. Da war der DHB-Pokal, wo wir das Final Four erreicht haben und im Endspiel nur ganz knapp verloren haben. Wir haben auf dem Weg dahin in Göppingen gewonnen und gegen Gummersbach im Halbfinale sehr stark gespielt. Das war in Ordnung.

Da war noch die Champions League.

In der Königsklasse haben wir in der Gruppenphase den zweiten Platz belegt. Das war auch in Ordnung. Anschließend haben wir ein gutes Achtelfinale gespielt und im Viertelfinale auch zwei gute Partien abgeliefert. Leider sind wir am THW Kiel gescheitert. Trotzdem können wir mit der Champions-League-Saison ebenfalls zufrieden sein.

Dem entgegen steht das Abschneiden in der Liga.

In der Bundesliga hatten wir Höhepunkte und Tiefpunkte. Die Konstanz hat unserer Mannschaft gefehlt. Unser Ziel war es, Dritter zu werden und uns direkt für die Champions League zu qualifizieren. Aber wir haben zu einfach Punkte verloren und das Ziel nicht erreicht.

Woran lag es, dass Platz drei nicht in Reichweite blieb?

Wir haben gegen die drei ersten Teams keinen einzigen Punkt geholt. Das darf uns nicht passieren, vor allem zuhause müssen wir erfolgreicher sein.

Bedeutet diese Tatsache, dass die Löwen einfach nicht gut genug für die Top drei waren?

Nein, so ist das nicht richtig. Wir haben gegen Kiel in der SAP ARENA mit einem Tor verloren und dabei große Chancen ausgelassen. Gegen Hamburg war es ebenfalls knapp und gegen Flensburg haben wir bereits geführt und hätten in der Anfangsphase schon für eine Vorentscheidung sorgen können, ehe die Partie gekippt ist. Unser Problem war vielmehr die Chancenverwertung, das hat uns viele Punkte gekostet und in diesem Bereich müssen wir künftig unbedingt besser werden.

Bist Du zufrieden oder unzufrieden mit der Saison 2009/10?

Ich bin erst zufrieden, wenn wir etwas gewonnen haben. Aus diesem Grund sind wir alle hier, weil wir einen Pokal in den Händen halten wollen. Vorher kann ich nicht zufrieden sein.

Gibt es einen Spieler, den Du wegen seiner Entwicklung besonders herausheben möchtest?

Unsere beiden jungen Außen haben einen tollen Job gemacht. Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki haben sich prima entwickelt. Wenn ich mir Patrick anschaue, der fast das ganze Jahr durchspielen musste, und das in seinem Alter. Das war großartig. Jetzt merkt man ihm aber besonders an, dass er eine Pause braucht. Uwe hat sich weiter gesteigert und ist fest in der Nationalmannschaft angekommen, er hat einen Riesenschritt gemacht. Man muss aber dazu sagen, dass ein Außenspieler nur dann glänzen kann, wenn die anderen Spieler für ihn Chancen kreiert haben. Jeder ist von seinem Nebenmann abhängig, deshalb soll man eigentlich keinen Akteur hervorheben.

Der THW Kiel und der HSV Hamburg liefern sich bis zum letzten Spieltag einen heißen Kampf um die Meisterschaft und sind der Konkurrenz etwas entrückt. Wie beurteilst Du den Saisonverlauf in der Bundesliga?

Der THW und der HSV waren vor der Saison die großen Favoriten auf den Titel und haben das bestätigt. Beide haben große Konstanz gezeigt und auch wenn Kiel Meister werden sollte, hat Hamburg eine tolle Leistung gezeigt. Flensburg hat ebenfalls ein richtig gutes Team und dazu in diesem Jahr einen Lauf. Die haben sieben oder acht Spiele mit einem Tor Vorsprung gewonnen und sind deshalb Dritter. Aus unserer Sicht muss man sagen, dass der Abstand zu den Teams vorne einfach zu groß ist. Den müssen wir verringern und das wollen wir in der nächsten Saison auch.

Blicken wir schon einmal auf die neue Spielzeit voraus. Was erwartest Du Dir? Wird es bei vier Neuzugängen wieder eine lange Eingewöhnungsphase geben?

Es wird nicht so schwierig sein, wie in diesem Jahr. Wir bekommen zwar zwei neue Playmaker, aber Børge Lund kenne ich bereits aus Nordhorn und er weiß auch, wie mein Konzept ist. Beide Spielmacher, auch Andy Schmid, sind disziplinierte Jungs, die uns sicher weiterhelfen werden. Sie sollen außerdem dafür sorgen, dass wir nicht mehr so hektisch werden, wenn wir in einer Partie eine schwierige Phase haben. Das war bei uns nämlich ein Problem, dass wir oft zusammengebrochen sind, wenn es nicht lief.

Du bist also zuversichtlich?

Ja, und auch mittelfristig sind die Löwen auf dem richtigen Weg. Die neuen Leute werden uns auf Jahre gut zu Gesicht stehen und zudem ist der Klub bemüht, die Verträge mit den wichtigen Spielern zu verlängern. Das sorgt dafür, dass eine Achse vorhanden ist und das ist im Handball wichtig. Darauf können wir in den nächsten Jahren aufbauen, um erfolgreich zu sein.

Eine Frage zum Abschluss. Du bist schwedischer Nationaltrainer und Anfang 2011 findet die WM im eigenen Land statt. Fieberst Du dem Ereignis schon entgegen?

Ich kann ganz ehrlich sein. Im Augenblick spielt das in meinem Kopf noch keine große Rolle. Es ist noch so lang bis dorthin. Ende Dezember, wenn die Saison bei den Löwen eine Pause macht, wird das in den Fokus rücken. Aber es ist natürlich schon so, dass eine WM im eigenen Land eine tolle Geschichte ist. Hoffentlich können wir dort erfolgreich abschneiden.